Leitartikel

Einseitiges Modell

Einseitiges Modell

Einseitiges Modell

Apenrade/Aabenraa
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Foto: David Leth Williams/Ritzau Scanpix

Das „Dänische Modell“ funktioniert ausgezeichnet auf dem privaten Arbeitsmarkt. Im öffentlichen Bereich aber droht die über 125 Jahre alte Absprache zu platzen, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Auf dem dänischen Arbeitsmarkt spricht man oft von dem „Dänischen Modell“. Bereits 1899 machten der  Arbeitgeberverband und die Arbeitnehmerorganisationen gemeinsame Spielregeln ab. Darin wurde festgehalten, dass die Arbeitgeber das Recht haben, die Arbeit zu leiten und zu verteilen, aber es wurde auch geregelt, wie Absprachen eingegangen und gekündigt werden konnten. Und schließlich wurden auch die Regeln für Streiks und Aussperrungen (Lockout) abgemacht.

Dieses Modell kommt bei jeder neuen Lohnabsprache auf dem dänischen Arbeitsmarkt zur Geltung. So auch bei den jetzigen Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Staat, Regionen und Kommunen. Während es in den meisten Fällen  zu einer Einigung kommt, sind die öffentlichen Verhandlungen sowohl 2013 als auch 2018 gestrandet.

2013 endete mit einer Aussperrung der Lehrer und einem politischen Eingriff, bei dem die zukünftigen Arbeitsverhältnisse durch eine Mehrheit im Folketing diktiert wurden. Auch diesmal könnte es so weit kommen. Die Arbeitnehmer drohen mit Streik: 100.000  in Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Pflegeheimen sollen die Arbeit niederlegen. Doch der Konflikt kann sich schnell ausweiten, denn von einer Aussperrung durch die Arbeitgeber wären insgesamt 440.000 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst betroffen.

Das „Dänische Modell“ funktioniert ausgezeichnet auf dem privaten Arbeitsmarkt. Im öffentlichen Bereich aber droht die über 125 Jahre alte Absprache zu platzen. Vor allem weil die öffentlichen Arbeitgeber offensichtlich ihre Angebote durchdrücken wollen. Und können: Sollten sie nicht am Verhandlungstisch das gewollte Ergebnis erreichen, können sie immer noch auf einen politischen Eingriff zurückgreifen. So treten die öffentlichen Verhandlungspartner auch auf: Der Ton ist rau geworden, der Wille, aufeinander zuzugehen, scheint nicht existent.
Dadurch ist das hoch gelobte „Dänische Modell“ zu einem einseitigen Modell geworden, das nur auf dem privaten Arbeitsmarkt funktioniert. Das ist harte Kost für die öffentlich Angestellten, denn aus dieser Zwickmühle – sie müssten in ihren Forderungen nachgeben – gibt es derzeit keinen Ausweg.

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