Bilder abgehängt
Gemälde von Emil Nolde zu brisant fürs Kanzleramt
Gemälde von Emil Nolde zu brisant fürs Kanzleramt
Gemälde von Emil Nolde zu brisant fürs Kanzleramt
Angela Merkel lässt Bilder des Malers entfernen – bevor eine neue Ausstellung die Haltung des Künstlers zum NS-Regime thematisiert.
Es sei geplant, eines der Bilder in der großen Nolde-Ausstellung zu zeigen, die in einer Woche im Berliner „Hamburger Bahnhof“ zu sehen ist. Danach werden die Bilder nicht ins Bundeskanzleramt zurückkehren. Zu den Hintergründen dieser Entscheidung äußert sich das Bundespresseamt nicht. Der Zusammenhang liegt aber auf der Hand.
Die Berliner Ausstellung thematisiert Noldes Verhältnis zum Nationalsozialismus, und im Vorfeld haben Kunsthistoriker die Frage aufgeworfen, ob Nolde-Werke ins Amtszimmer einer deutschen Regierungschefin gehören. „Man muss sich schon fragen, ob das der Künstler ist, der Deutschland im Jahr 2019 repräsentiert“, sagte Felix Krämer, Generaldirektor des Düsseldorfer Museums Kunstpalast, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Noldes ambivalentes Verhältnis zum Nationalsozialismus
1941 belegte das NS-Regime Nolde mit einem Berufsverbot. Viele seine Gemälde wurden als „entartet“ eingestuft. Vor diesem Hintergrund entstand nach dem Zweiten Weltkrieg der Mythos von Nolde als Gegner des NS-Regimes. Der Künstler selbst wehrte sich bis zu seinem Tode 1956 nicht gegen dieses Bild. Als 1968 Siegfried Lenz seinen Roman „Deutschstunde“ veröffentlichte, verstärkte sich der Mythos noch.
Dass die Wahrheit anders aussah, hatte die Öffentlichkeit dabei bereits ein Jahr zuvor erfahren, als Walter Jens als Festredner zu Noldes 100. Geburtstag dessen ambivalentes Verhältnis zum Nationalsozialismus hervorhob. Gleichzeitig nahm die Nolde-Stiftung in Seebüll diese Rede aber auch lange als Legitimation, Nolde gewissermaßen vor sich selbst zu schützen und eine weitergehende Aufarbeitung zu behindern, wie der heutige Direktor der Stiftung, Christian Ring, einräumt. Dabei sind zahlreiche antisemitische Äußerungen von Nolde überliefert, auch in seiner 1934 erschienenen Autobiografie „Jahre der Kämpfe“, die er nach 1945 überarbeitete.
Persönliche Entscheidung der Kanzlerin
Ring hat das Archiv der Stiftung inzwischen für kritische Forschung komplett geöffnet und auch an der Berliner Ausstellung mitgewirkt.
Auf die Nachricht aus dem Bundeskanzleramt reagiert Ring „relativ emotionslos“. Welche Bilder sie in ihrem Amtszimmer hängen haben möchte, sei „letztlich eine persönliche Entscheidung der Kanzlerin, die ihr selbst überlassen bleiben muss“. Allerdings stellt er auch eine grundsätzliche Frage: Was ist mit dem großformatigen Ölgemälde von Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) im Kabinettssaal der Bundesregierung? Muss das nun auch weg – vor dem Hintergrund seiner persönlichen Verfehlungen? Der Expressionist diente sich zwar nie den Nazis an, steht aber seit einigen Jahren im Verdacht, pädophile Neigungen gehabt zu haben.