Verdienstkreuz

Prof. Diethard Tautz entdeckte den genetischen Fingerabdruck

Prof. Diethard Tautz entdeckte genetischen Fingerabdruck

Prof. Diethard Tautz entdeckte genetischen Fingerabdruck

Orly Röhlk
Plön
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Prof. Diethard Tautz wurde am Dienstag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Ministerpräsident Daniel Günther überreichte die Auszeichnung im Landeshaus. Foto: Frank Peter

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Plöner Forscher erfand in den 80er Jahren die Analyse von DNA-Spuren und überführte seither indirekt viele Verbrecher.

Prof. Dr. Diethard Tautz aus Plön erfand Ende der 80er Jahre die Analyse von DNA-Spuren und half damit bei der Aufklärung vieler Verbrechen. Heute ist seine Erfindung ein wichtiger Bestandteil der Kriminalistik oder dient der Bestimmung der Identität bei Vaterschaftstests. Der 63-jährige Leiter der Abteilung für Evolutionsgenetik am Plöner Max-Planck-Institut (MPI) für Evolutionsbiologie in Plön ist am Dienstagnachmittag für seine Verdienste von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet worden. Ministerpräsident Daniel Günther überreichte die Auszeichnung in der Kieler Staatskanzlei.   

 

Hintergrund 

Preise begleiteten seinen Weg

1995 für die Entwicklung des genetischen Fingerabdrucks der „Philip Morris Forschungspreis“, 1998 der „De Snoo – van´t Hoogerhuys – Preis“ für Forschungen zur Evolution von Entwicklungsprozessen, 2016 die Karl-Ritter-von-Frisch-Medaille der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. In zwei Jahren will Tautz seine Abteilung mit 60 Wissenschaftlern und technischem Personal aufgeben, aber in der Forschung bleiben. In Kürze sollen erste Kandidatensichtungen


Diethard Tautz ist einer der renommiertesten Evolutionsforscher Deutschlands

 

 

„Diethard Tautz ist einer der renommiertesten Evolutionsforscher Deutschlands. Insbesondere hat er auf den Gebieten der Evolutionsbiologie, Entwicklungsbiologie, Systematik und Genomik entscheidende und innovative wissenschaftliche Pionierleistungen vollbracht“, würdigte Günther Tautz‘ Werk. Er gehöre zu den Pionieren interdisziplinärer Forschung und habe Einzigartiges bewirkt. Gegenüber herkömmlichen Methoden sei seine STR-Technologie schneller und genauer und daher zur Identitätsbestimmung unverzichtbar. 

Nicht nur aktuelle Verbrechen, sondern auch zurückliegende Delikte konnten so in den letzten Jahren aufgeklärt werden

Daniel Günther, Ministerpräsident

 

„Nicht nur aktuelle Verbrechen, sondern auch zurückliegende Delikte konnten so in den letzten Jahren aufgeklärt werden.“ Tautz engagiere sich für die wissenschaftliche Aufklärung innerhalb gesellschaftlicher Diskussionsprozesse und bringe hierbei seine herausragenden Fachkenntnisse und seine wissenschaftliche und hochgeachtete Reputation ein. Besonders am Herzen liege ihm die Nachwuchsförderung und die Förderung von Frauen in der Wissenschaft. 

Die Datenbank ist wichtig für die Forensik – Patent bereits 1988 angemeldet

Nach Tautz‘ Worten werde im Zusammenhang mit der Erfindung häufig der Engländer Alec Jeffreys genannt, der zwei Jahre zuvor die Entdeckung machte. Dessen Verfahren wende man heute aber nicht mehr an: Man brauchte viel DNA, und die Methode sei nicht datenbankfähig gewesen. Seine STR-Methode (STR= short tandem repeats) hingegen komme mit sehr kleinen Mengen DNA aus. Aus der Abfolge der STR-Sequenzen und der Zahl ihrer Wiederholungen, die individuell verschieden seien, ergibt sich der genetische Fingerabdruck und damit ein Code, der digital erfassbar sei. „Die Datenbank ist wichtig für die Forensik“, sagt Tautz, der 1988 seine Entdeckung zum Patent anmeldete. 

Tautz zeigte das Prinzip und die Amerikaner entwickelten es marktfähig weiter

Die Lizenzen gingen damals in die USA. Tautz zeigte das Prinzip, die Amerikaner entwickelten es marktfähig weiter. In Deutschland hätte dies noch Jahre gedauert, ist der Wissenschaftler sicher, der die Grundlage bereits 1984 in seiner Doktorarbeit legte. Um letztendlich den Nachweis zu erbringen, dass die Methode funktioniert, habe es der PCR-Technologie bedurft, die zu jener Zeit noch nicht erfunden war. PCR steht für polymerase chain reaction, eine Methode, um Erbsubstanz zu vervielfältigen. Aktuell bekannt geworden als Nachweis von Virusinfektionen.

Foto: Orly Röhlk

Geboren in Glonn bei München, studierte Tautz Biologie in Frankfurt/Main, wo er 1976 seine spätere Ehefrau Christiane, ebenfalls Biologin, kennenlernte. Es folgten Stationen in Heidelberg und Cambridge. Tautz promovierte in Tübingen, war Mitarbeiter im Labor von Professor Herbert Jäckle. Dort arbeitete auch die Technische Angestellte Christine Pfeifle, die Tautz später nach Plön holte, wo sie heute am MPI das Tierhaus leitet. Sie sei damals im Labor dabei gewesen, als Tautz und Jäckle die PCR-Technik etablierten. Nach Professuren in München und Köln kam der dreifache Vater nach Plön und baute den Forschungszweig Evolutionsgenetik mit auf. 

Ganz neues Projekt war die Mausforschung 

Ganz neues Projekt war die Mausforschung, in der es um die Anpassung der Maus an die Umwelt und die genetische Steuerung der Persönlichkeit geht. Der entdeckte genetische Zusammenhang sei auf den Menschen übertragbar und eine sehr spannende Sache, urteilt Tautz. Er kombinierte evolutions- und entwicklungsbiologische Aspekte und beeinflusste das Wissenschaftsfeld der evolutionären Entwicklungsbiologie „Evo-Devo“ (Devo für development=Entwicklung). Zudem gab Tautz wissenschaftliche Fachzeitschriften heraus und schrieb Artikel, war Präsident der Deutschen Zoologischen Gesellschaft und Präsident des Verbandes Biologie, Biowissenschaften & Biomedizin.

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Kommentar

Gerrit Hencke
Gerrit Hencke Journalist
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