Kulturkommentar

Von der Kunst, Nein zu sagen und Dinge zu beenden

Von der Kunst, Nein zu sagen und Dinge zu beenden

Von der Kunst, Nein zu sagen und Dinge zu beenden

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Foto: Andy Tootell / Unsplash

Ein Kulturkommentar von Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig.

Wir mögen alle die Kollegen, die nicht Nein sagen können und die Oma oder Tante, die immer einspringt, wenn Not am Mann ist. Möglicherweise leiden wir selbst unter dem Sprachfehler, wie es so charmant in Zusammenhang mit der Ehrung von Pastor Günther Barten formuliert wurde.

Das Wort Nein kommt in seinem Sprachschatz auch im Ruhestand wohl gar nicht vor. Aber immer nur Ja zu sagen, ist kein bisschen gesund. Nicht für die anderen, nicht für uns selbst. Zum einen können die anderen ihre Arbeit häufig auch selbst machen oder zumindest mehr machen. Klar, es gibt Situationen – Krankheit, Aussperrung, Unfall – in denen es ohne Hilfe nicht geht.

Aber manches Mal muss man sich vielleicht nur ein bisschen anstrengen, um die Dinge selbst zu erledigen. Oder aber man macht sich eine andere Tugend zueigen, die derzeit in Vergessenheit gerät. Einfach einmal nichts tun. Nicht dem nächsten Event hinterherhechten. Nicht immer unbedingt alles schaffen müssen und bei allem dabei sein. Und auch in anderen Bereichen einen Schnitt machen: Wer seit Jahren eine angefangene Strickarbeit in einem Korb stehen hat, sollte vielleicht entschieden am Faden ziehen und aufribbeln.

Dann kann man die Wolle für anderes gebrauchen und es steht nicht ständig ein schlechtes Gewissen im Raum, das gemahnt „Mach mich fertig“.

Bei manchem ist es eine angefangene Doktorarbeit, bei anderen ein Modellschiff, das unbedingt noch gebastelt werden soll oder ein Gefrierschrank voller Obst vom vergangenen Sommer, das zu Marmelade werden soll.  Verschenkt das Obst, gebt das Modellschiff weiter oder seid so mutig, es ganz zu entsorgen.

Nicht alles, was wir anfangen, beenden wir auch. Sich das einzugestehen, erfordert viel Mut. Keiner soll sinnlos alles aus dem Regal reißen und wegwerfen. Aber eine interne Inventur ab und an macht den Kopf frei.

Wer dann noch Nein sagt, wenn das nächste Mal jemand versucht, sich das Leben auf Kosten anderer leichter zu machen, der hat den Überschuss, eine Stunde nur in die Luft zu schauen, ein Buch zu lesen oder zu hören, ins Theater oder Konzert zu gehen. Und das stärkt.

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