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Die Nordschleswigsche Heimatbühne Apenrade

Die Nordschleswigsche Heimatbühne Apenrade

Die Nordschleswigsche Heimatbühne Apenrade

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Auftritt der Heimatbühne Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Wiederbelebung der kulturellen Arbeit der Minderheit

Spricht man über die direkte Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, so liegt der Schwerpunkt oftmals beim Aufbau der deutsch-nordschleswigschen Schulen und anderen zentralen Vereinigungen der deutschen Minderheit. Zu kurz kommt dabei die Tatsache, dass auch das kulturelle Leben vor einem Neuaufbau stand.

Ein Teil dieser „kulturellen Wiederbelebung“ war die Laienspielgruppe, die sich Ende 1946 zusammenfand, und ähnlich wie Theaterdrang Nordschleswig, ein Programm für ganz Nordschleswig aufstellte.
Zuerst trat die Gruppe mit dem Namen „Apenrader Komödianten“ auf. Aber schon Ende 1948 wurde diese in „Nordschleswigsche Heimatbühne Apenrade“ umbenannt.

Das erste Stück, das am 1. Februar 1947 seine Premiere in Hoyer hatte, war „Der verschriebene Vetter“ von Lorenz Holm Andersen aus Tondern. Dies spielte im Milieu des Tonderaner Seminars und war sprachlich gemischt mit Sønderjysk, Plattdeutsch und Hochdeutsch.

Schon mit dem zweiten präsentierten Stück übernahm Wilhelm Sass die Regie, und ab Dezember 1948 auch die Leitung der Gruppe.

Im Winterhalbjahr 1948/49 spielte man das Stück „Wenn de Hahn kreiht“ von August Hinrichs. Nach der Premiere in Hoyer wurde das Stück an verschiedenen Orten präsentiert. So auch am 27. Dezember 1948 im Hotel Lügumkloster in Lügumkloster. Im Rahmen dieser Veranstaltung kam es dann zu einem negativen Höhepunkt des deutsch-dänischen Gegensatzes, der Tötung von Wilhelmine Sass. Dies durch einen Schuss von außen ins Gebäude.

Trotz des Schicksalsschlages setzte ihr Mann, Wilhelm Sass, seine Arbeit als treibende Kraft der Nordschleswigschen Heimatbühne fort.
Es folgten erste Aufführungen auf dem Knivsberg, Auftritte in Schleswig-Holstein und Kopenhagen.

Protokollbuch der Nordschleswigschen Heimatbühne Apenradevon 1948-1950 / Programmheft für das Stück Das Sündige Dorf von 1955-1956 Foto: Deutsches Museum Sonderburg

1955 musste man sich auch Kritik an der Aufführung des Stücks „Das sündige Dorf“ gefallen lassen. Die Kritik lautete u. a.,  dass im Stück „ ... fast alles geschlechtliche Leben so neben der Ehe herläuft …“. Eine Kritik, die heute wohl nicht mehr für voll genommen werden würde. Damals aber sah sich Wilhelm Sass dazu genötigt, doch darauf einzugehen.

Waren viele der präsentierten Stücke in den Anfangsjahren noch auf Plattdeutsch, so setzte Mitte der 1950er eine Diskussion darum ein, ob dies so fortgeführt werden sollte. Es wurde angemerkt, dass viele nicht mehr des Plattdeutschen mächtig wären. Schlussendlich entschied man sich, weitestgehend auf plattdeutsche Stücke zu verzichten.

In diese Zeit fällt auch die Feststellung, dass man durch verschiedene Seiten Konkurrenz erhalten habe, und deswegen auch ein Rückgang an Besuchern verzeichnete. Die Konkurrenz bestand damals zum einen in der Verbreitung von Fernsehgeräten. Zum anderen  holte sich die deutsche Minderheit noch selbst Konkurrenz ins „eigene Haus“. Dies indem man für die größeren Orte Nordschleswigs Theatervorführungen aus Flensburg buchte. Trotzdem konnte und wollte die Nordschleswigsche Heimatbühne fortsetzen.

Wie alles entscheidend eine einzelne Person aber auf die Aufrechterhaltung von kulturellen Angeboten sein konnte, zeigte  die Situation Ende der 1960er Jahre. Da entschied sich Wilhelm Sass, kürzerzutreten und nicht mehr die Regie der Stücke zu führen. 1971 führte man nochmals das „Erstlingsstück“ von 1947, „Der verschriebene Vetter“, auf. 1972 folgte dann die letzte Vorstellung der Nordschleswigschen Heimatbühne Apenrade. Damit war sie dann Geschichte …

Bilder von verschiedenen Auftritten der Heimatbühne Foto: Deutsches Museum Sonderburg
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