Katalonien kurz vor der Abstimmung

Wie zwei Züge auf Kollisionskurs

Wie zwei Züge auf Kollisionskurs

Wie zwei Züge auf Kollisionskurs

Allinge/Barcelona
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Foto: dpa

Auf dem Bornholmer Volkstreffen warben Katalanen für ihr Streben nach einem eigenen Staat. Für Oktober ist ein neue Volksabstimmung geplant. Der Ausgang ist ungewiss, denn auch viele Katalanen sind gegen die Abspaltung von Spanien.

Auf dem Bornholmer Volkstreffen warben Katalanen für ihr Streben nach einem eigenen Staat. Für Oktober ist ein neue Volksabstimmung geplant. Der Ausgang ist ungewiss, denn auch viele Katalanen sind gegen die Abspaltung von Spanien.

Francesca Guardiola repräsentiert in Skandinavien ihre Heimat Katalonien, im Nordosten der Iberischen Halbinsel am Mittelmeer gelegen. Guardiola, Schwester des bekannten Fußballtrainers Pep Guardiola,  ist eine Art  Botschafterin in Dänemark, obwohl sie eben nicht offizielle Botschafterin einer Nation ist. Oder bis jetzt nicht sein darf,  denn Katalonien ist bislang lediglich ein Teil Spaniens und keine eigene Nation. 

Noch, denn am 1. Oktober will Katalonien ein Unabhängigkeitsreferendum durchführen. Vor Kurzem nahm  die inoffizielle Botschafterin mit drei weiteren katalanischen Repräsentanten am dänischen Volkstreffen (Folkemøde) auf Bornholm teil.  Sie will, so sagt sie in Flensborg Avis, das Band zwischen ihrer Heimat und Dänemark stärken. 
 Der Hintergrund: Die Separatisten wünschen sich, dass die Katalanen sich für eine Abspaltung entscheiden, doch es ist klar, dass die spanische Regierung diese Volksabstimmung nicht anerkennen wird. Der Countdown zur Konfrontation läuft. „Wie  zwei Züge, die ungebremst aufeinander zurasen“, bebildert „Die Zeit“ das Geschehen.

Laut Tagesschau hatte der spanische Ministerpräsident Rajoy schon damit gedroht, Polizei einzusetzen, um die Katalanen daran zu hindern, ihre Stimme abzugeben. Medienberichten zufolge ist zurzeit die eine Hälfte der Katalanen für, die andere gegen einen eigenen Staat. Es gab auch schon Proteste in Katalonien gegen die Unabhängigkeit.

Werben in Dänemark

„Spanien soll nicht allein bestimmen, ob wir ein Teil des Landes sein sollen. Das machen wir  selbst – und  die Stimmung der internationalen Gemeinschaft“, zitiert Flensborg Avis Albert Royo i Mariné, Generalsekretär von Diplocat – einer Organisation, die daran arbeitet, Beziehungen zwischen Katalanen und der internationalen Gemeinschaft zu knüpfen; Mariné nahm mit Francesca Guardiola, Joan Majó und Diana Coromines an dem Volkstreffen teil; es findet jedes Jahr in Allinge auf Bornholm statt und dient dem Austausch von Meinungen und der Stärkung der dänischen Demokratie. Die vier Abgesandten aus Katalonien warben für ihren Wunsch nach einem eigenen Staat. 

2014 gab es schon einmal eine Abstimmung, die Spanien als ungültig erklärte. Damals stimmten 80 Prozent für eine Loslösung, doch die Wahlbeteiligung war gering. Die  Beteiligung war mit einem Drittel gering. Der damalige Regionalpräsident Artur Mas  war dafür  im März dieses Jahres zu einem zweijährigen Ämterverbot verurteilt worden. 
Dieses Schicksal drohe auch den 4.000 Beamten, die  für die Durchführung eines solchen Referendums nötig wären, schreibt die FAZ. 

Katalanen nicht einig

Derzeit sind sich die Katalanen in der Frage nach einem unabhängigen Staat jedoch nicht einig. Laut der jüngsten von der Regionalregierung erhobenen Umfrage sind 48,5 Prozent dagegen und 44,3 Prozent dafür. Rund drei Viertel der Katalanen befürworten, dass ein Referendum abgehalten wird. 

Im März demonstrierten aber auch Tausende gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen.  „Es ist nicht die Frage, ob wir Selbstständigkeit erlangen, sondern wann“, sagt Raül Romeva, Mitglied im Exekutiv Komitee Kataloniens und verantwortlich für Außenpolitik. Dabei spüren er und die Katalanen schon den Druck der Spanier, die das reiche Katalonien – verständlicherweise – nicht loslassen wollen. 

Doch  Romeva und seine Ministerkollegen treiben die Unabhängigkeit mit Köpfchen voran und gehen auf Aggressionen oder Provokationen von spanischer Seite nicht ein. „Wir haben stets einen konstruktiven Zugang zu den Herausforderungen, die wir anerkennen und daher gerne gemeinsam mit Spanien lösen wollen“, erklärt Raül Romeva. 

FC Barcelona bleibt in der spanischen Liga

Auf ihre Selbstständigkeit haben sich die Katalanen schon gründlich vorbereitet: Ein 1.500-seitiges Weißbuch schreibt den gesamten Unabhängigkeitsprozess und was danach passieren soll vor. Auch für die klassische und sehr konkrete Frage, wo der FC Barcelona spielen soll, haben die Katalanen eine Antwort. Nicht etwa in einer eigenen Fußballliga, sondern weiterhin in der spanischen. Dafür gibt es auch andere Beispiele in Europa, zum Beispiel der walisische Klub Swansea in der englischen oder der AS Monaco in der französischen Liga. 

Aus Sicht der Unabhängigkeitsbefürworter würde sich eine Trennung von Spanien allemal auszahlen. Mit 7,4 Millionen Einwohnern ist Katalonien die zweitgrößte Region des Landes. Beim Bruttoinlandsprodukt steht sie an erster Stelle, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt bei 27.663 Euro, das sind mehr als 15 Prozent über dem Landesdurchschnitt.
Die Unabhängigkeit würde für Katalonien wirtschaftlich von Vorteil sein.  Mit ihr würden hohe Transferzahlungen an strukturschwache Regionen im Süden Spaniens wegfallen. Spanien aber verlöre ein  Fünftel seiner Wirtschaftsleistung.

 

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