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Gold gab ich für Eisen …

Gold gab ich für Eisen …

Gold gab ich für Eisen …

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Eheringe aus Hadersleben / Die Medaille wurde von der Reichsbank vergeben / Eisenpfanne von Künstlerfamilie Nissen Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Kriegsfinanzierungsunterstützung im Ersten Weltkrieg.

Für heutige Generationen ist es schwierig, sich in den Zeitgeist früherer Zeiten hineinzuversetzen. Besonders gilt dies für die Zeit des Nationalsozialismus. Wir, die selbst nie einen Krieg miterlebt haben, können nur schwer nachvollziehen, dass sich junge Männer freiwillig für den deutschen Kriegsdienst meldeten, und dann jubelnd in den Krieg zogen. Ähnlich schwierig nachzuvollziehen waren die Unterstützung und die Opferbereitschaft an der „Heimatfront“.

Dies zeigt sich auch am Beispiel des Ersten  Weltkrieges. Nach Ausbruch des Krieges war es für das Deutsche Kaiserreich enorm wichtig, sich die Unterstützung und das Beitragen der Bevölkerung zu sichern. Ob nun freiwillig oder gezwungenermaßen.

Dies zeigt allein schon die Problematik der Ressourcenknappheit in Deutschland. Mit dem Verlauf des Krieges wurde es immer wichtiger, dass kriegswichtige Metalle von der Bevölkerung abgegeben wurden. Dabei handelte es sich typischerweise um Kupfer, Messing, Zinn oder Zink. Deswegen kam es 1917 dann auch zur Beschlagnahmung und Enteignung von Metallen. So wurden unter anderem Fallrohre, Dachrinnen und Blitzableiter-Anlagen aus Kupfer beschlagnahmt. Zuvor, wohl mit freiwilligem Zwang, wurde die Bevölkerung schon genötigt, ihre Haushaltsgeräte herauszugeben. Dies konnte typischerweise eine Kupferpfanne oder Ähnliches sein. Dafür bekam man dann im Gegenzug eine eiserne Pfanne mit einer patriotischen Inschrift.

Eine dieser eisernen Pfannen ist auch in Nordschleswig erhalten geblieben. Sie stammt aus der Künstlerfamilie Maria und Anton Nissen aus Alnor. Die patriotische Inschrift auf der doch sehr verrosteten Pfanne lautet: „Der deutschen Hausfrau Opfersinn gab Kupfer für das Eisen hin – im Weltkrieg 1916“.

Aber auch schon am Anfang des Krieges mussten Schritte unternommen werden, damit der Krieg überhaupt finanziert werden konnte.

Das damalige Währungssystem war der Goldstandard. Vereinfacht gesagt, basierte es darauf, dass die herausgegebenen Geldscheine einen entsprechenden Gegenwert an Gold, gelagert in der Reichsbank, hatten. Darüber hinaus bestand die Verpflichtung, dass ein jeder seine Geldscheine direkt bei der Reichsbank in Gold umtauschen konnte.

Nach dem Attentat von Sarajevo befürchteten viele Deutsche einen Krieg. Als dann am 23. Juli Österreich-Ungarn Serbien ein Ultimatum stellte, wurde diese Befürchtung konkreter, und viele tauschten ihr Papiergeld gegen Gold ein. Damit verminderte sich der Bestand an Gold in der Reichsbank beträchtlich.

Dies wurde für das Deutsche Kaiserreich zu einem Problem, da man den bevorstehenden Krieg auch mit den Goldreserven der Reichsbank finanzieren wollte. Deswegen war es nötig, so viel Gold wie möglich in greifbarer Nähe des Staates zu halten. Darum setzte die Reichsbank am 31. Juli 1914 die Verpflichtung aus, das Papiergeld gegen Gold tauschen zu müssen. Dies sollte aber nicht ausreichen, und so wurden verschiedenste Unternehmungen angegangen, um mehr Geld und Gold in die Kassen zu spülen.

Darunter auch die Aktion „Gold gab ich für Eisen“. Dies war keine neue Erfindung. Schon in den Napoleonischen Kriegen wurde in Preußen dazu aufgerufen, seinen Goldschmuck gegen Eisenschmuck umzutauschen.

Während des Ersten Weltkriegs griff man die Idee wieder auf. Zuerst ging es um die Ablieferung von Schmuckgegenständen, für die man im Gegenzug einen eisernen Ring oder Ähnliches erhielt. Später folgte auch der Aufruf, sein Gold bei der Reichsbank gegen Papiergeld einzutauschen. Als Anerkennung erhielt man dafür eine Medaille.

Unterstützung fanden die Ablieferung von Schmuckgegenständen und das Eintauschen bei der Reichsbank auch in Nordschleswig. Davon zeugen zumindest die eisernen Eheringe aus Hadersleben, die Uhrkette aus Sonderburg und die Medaille aus Apenrade.

Um wieder auf den Ausgangspunkt zu kommen: Für uns ist es vielleicht noch nachvollziehbar, dass man seine Kupferpfanne, Gold oder seine Uhrkette zur Kriegsunterstützung gibt oder eintauscht. Aber die Symbole der Liebe zwischen zwei Menschen, zwei Eheringe, für die Kriegsfinanzierung zu geben?

Uhrkette aus Sonderburg Foto: Deutsches Museum Sonderburg
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