Leitartikel

Die etwas andere Geschichte

Die etwas andere Geschichte

Die etwas andere Geschichte

Apenrade
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Scanpix

In Kopenhagen sollen nun angebrachte Messingtafeln auf die dunkle Vergangenheit einiger Gebäude aufmerksam machen. Dies sei zwar immer noch keine Entschuldigung für die Taten der Kolonialzeit, aber es ist zumindest ein Bekennen dazu, dass dies alles andere als eine rosige Zeit war, meint Gwyn Nissen.

In Kopenhagen sollen nun angebrachte Messingtafeln auf die dunkle Vergangenheit einiger Gebäude aufmerksam machen. Dies sei zwar immer noch keine Entschuldigung für die Taten der Kolonialzeit, aber es ist zumindest ein Bekennen dazu, dass dies alles andere als eine rosige Zeit war, meint Gwyn Nissen.

Messingtafeln auf Gebäuden in Kopenhagen sollen auf deren dunkle Vergangenheit aufmerksam machen: Die prächtigen Häuser sind seinerzeit aus den finanziellen Mitteln erbaut worden, die Geschäftsleute in Dänemark unter anderem durch Sklavenhandel und -Ausbeutung verdient haben.

Das Thema beschäftigt bereits seit einigen Monaten Politik und Wissenschaft im Lande. Im März waren es nämlich hundert Jahre her, dass Dänemark seine Kolonie Dänisch-Westindien an die USA verkaufte. Zuvor hatten dänische Geschäftsleute im 17. bis 19. Jahrhundert auf den Jungferninseln über 100.000 Sklaven aus Afrika bei der Zwangsarbeit eingesetzt.

Als der dänische Regierungschef Lars Løkke Rasmussen im Frühjahr die alte Kolonie besuchte, hatten viele eine Entschuldigung aus Dänemark erhofft: Laut Meinungsumfragen 37 Prozent der Dänen – und gewiss noch mehr Einwohner der ehemaligen Kolonie. Diese kam aber nicht. Lars Løkke Rasmussen sagte, es sei ein „Teil unserer Geschichte, der nicht zu vergeben sei“. Weiter reichte seine ausgestreckte Hand nicht.

Saint Thomas, Saint Croix und Saint John werden jedes Jahr von Tausenden dänischen Touristen besucht. Dort genießen sie den Sonnenschein und die „Sonnenstrahl“-Erzählung über die dänischen Inseln. Dabei ist es ein ganz dunkler Teil der dänischen Geschichte. Der Historiker Therkel Stræde machte hier in der Zeitung darauf aufmerksam, dass sich Dänemark mit seiner Vergangenheitsbewältigung schwertue – und von Deutschland lernen könne.

Jetzt ist es nicht das offizielle Dänemark, sondern es sind zwei Stadtführer, die mit den Messingschildern auf die Geschichte aufmerksam machen wollen. So wie in Deutschland auch die Stolpersteine in vielen Städten die Judenverfolgung in Erinnerung rufen. Der Reichtum der Geschäftsleute ist in Kopenhagen heute noch präsent. Die – etwas andere – Geschichte dahinter allerdings nicht. Bis heute. Es ist zwar immer noch keine Entschuldigung, aber es ist zumindest ein Bekennen dazu, dass die Kolonialzeit alles andere als eine rosige Zeit war.

Mehr lesen

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Europäischer Erdrutsch“

Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Die Bonus-Milliarden für die Minkzuchten sind eine Farce“