Leitartikel

Hurra, die Minderheit kann doch diskutieren

Hurra, die Minderheit kann doch diskutieren

Hurra, die Minderheit kann doch diskutieren

Apenrade/Aabenraa
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Foto: Ute Levisen

Es wurde Zeit, in der Minderheit einmal Grundlegendes zu diskutieren, meint Chefredakteur Gwyn Nissen und ist von der Art und Weise, wie eine solche Debatte auf der SP-Hauptversammlung geführt wurde, recht angetan.

Oft genug haben wir an dieser Stelle kritisiert, dass die deutsche Minderheit in Nordschleswig zu viele Anlässe auslässt, um über inhaltlich wichtige Themen zu diskutieren. Wer kennt nicht das Gefühl, an einer Generalversammlung teilgenommen zu haben, wo doch eigentlich der Anlass gewesen wäre, neue Initiativen oder grundlegende Werte zu diskutieren – doch aus irgendeinem Grund traut man sich nicht wirklich an diese großen Diskussionen.

Am Donnerstagabend aber warfen sich die Mitglieder der Schleswigschen Partei in eine Grundsatzdebatte darüber, mit wem die Schleswigsche Partei vor Ort Wahlbündnisse eingehen kann. In Tondern hatte die SP im November eine solche mit der Rechten Nye Borgerlige und anderen kleinen Parteien gemacht. Kann die SP mit einer fremdenfeindlichen Partei gemeinsame Sache machen? Nein, natürlich nicht, und dennoch ist der politische Alltag nicht immer schwarz-weiß, sondern es gibt Nuancen und Zwischenrechnungen, wobei dann doch etwas anderes herauskommt, das nicht den Werten entspricht, mit denen sich die Partei identifiziert.

Das Ergebnis der Diskussion war leider nicht ganz klar: Die SP ist eine Partei der Mitte und soll Wahlbündnisse mit den kleinen Parteien dort ausmachen. Man soll dagegen keine Wahlbündnisse mit extremen Parteien des linken und rechten Flügels abmachen. So weit, so gut. Aber wann ist eine Partei extrem, wann ist sie klein, und wie weit links oder rechts ist extrem. Darauf versuchten die Mitglieder am Donnerstagabend Antworten zu finden, aber es gelang nicht, diese unter einen Hut zu bringen. Schade, weil das eine gute Diskussion am Ende perfekt gemacht hätte.

Die Debatte der SP hat gezeigt, dass sich die Minderheit sehr wohl mit einem schwierigen Thema auseinandersetzen kann. Dass man mit Fakten und Gefühlen argumentieren und dabei immer noch sachlich bleiben kann. Der gegenseitige Respekt und der Umgang der SP-Mitglieder untereinander war trotz aller Meinungsverschiedenheiten vorbildlich.

Durch ebensolche Diskussionen kommt man – als Partei und als Minderheit – weiter. Die eigenen Werte und die Richtung werden deutlich, festigen sich, und damit kann man gut arbeiten. Die Minderheit ist sich nicht in allen Dingen einig – und muss es auch nicht sein. Aber konkrete Herausforderungen und Probleme müssen angesprochen werden. Denn nur durch die Aussprache entsteht auch das gegenseitige Verständnis. Wer den Mund nicht aufmacht, kann auch nicht erwarten, dass er/sie verstanden wird.

Die SP-Generalversammlung war eine gute Generalprobe für die schwierigen Diskussionen, die im Juni auf die Minderheit warten: Dann nämlich wenn es beim Haushaltsseminar ums liebe Geld geht, vor allem aber auch um Werte und Schwerpunkte für die Zukunft. Viele Teilnehmer dort werden die gleichen sein – die wissen also, wie es geht.

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