Kultur

Eröffnung des Multikulturhauses ein Festtag für Sonderburg

Eröffnung des Multikulturhauses ein Festtag für Sonderburg

Eröffnung des Multikulturhauses ein Festtag für Sonderburg

Ilse Jacobsen/Ruth Nielsen
Sonderburg/Sønderborg
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Viele Menschen warteten schon am Eingang, bevor die Tür des Multikulturhauses geöffnet wurde. Eine rote Puppe sorgte für gute Stimmung. Foto: Karin Riggelsen

Tausende von Gästen waren bei der offiziellen Inbetriebnahme des neuen Multikulturhauses mit deutscher und dänischer Bücherei und Kunstschule am Sonderburger Hafen dabei.

Seit Freitag hat Sonderburg einen neuen gemeinsamen Knotenpunkt für Kunst und Kultur. Am Hafen wurde das   Multikulturhaus gebührend und mit mehreren Empfängen  eingeweiht.

Nun liegen die deutsche und die dänische Bücherei und Sønderjyllands Kunstskole   eng beieinander.  Die deutsche Bücherei zog vom Rønhaveplads an die Nørre Havnegade 15.

„Wir sind jetzt einer von  dreien, ein Teil vom Ganzen“, stellte Büchereidirektorin Claudia Knauer  schon vorab glücklich   fest. Die Deutsche Bücherei ist   im früheren Kornsilo von Ewers untergebracht, mit der Kunstschule über sich und einem Teil der dänischen Stadtbibliothek unter sich und auch gegenüber. Die Einrichtung hat 14.000 Medien. Im Vergleich zum dänischen Nachbarn vielleicht relativ wenig. „Aber wir haben immer noch unseren ganz eigenen Teil“, so Claudia Knauer.

Auch Büchereileiterin  Susann Etienne freute sich über die   Räumlichkeiten  – nicht zuletzt über die rustikalen Balken, die dem Raum einen   besonderen Charakter verleihen. „Hier steckt immer noch so viel Geschichte drin. Auch die alten Fenster sind einfach  schön“, erklärte Susann Etienne.

  Im modern eingerichteten großen Raum wird eine Ecke sicher der Liebling der Gäste. Mitten im großen Raum stehen direkt am Fenster ein hoher Tisch und einige Stühle. Dort gibt es einen einzigartigen Ausblick  auf das Wasser und hinüber zum Alsion.

Der neue Standort ist übrigens einem Zufall geschuldet. Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen war zu einem Gespräch mit  Alsion-Verwalter  Poul Valdemar Nielsen.  Er hat  vom Projekt eines Multikulturhauses gesprochen. „Da sagte ich, ihr  dürft   uns gerne mit einplanen. Daraus ist ein  Schneeballeffekt geworden. Die Bücherei ist ausgezogen, das Schulmuseum wird einziehen. So kann es gehen“, erzählte er am Rande. 

Bürgermeister Erik Lauritzen gab    offen zu, etwas gerührt zu sein.  Das  Multikulturhaus verbinde alten Baustil (Packhaus) und das Experimentierende. Eine Gesellschaft könne ohne Kunst und Kultur  nicht leben. „Deshalb  ist dieses Haus kein Füllhorn, sondern eine Notwendigkeit. Es ist eine  Stätte, in der die Kultur  zu uns kommt“, sagte er.
Das scheinen die Bürger auch  so zu sehen, denn sie strömten gestern nur so herein, dass zeitweise kein Durchkommen mehr war.  

Der Bürgermeister  schrieb dem Haus eine „Anziehungskraft über die kommunalen Grenzen hinaus“ zu. „Es ist die neue Kulturperle   im Grenzland. Es macht unsere Stadt attraktiver für diejenigen, die hier wohnen, und die jungen Leute, die wir gern  anlocken wollen“, meinte er. Aus dem einst   öden Indus-triehafen  ist nun ein neuer Stadtteil (byens havn) geworden.

Auch die Vorsitzende des Kultur-, Bürger- und Freizeitausschusses, Charlotte Riis Engelbrecht, freute sich nicht zuletzt über die grenzüberschreitende Funktion des Hauses.  Das Deutsch und Dänisch nun zusammen liegen, biete vielleicht auch  neue Möglichkeiten. „Alle Wege führen nach Rom – in Sonderburg führen alle Wege aber zum Mulitulturhaus. Es ist eures. Ich hoffe, ihr werdet es nutzen“, sagte  sie.

Danach wurde der „Grundstein“  gelegt von Vertretern der   Stadtratsparteien. Der Konservative Ole Wandahl Stenshøj steuerte z. B. einen USB-Stecker  bei, Stephan Kleinschmidt (SP) fügte einen Stein mit dem Logo der Kulturhauptstadt ein. Stefan Lydal (DF) hatte Lego mitgebracht und Aase Nyegaard (L) etwas Goldschmuck.

Der Erhalt des Ewers-Packhauses ist in  erster Linie dem „A. P. Møllers og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til almene Formaal“   zu verdanken, der 14,5 Millionen Kronen gespendet hat.  Der Vorsitzende Lars Reuter  nannte Sonderburg ein „Kaleidoskop“ mit einer Geschichte, die diese Gegend zu etwas Besonderem mache. „Diese Gegend ist von eher kriegerischen Zeiten  geprägt. Aber sie hat es verstanden, sich  immer wieder davon zu erholen. Dieses Haus  ist  ein Zeugnis  dafür. Der Kontrast schafft Dynamik. Das Haus soll allen nützen, so wie es die Zielsetzung  der  Stiftung vorsieht.“ 

Bibliothekar Carsten Nicolaisen hatte eine Ode kreiert, die mit viel Applaus  bedacht wurde. Die Stadtväter  seien ehrgeizig und mutig gewesen, weil sie den Stararchitekten Frank Gehry mit der Planung  beauftragt,  sie am  Masterplan  festgehalten und  das Packhaus   erhalten haben. Daraus  sei ein einzigartiger   Bau geworden,  der Altes  und Neues   auf wundersame Weise in Einklang bringe.

Thomas Lunau, Leiter der  Kunstschule, dankte dem Bauherren  wie den Nutzergruppen für konstruktive Lösungen. Die Entscheidung,   nach  mehr als 30 Jahren umzuziehen, sei von allen mit Begeisterung    mitgetragen worden, nannte er „Kunstskolens Venner“  und Künstler Søren Møller, 1979 Ideengeber der Einrichtung. 

Büchereidirektorin  Claudia  Knauer wechselte vom Deutschen ins Dänische und umgekehrt. Der Umzug an den Hafen sei nicht aus der Not heraus geboren worden, „sondern weil wir es wollten“. Die dänische wie die deutsche Bücherei seien bestrebt, den Nutzern  den besten Service zu geben, „denn wir sind keine Konkurrenten.  Wir wollen mehr dänische und deutsche Kultur“. Es gehe nicht um Assimilation, sondern  um Integration. „Wir haben eine gemeinsame Geschichte“, nannte sie das Jahr  2020,  vor 100 Jahren für  Deutsche die „Geburt der Minderheit“, für Dänen die „Wiedervereinigung“.    
Es werde Veranstaltungen auf Deutsch geben, die vielleicht dazu genutzt werden können, „mit Spaß die Deutschkenntnisse zu erweitern“.
 

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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