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Wahlplakate aus der Nachkriegszeit

Wahlplakate aus der Nachkriegszeit

Wahlplakate aus der Nachkriegszeit

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Wahlplakat: Nicht trennen – trennen bringt Not! Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Ein letztes Aufglimmen der Grenzfrage

Am Ende des 18. Jahrhunderts war das dänische Königreich Zentrum für einen Gesamtstaat, der unter anderem Island, Grönland, die Färöer, Norwegen und die Herzogtümer Schleswig und Holstein umfasste. In diesem Gesamtstaat lebten Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen. Mit der Idee und des Konstruktes des Nationalstaates von gleicher Sprache, Kultur und Ethnie musste dies zwangsweise zu Konflikten im Gesamtstaat führen. Dies galt insbesondere für das Herzogtum Schleswig, wo sich Deutsch und Dänisch, in welchen Mehrheitsverhältnissen auch immer, begegneten.

Beide nationalen Seiten kamen mit ihren „Ideen“ für die Lösung des Konfliktes. Dies waren u. a. Loslösungsbestrebungen und Grenzverschiebungen durch militärische Auseinandersetzungen. Zum Ausdruck kam dies mit den Kriegen von 1848 bis 1850 und 1864.

Eine weitere „Lösungsidee“ war es, die nicht hineinpassende Bevölkerung „einfach“ zu assimilieren. Dies fand von dänischer Seite seinen „Höhepunkt“ in den Spracherlassen von 1851 und von deutscher Seite in der Köllerpolitik am Ende des 19. Jahrhunderts. Die damalige Germanisierungspolitik hat im Nachhinein den Namen des damaligen Oberpräsidenten, der Provinz Schleswig-Holstein, erhalten.

Die Volksabstimmung 1920 war der erste reelle Versuch, den Konflikt ohne Waffen und Zwang beizulegen. Die Ausgangslage war, dass man von der Gesinnung her ein gemischtes Gebiet hatte. Damit war klar, egal welche Grenze man ziehen würde, es weiterhin zu Unzufriedenheiten kommen würde. Dazu kommt, dass die Volksabstimmung mit der Regelung der En-bloc-Abstimmung in der 1. Zone ihren kleinen „Schönheitsfehler“ hatte.

Demensprechend passt es, dass der am 15. August 1920 in Tingleff gegründete Schleswigsche Wählerverein, mit der Listenbezeichnung Slesvigsk Parti, schon in seinem vorläufigen Parteiprogramm eine Grenzrevision forderte.

Die Bestrebungen einer Grenzrevision setzte die deutsche Minderheit fort. 

Wahlplakat Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Dies wird auch bei der Wahlwerbung für die Folketingswahl 1939 deutlich. Dort wird aufgeführt, welche Gebiete „Heim ins Reich“ kamen. Als Letztes wird das Datum der Folketingswahl genannt. Darunter hervorgehoben „Nordschleswig“. Damit sollte ausgesagt werden, dass, wenn die deutsche Minderheit ein sehr gutes Wahlergebnis erzielen würde, Nordschleswig wieder ein Teil von Deutschland werden würde. Mit der Besetzung Dänemarks durch Deutschland 1940 erhoffte man sich erneut die Grenzverschiebung. Durch die abweichende Zielsetzung des Deutschen Reiches kam es aber nicht dazu. Der Krieg und die Besatzung Dänemarks führten aber dazu, dass der deutschen Minderheit im Grunde genommen nichts anderes übrig blieb, als die Grenze von 1920 anzuerkennen.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete aber nicht das Ende der Grenzfrage. In Südschleswig, in den Reihen der dänischen Minderheit, hoffte man auf eine „Wiedervereinigung“ mit Dänemark. Anders als 1920 glaubte man nun, dass sich die Südschleswigsche Bevölkerung zu ihren dänischen Wurzeln bekennen würde. Auch setzte man darauf, dass rationelle Überlegungen, wie eine bessere wirtschaftliche Perspektive, für die dänische Seite sprechen würden.

Vonseiten der dänischen Regierung sprach man sich gegen eine erneute Grenzverschiebung aus. Andere, in Dänemark ansässige, Nicht-Regierungsorganisationen standen aber auf der Seite der dänischen Minderheit. Womit das Thema auch in Dänemark eine große Aufmerksamkeit bekam.

Wahlplakat: Hände weg! Wählt deutsch! Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Mit dem Wunsch einer Grenzverschiebung und dem Erstarken der dänischen Minderheit regte sich auch der Widerstand der deutschen Seite. Der Konflikt zwischen Deutsch und Dänisch entflammte in Südschleswig wieder. Davon zeugen auch die beiden abgebildeten Plakate. Diese wurden zur Kommunalwahl 1948 gedruckt. Sie stammen von der „Deutschen Wahlgemeinschaft“. Dahinter steckten verschiedenen deutsche Grenzvereine, die keine Aussage dazu machten, welche Partei man wählen sollte, Hauptsache es war nicht der Südschleswigsche Wählerverband.

Mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 wurde dann die Luft aus dem bestehenden Konflikt genommen. Beiden Minderheiten wurde ein Maß an kultureller Autonomie eingeräumt. Die damaligen Regelungen wurden mit Leben gefüllt und weiter ausgebaut. Damit verschwand auch der Wunsch einer Grenzverschiebung.

Wahlplakat: Nicht trennen – trennen bringt Not! Foto: Deutsches Museum Sonderburg
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