Lasse Tästensen

Der aufstrebende Kandidat

Der aufstrebende Kandidat

Der aufstrebende Kandidat

Gesche Picolin
Gesche Picolin Journalistin
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Lasse Tästensen. Foto: DN-Archiv

Lasse Tästensen, die Nummer drei des Spitzentrios der Schleswigschen Partei zur Kommunalwahl, im Gespräch.

Das Spitzentrio der Schleswigschen Partei (SP) in Apenrade steht fest. Die Mitgliederversammlung hat Mandate vergeben, neben Bürgermeisterkandidat Erwin Andresen, Almstrup, steht wie bisher Kurt Andresen, Nolde,  und als der neue Dritte im Bunde stellt sich der Vereinskonsulent des Jugendverbandes für Nordschleswig, Lasse Tästensen, 24, zur Verfügung. Der Neu-Apenrader ist in Osterhoist und Lügumkloster aufgewachsen.

„Ich komme aus einer Minderheitenfamilie und bin mit dieser tollen Perspektive der Zweisprachigkeit aufgewachsen. Minderheit fand ich immer superinteressant. Seit 2009 engagiere ich mich bei den jungen SPitzen (Jugendorganisation der SP, Anm.). Ich war Vorsitzender, bin aber seit 2016 nicht mehr im Vorstand der Jungen Spitzen. Seit Beginn der Wahlvorbereitungen im Herbst 2016 fungiere ich als Vorsitzender des Wahlvorstands in Apenrade. Hätte ich allerdings gewusst, dass ich Spitzenkandidat werde, hätte ich mich wohl nicht für den Wahlausschuss beworben. Ich sehe mich als Teil eines Ganzen. In der SP haben wir eine flache Hierarchie. Wir delegieren Aufgaben untereinander.

Bei der Kommunalwahl 2013 war Ilse Friis die Nummer drei der SP. Tästensen dazu: „Es war damals sehr knapp. Wir haben ein ganz klares Ziel, drei Mandate im Stadtrat zu bekommen, um unsere Politik tatkräftiger verfolgen zu können.“ 

Studium in Kiel – dann ging es schnell

Tästensen studierte in Kiel Politikwissenschaft und Soziologie. Da klopfte der Jugendverband an (zum 1. September 2015). „Ich war tatsächlich mitten im Schreiben meiner Abschlussarbeit.  Ich habe am 27. August abgegeben, die Koffer gepackt und Schlüssel abgegeben,  und bin mit dem Auto zu meiner Mama gefahren, denn ich hatte noch keine Wohnung. Meine Perspektive hieß plötzlich Nordschleswig. Das fand ich ganz toll. Aber das ging schon alles sehr schnell. 

Beruflich habe ich Verschiedenes gemacht. Ich war sechs Monate in Usbekistan, wo ich für die Vereinten Nationen ein Praktikum absolviert habe bei der UNEP,  (Entwicklungsorganisation der UN). Dort habe ich an einem Projekt um den Aralsee gearbeitet. Während des Studiums hab ich öfter für eine europäische Minderheitenorganisation gearbeitet, da habe ich mit anderen zusammen ein Weißbuch über Minderheitenrechte geschrieben. Es soll Jugendvereinen eine Perspektive bieten, wie man Minderheitenrechte in deren Region unterstützen kann, vor allem auch die Mehrheitsbevölkerung darauf hinweisen, dass es diese Rechte gibt.“

Interesse für Minderheiten

Tästensen ist durch seine Arbeit mit vielen Minderheiten in Berührung gekommen. Er besuchte im Rahmen des Projektes „Weissbuch“ unter anderem die Vlachen in Rumänien, Sinti und Roma in Mazedonien und Deutsche in Polen. „Das hat mir persönlich viel Erfahrung gebracht. Ich habe gemerkt, dass es andere Minderheiten viel schwerer haben als wir hier in Nordschleswig.“ 

Seit September 2015 ist Tästensen Vereinskonsulent des Jugendverbands. „Das ist ein sehr spannender Job beim Jugendverband, der nimmt mich beruflich voll ein. Aber ich werde Zeit finden für die Kommunalpolitik, sonst hätte ich mich nicht aufstellen lassen.“

Gibt es einen Fünf-Jahres-Plan?

Angenommen Tästensen kommt in den Stadtrat, wo sieht er sich selbst in fünf Jahren? „Das kann ich nicht sagen. Ich möchte mir  Perspektiven offen lassen. Auch in fünf Jahren möchte ich mich einsetzen für die Gegend, in der ich lebe. Das bedeutet für mich auch, politisch einen Einsatz zu leisten, der aber auch zu praktischen Erfolgen führt, und das ist ja auch das, was wir in der SP wollen mit einer bürgernahen Politik.“ 
In der Kommunalpolitik sieht Tästensen sich als Laie: „Ich weiß ganz viel über Politik, das habe ich ja studiert. Aber das kann ganz fern sein, von dem was in der Kommunalpolitik tagtäglich stattfindet. Wenn es klappt, was ich natürlich hoffe und wovon wir ausgehen, denn sonst würden wir nicht einen solchen Wahlkampf führen, wie wir es jetzt tun, dann hoffe ich auf interessante praktische Aufgaben als Kommunalpolitiker. Und da wird es sich zeigen, ob das so ist, wie ich es mir vorgestellt hab oder nicht. 

Zukunft im Kulturausschuss

In welchen Ausschüsse, kann er sich vorstellen als Politiker einzuwirken? „Eine heikle Geschichte – deren Verteilung. Aber ganz klar ist, dass mir ,Kultur und Freizeit‘ gefallen würde, damit habe ich beruflich zu tun,  da könnte ich noch viel tun für die Kommune und für die Minderheit und generell für die Gegend. Das könnte ich mir sehr gut vorstellen.“  –   Der junge Kandidat wird nachdenklich. „Ganz ehrlich hängen die Jobs für Politikwissenschaftler und Soziologen in Nordschleswig nicht an den Bäumen. Dass die beruflichen Perspektiven hier verbessert werden, dahin sind wir auf einem guten Weg, aber es kann durchaus noch was getan werden, um junge Menschen wieder zurück in die Region zu holen. Die Möglichkeit bot sich ja, wie gesagt, für mich.“

Ehrenamtliches Engagement

Ehrenamtliches Engagement ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. In Dänemark gibt es die Bezeichnung so gar nicht, hier ist man „Freiwilliger“. Doch Tästensen geht mit gutem Beispiel voran. „Wenn man sich hier bei der deutschen Minderheit in Nordschleswig mal die Jugendvereine an sieht, die jungen SPpitzen, dann können wir uns doch glücklich schätzen, dass wir hier so tatkräftige Vorstände haben. Vor allem aber auch so viele engagierte Mitglieder, die sich einbringen möchten. Natürlich soll man die Tendenzen im Auge behalten. Aber es ist doch richtig, dass es schwieriger geworden ist, Jugendliche für das Ehrenamt zu begeistern.“

Das Engagement geht zurück, zu den Jahreshauptversammlungen der Vereine werden heute Referenten eingekauft, damit überhaupt jemand erscheint. „Ja, absolut, das ist richtig, man springt in eine Rolle rein, wenn man eine Position wahrnimmt in einem Verein oder Verband, deshalb müssen wir auch drauf achten, dass wir diese Jugendlichen nicht verschrecken mit diesen Positionen. Wir müssen ihnen zeigen, welche Möglichkeiten der Partizipation die Vereine und Vorstandsarbeit  bieten. Was man unternehmen kann, was für eine Teilhabe man haben kann. Vielleicht sollten wir aufpassen, dass wir uns nicht zu viel in diesen traditionellen Vorstandsverwaltungs-Aufgaben um uns selbst drehen. Sondern gucken, wo gibt es Jugendliche, die sich inhaltlich engagieren wollen. Die  muss man nicht immer gleich drängen, irgendeine Vorstandsrolle einzunehmen.  Sondern da kann man sie doch dieses Projekt wahrnehmen lassen, das sie gerne machen wollen.“

Wohnt mit Freundin in Apenrade

Tästensen lebt mit seiner Freundin Sina Zimmermann in Apenrade. Die beiden haben sich in Kiel kennengelernt. „Ich fand es ganz toll, dass sie mit hierhergehen wollte. Sina arbeitet im deutschen Kindergarten. Sie möchte gerne nach den Sommerferien hier in Apenrade studieren. Aber da muss sie natürlich auch die Sprache lernen, bevor das möglich ist. Daran arbeitet sie gerade.“

Private Pläne in Apenrade

„Es gibt im Moment keine spezifischen privaten Pläne. Sina und ich wollen uns gerne hier in Apenrade wohlfühlen. Wir wollen uns gerne noch mehr auf die Gemeinschaft und die Kommune einlassen. Darauf freuen wir uns die nächsten Jahre. Man weiß nie, was die Zeit bringt. Wie gesagt, ich bin ja noch jung, und da ist es schwer zu sagen, was ich an Plänen für die nächsten  Jahre haben. Was ich jetzt mache, gefällt mir enorm gut, deswegen hat das auch eine Perspektive. 
Tästensens familiärer HintergrundIm Nordschleswiger wurde kürzlich die These besprochen, dass die Kinder von Schulleitern in der Minderheit sehr gute Zukunftsperspektiven haben. Hat er den Artikel gelesen? Tästensen lacht. 

Seine Mutter Anke ist Leiterin der deutschen Schulen in Osterhoist und Rapstedt. Vater Carl Friedrich Tästensen war in Nordschleswig zuletzt Leiter der Deutschen Schule Buhrkall, war dann im Bildungsministerium in Kiel. Er ist heute Landesdirektor der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit für Syrien, Iran, Irak und Türkei. Die beiden haben sechs Kinder.

„Ich bin der Jüngste. Genauer gesagt ist meine Zwillingsschwester Britta noch fünf Minuten jünger als ich. Sie ist seit März 2016 Präsidentin der Jugend Europäischer Volksgruppen, das ist die  Dachorganisation für Jugendliche in nationalen Minderheiten in Europa.“

Tästensens politische Einsatzgebiete

„Für mich ist es wichtig, dass wir eine attraktive Kommune sind in Apenrade, die auch auf die Jugend achtet. Es muss adäquate Angebote für Jugendliche geben. Generell muss die Grenzregion für die Wirtschaft offen sein, sie sollte ein attraktiver Arbeitsplatz sein. Damit wir wieder mehr junge Familien nach Nordschleswig holen können und generell in der deutsch-dänischen Grenzregion ein attraktiver Wohnort sind. Dazu gehört alles von Bildung bis Soziales, das wir hier in der Kommune anbieten, natürlich müssen wir auch eine Infrastruktur anbieten, die es ermöglicht, dass man zu den verschiedenen Bildungsinstituten hier in der Region auch mit dem öffentlichen Nahverkehr kommen kann. Wir müssen mehr miteinander reden, wenn es darum geht, einen guten Plan für den öffentlichen Nahverkehr zu finden. Es muss möglich sein, dass die jungen Leute aus Apenrade z. B.  in Tondern zu ihrer Bildungsstätte fahren. Oder die Flensburger zur Ausbildung nach Apenrade. Da gibt es noch Luft nach oben. Dafür möchte ich mich gerne einsetzen, dass wir eine gute Infrastruktur entwickeln.“ Dazu wird der studierte Politikwissenschaftler  Gelegenheit bekommen, wenn er sein theoretisches Know-how in praktische Arbeit umsetzen kann. 

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