Gesundheit

Stress, Routine, Isolation: Zehn Faktoren, die Arbeitnehmer krank machen können

Stress, Routine, Isolation: Zehn Faktoren, die Arbeitnehmer krank machen können

Stress, Routine, Isolation: Zehn Faktoren, die Arbeitnehmer krank machen können

shz.de/Julia Gohde
Flensburg
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Wenn die Arbeit müde macht oder eine Überstunde die nächste jagt, ist dies für den Arbeitnehmer eine enorme Belastung - körperlich wie psychisch. Foto: Scanpix

Ein Betrieb ist nur dann „gesund“, wenn außer den Zahlen im Jahresabschluss auch etwas anderes stimmt: Die Gesundheit der Beschäftigten.

Oft ist es enormer Zeitdruck und eine hohe Arbeitsintensität, manchmal Streitigkeiten mit den Kollegen, unzumutbarer Lärm oder fehlende Unterstützung durch die Führungskräfte - viele Arbeitnehmer sind einem enormen Stress ausgesetzt. Für manchen gehen die Stunden im Büro mit einer hohen psychischen Belastung einher.

Der Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde ist immer wieder mit solchen Themen konfrontiert. Er unterstützt Unternehmen beratend darin, aufzuklären und mehr zu tun für das Gesundheitsmanagement im Betrieb. Aus dem ständige Austausch mit den Unternehmen aus der Region heraus weiß der Verband, was die zehn Faktoren sind, die Menschen bei der Arbeit am häufigsten belasten. Diese Aspekte sollten Betriebe angehen, wenn sie möchten, dass ihre Angstellten weniger ausfallen:

1: Arbeitszeit

Viele Überstunden, kaum Zeit sich zu erholen, unregelmäßige Pausen: Viele kennen das nur zu gut. Doch auch andere Szenarien machen die Arbeitszeit zu einem Stressfaktor. Etwa wenn man in Schichten arbeitet, die variieren oder häufig in den Nachtstunden zum Dienst muss. Ebenfalls belastend: Arbeiten auf Abruf.

2: Zu wenig Handlungsspielraum

Hat ein Beschäftigter keinen Einfluss darauf, wie hoch sein Arbeitspensum ist, an welchen Inhalten er konkret arbeitet, mit welchen Methoden er das tut und in welcher Reihenfolge er welche Aufgabe erledigt, führt das zu Stress. Wer keinen Freiraum hat, wird eingeengt. Das frustriert.

3: Keine Abwechslung

Viele Beschäftigte wünschen sich Routinen - weil sie dann genau wissen, wie man eine Aufgabe am besten und schnellsten bewältigt. Das ist schließlich produktiv und macht zufrieden. Doch wenn sich Anforderungen in kurzen Zeitabschnitten ständig wiederholen und keinerlei Abwechslung mehr vorhanden ist, wirken sich diese einseitigen Anforderungen negativ aus, informiert der Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde.

4: Zu viel oder zu wenig Information

Es ist so eine Sache mit den Infos - ist zu viel davon vorhanden (man denke an hunderte unbeantwortete E-Mails, wenn man aus dem Urlaub zurück kommt), fühlt man sich gestresst und gerät in Zeitnot. Das Gegenteil dieses Informations-Overloads aber macht es auch nicht besser: Lückenhafte Informationen, die darüber hinaus auch noch uneindeutig vermittelt werden, sind genau so schädlich. „Darum sollte bei jeder Aufgabenverteilung darauf geachtet werden, dass klar und mit bestem Wissen kommuniziert wird, was zu tun ist. Und Rückfragen sollten natürlich erlaubt sein“, weiß Dr. Fabian Geyer, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands Flensburg-Schleswig-Eckernförde.

5: Nicht die richtige Qualifikation

Auch wenn man ein mehrstündiges Bewerbungsgespräch hinter sich hat, das erfolgreich verlaufen ist - sich wirklich kennenlernen und wissen, wie die skizzierten Aufgaben gestaltet sind, tut man erst im Beruf. Wenn es ganz schlecht läuft, ist man als Arbeitnehmer dabei über- oder unterfordert. Sind die Tätigkeiten nicht den eigenen Fähigkeiten angemessen oder die Einarbeitung unzureichend, sollte man Hilfe einfordern.

Bewerbungsgespräche vermitteln einen ersten Eindruck zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Alltag im Büro ist meist trotzdem anders als erwartet. Foto: shz.de/Henning Kaiser

6: Probleme mit Kollegen

Mit kaum jemandem verbringt man so viel Zeit am Tag wie mit den Kollegen. Wer eine 40-Stunden-Woche hat, sieht den Kollegen vom Schreibtisch gegenüber öfter als den Partner oder die eigenen Kinder. Kaum auszuhalten ist es darum, wenn das Nebeneinander im Büro von häufigen Streitereien und Konflikten geprägt ist. „Fehlende soziale Unterstützung oder ein Mangel an guten sozialen Kontakten im Büro können negative Folgen haben“, weiß Dr. Fabian Geyer.

7: Emotionalität

Manchmal kann es auch belastend sein, wenn man sich zu gut mit Kollegen versteht - oder mit Patienten, Schülern und Kunden. Gesundheits- und Krankenpfleger können hiervon wohl ein Lied singen: Wer ständig auf die Bedürfnisse anderer Menschen eingeht, macht sich deren Probleme irgendwann zu eigen. Auch stark berührende Ereignisse, wie etwa der Umgang mit Krankheit und Tod, zerren an den Nerven. Im schlimmsten Fall ist man sogar Opfer von Gewaltandrohungen.

8: Physische und physikalische Faktoren

Schwere körperliche Arbeit, eine ungünstige ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes wie etwa die falsche Körperhaltung am Schreibtisch, unzureichende Beleuchtung und Lärm - all diese Faktorten können negative Auswirkungen auf die Beschäftigten haben.

Emotionaler Stress im Büro führt nicht selten zur Erschöpfung Foto: Pexels/shz.de

9: Wenn der Vorgesetzte Stress verursacht

Führungskräfte, die für ihr Amt nicht qualifiziert sind, zählen ebenfalls zu den Top Zehn der Belastungsfaktoren. Dazu kann zum Beispiel zählen, dass man kein Feedback für seine Arbeit bekommt oder keine Anerkennung erfährt für das, was man geleistet hat. Ebenfalls kritisch: Wenn bei Bedarf keine Unterstützung von Seiten des Vorgesetzen kommt.

10: Mangelhafte Arbeitsmittel und ungünstige Abläufe

Wer doppelt läuft, hat unnötig Stress. Darum gilt es, Prozesse so zu optimieren, dass möglichst effizient und ohne Umwege gearbeitet werden kann. Außerdem: Es mag banal klingen, doch wer nicht über die richtigen Materialien verfügt, um bestmöglich zu arbeiten, hat ein Problem. Fehlendes Werkzeug, die falsche Software, veraltete Technik oder unpassende Maschinen sind nur einige Beispiele. Hier sollten Arbeitgeber unbedingt Verbesserungen vornehmen.

Letzten Endes ist es wichtig, das betriebliche Gesundheitsmanagement speziell für die Anforderungen des eigenen Betriebes aufzusetzen anstatt mit Standardmaßnahmen am Ziel vorbei zu laufen. „Gehen Sie zum Arzt und lassen sich ohne eingehende Untersuchung das Rezept für jemand anderes verschreiben? Selbstverständlich nicht! Wenn es um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter geht, tun die allermeisten Unternehmen aber genau das. Gesundheitstage, Obstkörbe, Fitnessgutscheine, Massagen. Kann richtig sein, muss es aber nicht. Das passende Rezept bzw. Konzept findet man nur nach eingehender Untersuchung der eigenen betrieblichen Situation, das heißt, es wird in der Regel nicht helfen, nur deshalb Maßnahmen einzuführen, weil es im Angebot ist, verlockend klingt und das Gewissen beruhigt, irgendetwas getan zu haben“, mahnt Dr. Fabian Geyer.

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