Kulturkommentar

„Danke, brauch ich nicht“

„Danke, brauch ich nicht“

„Danke, brauch ich nicht“

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Wer sich im Netz auf die Suche nach irgendwas begibt, bekommt lauter Vorschläge, was er sonst noch unbedingt erwerben muss. Claudia Knauer geht lieber an einen Ort, wo die Vorlieben nicht gespeichert werden.

Amazon ist eine Krake, die, wie andere Web-Großkonzerne, mit ihren Tentakeln überall nach Daten fischt. Klar, nur so wird ein Geschäft daraus. Wir surfen, suchen bei Google, bestellen bei Amazon, chatten über Facebook und zahlen mit unseren Daten. Damit verdienen die Unternehmen ihr Geld, und damit es noch mehr wird, sorgen sie sich rührend um unser Wohlergehen,  wollen unseren Besitz mehren und ihre Geldbeutel füllen.

Ihre Algorithmen machen es möglich. Diese Rechenprogramme stellen fest, auf was man im Netz so geschaut hat, und umgehend kommen passende Anzeigen. Ab und an wird es dann komisch. Keine Ahnung, wie Amazon auf einmal darauf kommt, dass ich ein Häkelnadelset mit 42 Teilen brauche. Ich versichere, ich habe nie nach Handarbeitszeug geschaut – ich kann weder stricken noch häkeln noch nähen. Meine Handarbeitslehrerin weint heute noch bittere Tränen, wenn sie an mich denkt.

Und nein, ich brauche auch keine 50 Kleiderbügel – nicht einmal, wenn sie samtartig überzogen sind, und auch mit dem Angebot eines Geräusch-Generators Sound Machine werde ich nicht froh. Wen soll ich damit erschrecken. Ich stelle fest: Amazon irrt oder ist doof.

Da gehe ich lieber in die Bücherei. Dort wird nämlich nichts gespeichert. Was ich ausleihe, wird sofort gelöscht, wenn ich es zurückgegeben habe. Da kann es mir nicht passieren, dass mir „Gartenarbeit leicht gemacht“, „Rosen für Dummies“ oder „Wie pflege ich meinen Gartenteich“ angeboten werden, nur weil ich einmal ein Buch über Zimmerpflanzen ausgeliehen habe.

Wenn es ein Angebot gibt, dann kommt es von den Bibliothekaren, die die Vorlieben ihrer Leser kennen – aus Erfahrung, nicht aufgrund eines Algorithmus und nicht weil damit Geld verdient werden muss. In der Bücherei trifft man Menschen, keine Maschinen. Das macht den Unterschied.

 

Von Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig
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