Großneffe von Gustav Schröder im Haus Nordschleswig

War es eine Heldentat?

War es eine Heldentat?

War es eine Heldentat?

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
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Volles Haus im Vortragsraum: Jürgen Glaevecke im Haus Nordschleswig. Foto: Paul Sehstedt

Der gebürtige Haderslebener Gustav Schröder rettete 1939 von Hamburg aus mit seinem Schiff mehr als 900 deutsche Juden – in Dänemark ist er weitestgehend unbekannt. Sein Großneffe Jürgen Glaevecke war am Dienstag für einen Vortragsabend im Haus Nordschleswig zu Gast.

„Erfüllte Kapitän Schröder im Grunde nicht nur die Befehle, die ihm aufgetragen worden waren? Ist das eine Heldentat?“, lautete eine Publikumsfrage in der Diskussionsrunde nach dem Vortrag des Hamburgers Jürgen Glaevecke über seinen Großonkel Gustav Schröder. Dieser war 1939  als Kapitän  des HAPAG-Liners „St.Louis“ von Hamburg aus mit 937 auswanderungswilligen Juden über den Atlantik gefahren. Als sich sowohl Kuba als auch die USA weigerten, die Juden einreisen zu lassen, fuhr Schröder die Passagiere nach Belgien. 

 

„Schröders Verdienst liegt in der Tatsache, dass er verhinderte, dass die Juden wieder nach Deutschland zurückgebracht wurden, da die Kubaner und Amerikaner die Einwanderung verweigerten“, erläuterte der ehemalige Chefredakteur Siegfried Matlok, die Situation, in der sich Schröder im Sommer 1939 befand. „Die Dankbarkeit der Überlebenden genügt, um den Heldenstatus zu bestätigen“, unterstrich Matlok ferner und unterstützte damit andere Publikumsstimmen, die sehr wohl Schröders Handeln als eine Heldentat ansahen.

Auf die Frage, ob Gustav Schröder sich selbst als Held gesehen hatte, antwortete der 52-jährige Glaevecke, dass er seinen Onkel „Gutte“ nur sieben Jahre lang erlebt hatte und daher kein persönliches Wissen über Schröders Selbsteinschätzung besitze. 

Von der Familie verehrt

„Eigentlich kann ich mich nur daran erinnern, dass er bei einem Besuch in seine Trenchcoattasche griff und einen Riegel Wrigleys Spearmint Green Kaugummi hervorholte und mir gab“, erinnerte sich der Referent. In der Familie wurde der Onkel selbstverständlich verehrt.

„Die Stadt Hamburg hat meinen Onkel 2000 mit einer Gedenktafel an den Landungsbrücken gewürdigt“, berichtete  Glaevecke ferner. „Als ich zum ersten Mal nach Hadersleben kam und vor seinem Geburtshaus stand, kam mir der Gedanke, dass auch dort eine Tafel angebracht werden müsste“, so einer der Gedanken Glaeveckes, die er am Dienstagabend im Haus Nordschleswig an die Zuhörer im voll besetzten Vortragsraum weitergab. 

In Dänemark unbekannt

„Gustav Schröder ist in dänischen Kreisen praktisch unbekannt, obwohl seine Rettungsaktion der Rettung der dänischen Juden 1943 gleichkommt“, stellte Siegfried Matlok in seinen historischen Erläuterungen während der von der Deutschen Zentralbücherei Apenrade und des Nordschleswigers organisierten Veranstaltung fest. „Georg Ferdinand Duckwitz und Werner Best sind die in Dänemark bekannten Personen, die trotz ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP und dem Naziregime die nötigen Informationen durchsickern ließen, die die dänische Judenrettung ermöglichten.“

Anlässlich des 75. Jahrestages solle dieser Aktion gedacht werden, aber des Kapitäns Gustav Schröder muss in diesem Zusammenhang auch gedacht werden, so der Publizist.

„Die Familie Schröder spielte eine wichtige Rolle in der deutschen Minderheit“, erzählte Matlok und zitierte einen Aufruf von Vater N. A. Schröder, den dieser am 2. November 1918 in der Zeitung veröffentlichen ließ. 

Ein Veranstaltungsteilnehmer erkannte auf einem Foto, dass alle sechs Schröder-Brüder der NSDAP beigetreten waren. „Wer damals etwas werden wollte, musste Parteimitglied sein“, schallte die Antwort aus dem Publikum.

„Trotz seiner Parteizugehörigkeit genoss mein Onkel große Hochachtung“, wusste der Referent Jürgen Glaevecke hinzuzufügen. „Seine Lebenseinstellung war: ‚Du sollst nie gegen einen Menschen etwas tun‘.“              
 

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