Leitartikel

Kleine Fische – große Fische

Kleine Fische – große Fische

Kleine Fische – große Fische

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Esben Lunde Larsen (Venstre). Foto: Scanpix

Esben Lunde Larsen ist nicht der erste Minister, der auf Druck von der Dänischen Volkspartei gehen muss. Das (Fang-)Netz um Staatsminister Lars Løkke Rasmussen wird enger, meint Siegfried Matlok.

Was macht ein Politiker, der so oft wie möglich nach Spaltenplatz angelt, wenn ihm das Wasser selbst bis zum Halse steht? Er schickt den Medien gezielt einen Fisch ins Netz an einem Tage, wo ganz andere Schlagzeilen überwiegen! Als sich Lars Løkke Rasmussen in Enschede über die Silbermedaille der Frauen-Fußballer freute, da hatte er schon längst eine Taktik parat, die 24 Stunden später  bei der Rückkehr der Spielerinnen, im nationalen rot-weißen Rausch von (s)einem Eigentor ablenken sollte. Gemeint ist die Entlassung von Fischereiminister Esben Lunde Larsen (Venstre), die zunächst einmal im dichten Fangnetz der Medien sogar durchzuschlüpfen schien.

Bei Esben Lunde Larsen, den manche nach seiner überraschenden Ernennung schon als Venstres neuen Wunderknabe feierten, handelt es sich nicht um einen kleinen Fisch. Zwar wird er seine beiden anderen Ressorts behalten, und auch die Tatsache, dass Gleichstellungsministerin Karen Ellemann-Jensen nun neue Fischereiministerin wird, findet medial normalerweise nicht die größte Aufmerksamkeit, aber im Falle Esben Lunde steckt viel mehr dahinter. Bauernopfer nennt man so etwas im Schachspiel, doch der Stratege am Brett weiß, dass er damit seine(n) Gegner über seine wahren Absichten täuschen will, um so die eigenen Erfolgschancen zu erhöhen.  Die Wahrheit ist, dass Løkke erneut ein Bauernopfer gebracht hat, um an der Macht zu bleiben bzw. um neue Angriffsflächen zu vermeiden.

Es ist ja nicht der erste Minister, der auf Druck von der Dänischen Volkspartei (DF) gehen muss – und beim nächsten handelt es gewiss auch nicht nur um Dorschquoten. Wenn Løkke mit seiner VLAK-Regierung im Herbst manche seiner Wünsche/Träume realisieren will – jedenfalls teilweise – , dann muss er sozusagen nach der Pfeife von Thulesen Dahl tanzen. Das wird man im Herbst sehen, vor allem in der Frage der von LA früher so ultimativen Forderung nach Steuersenkungen für die absoluten Spitzenverdiener, die sowohl Sozialdemokraten als auch DF weiterhin strikt ablehnen.

Ein neuer Fischereiminister hilft atmosphärisch, verbessert auch das Verhandlungsklima ein wenig, aber in der Substanz ist die Regierung Løkke weit weg von ihren Zielen, und zeitlich-politisch kommt der Staatsminister noch mehr in die Klemme, weil im November Kommunalwahlen stattfinden. Bis zu diesem Wahltag wird Løkke bemüht sein, niemandem bewusst auf die Füße zu treten, schon gar nicht DF. Venstre war letztes Mal mit 48 Bürgermeistern – alleine drei von vier  in Nordschleswig! – am Ende die erfolgreichste Kommunalpartei im Lande, aber wenn – wie manche prognostizieren – Venstre mindestens 10 Rathäuser verliert und wenn gleichzeitig in mehreren großen Kommunen Bündnisse zwischen Sozialdemokraten und DF geschnürt werden  auf Kosten von Venstre, dann stinkt der Fisch sozusagen vom  Kopf.

Neue Fischereiministerin schön und gut, aber das (Fang-) Netz um Løkke wird immer enger!

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