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Berlin, Lübeck und Weltreise: In Hoyer verliebt und gelandet
Berlin, Lübeck und Weltreise: In Hoyer verliebt und gelandet
Berlin, Lübeck und Weltreise: In Hoyer verliebt und gelandet
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Die politische Entwicklung in Deutschland veranlasste Brigitte Jürjens, auszuwandern. Der Marschenort soll die neue Heimat der Neubürgerin werden.
Sie kommt aus einem 1.000-Seelen-Dorf in Niedersachsen mit vielen Fachwerkhäusern und Wiesen, hat aber auch schon viel von der Welt gesehen: Brigitte Jürjens, noch wohnhaft in Lübeck, wird zum Jahreswechsel ihren festen Wohnsitz nach Hoyer verlegen.
Sie habe 15 Jahre in Berlin gelebt und als Architektin einen Lehrstuhl an einer Hochschule in Architektur mit den Schwerpunkten soziale Arbeit sowie Stadtteil- und Dorfentwicklung gehabt.
Die politische Entwicklung in ihrem Heimatland weckte in ihr den Wunsch, Deutschland zu verlassen. Die jüngsten Wahlen in den Bundesländern Thüringen und Sachsen lassen sie erschaudern. „Man versteht es nicht, dass die Deutschen nach dem Dritten Reich nicht klüger werden. Jetzt kommt alles wieder hoch“, bedauert die gebürtige Niedersächsin, die vor ihrem Architekturstudium 20 Jahre als Sozialarbeiterin gearbeitet hat.
Im Auto auf der Suche
Vor drei Jahren setzte sie sich in ihren dreiwöchigen Ferien ins Auto und suchte entlang der dänischen Westküste nach einer passenden Gegend. In Hoyer verliebte sich Brigitte Jürjens auf Anhieb. Besonders die Natur gefällt ihr, die Nähe zur Nordsee und die vielen Baustile, die man in Hoyer sehen kann. Auch die schmuck restaurierten Häuser fielen der Fachfrau fürs Bauen sofort ins Auge.
„Der dänische Baustil ist überhaupt viel schöner als der deutsche“, erklärte die Expertin. In Deutschland seien die Küsten verbaut und auch sämtliche Alleen gefällt worden.
Hoyer sei gemütlich und biete alles, was man fürs tägliche Leben benötige. Ortschaften wie Hoyer seien ein Kleinod der Dänen. So kaufte sie sich vor drei Jahren ein Haus an der Storegade in Hoyer, wo sie neben privaten Räumen im Erdgeschoss eine Airbnb-Ferienwohnung im ersten Stock einrichtete. An Feriengäste mit rechtsradikaler Gesinnung würde sie nie ihre Zimmer vermieten, erklärt sie.
Ich will Hoyer genießen und meine Ruhe haben und freue mich schon auf meinen kleinen Hundewelpen.
Brigitte Jürjens
Ihr Haus, Baujahr 1880, hat die 68-jährige Rentnerin von Grund auf renovieren lassen. „Ich habe in meinem Leben viel und hart gearbeitet. Jetzt möchte ich mich ausruhen. Die Luft am Meer tut meiner Gesundheit gut. Ich mag die Landschaft. Ein Umzug in eine Großstadt kam für mich nicht infrage. Und am Wasser sollte mein neuer Wohnsitz liegen“, beschreibt sie die Kriterien für ihr Rentnerdasein in einem fremden Land.
Eineinhalb Jahre auf Weltreise
Auch viel gereist sei sie. Im März 2023 begab sie sich auf eine eineinhalbjährige Weltreise, für die sie 20 Jahre gespart hatte. Asien, die Südsee, Neuseeland und Papua-Neuguinea hat sie bereist. Das sei der Traum ihres Lebens gewesen. Seit drei Monaten ist sie wieder zu Hause und freut sich auf ihren endgültigen Umzug nach Hoyer.
„Ich will Hoyer genießen und meine Ruhe haben und freue mich schon auf meinen kleinen Hundewelpen“, erzählt die alleinstehende Niedersächsin, die bereits auf Pellworm eine Ferienpension betrieb, diese aber jetzt verkauft hat.
Obwohl sie ihre Ruhe haben will, möchte sie auch Menschen begegnen und um sich haben. „Ich liebe es auch, wenn ich für große Tafeln aufdecke. Das ist für mich keine Arbeit, sondern meine Art, meine Gastfreundlichkeit zu zeigen.“
Daher plant sie, kleine Kochevents bei sich abzuhalten. Nicht mit vielen Menschen, so viel Platz bieten ihre privaten Räume nicht, sondern im kleinen Kreis.
Premiere hat sie schon gefeiert, als in kleiner Runde mit dem deutschen Paar Isabella und Michael Hoffmann aus Scherrebek (Skærbæk) gekocht wurde, die ebenfalls nach Dänemark eingewandert sind.
Zu acht wurde Thailändisch gekocht, gemeinsam gegessen und geschnackt. „Das Motto der Hoffmanns bei derartigen Kochevents ist „als Fremde kommen und als Freunde gehen. Und so war es tatsächlich“, erzählt Brigitte Jürjens begeistert.
Mit entsprechenden Abenden würde sie auch ihre Feriengäste überraschen wollen, aber auch Interessierte aus dem Ort sollten sich willkommen fühlen. Sie plane auch Gin- oder Whiskyverkostungen oder vielleicht in ihrem Garten ein kleines Event für Holzbildhauer durchzuführen. Die Kunstveranstaltung Art Jam hat sie bereits erlebt und sie sei selbst eine begeisterte Hobbybildhauerin.
„Ich würde mich mit meinen Werken aber nie an die Öffentlichkeit wagen.“ Dafür stehen einige in ihrem kleinen, gemütlichen Garten zusammen mit einem Meer von Stockrosen. Auch dort kann sie Gemütlichkeit und Ruhe tanken.