2. Bundesliga

St. Pauli beim FCH: Brisantes Nordderby mit offener Rechnung

St. Pauli beim FCH: Brisantes Nordderby mit offener Rechnung

St. Pauli beim FCH: Brisantes Nordderby mit offener Rechnung

dpa
Rostock
Zuletzt aktualisiert um:
St. Paulis Fans feiern ihre Mannschaft. Foto: Christian Charisius/dpa/Archivbild

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Spielen Hansa Rostock und St. Pauli gegeneinander, herrscht höchste Alarmstufe. Randale wird auch diesmal befürchtet. Für die beiden Teams geht es um viel. Das eine will rauf, das andere nicht runter.

Reist der Spitzenreiter an, steht ein Fußballfest ins Haus. Eigentlich. Bedenken hat jedoch nicht nur die Polizei, wenn am Samstagabend um 20.30 Uhr (Sky und Sport 1) Tabellenführer FC St. Pauli und Gastgeber FC Hansa Rostock in der 2. Fußball-Bundesliga aufeinander treffen. Hochrisikospiel! Die Mannschaften kommen miteinander klar, die Fans nicht. Man pflegt eine unproduktive Feindschaft, die gar schon vererbt wird. «Wir erwarten ganz deutlich, dass die Auseinandersetzung gesucht wird», warnt der Rostocker Polizeichef Achim Segebarth. Die Ansetzung im Dunkel des Abends statt zur üblichen Mittagszeit hat bei den Verantwortlichen ohnehin Kopfschütteln hervorgerufen.

Hundertschaften an Polizei, Wasserwerfer, Straßensperrungen, Hundestaffeln, Pufferzonen - der Einsatz von Mensch und Material zwecks Sicherheit der friedlichen Beobachter ist enorm. Beamte aus anderen Bundesländern müssen helfen. Die Kosten für den Steuerzahler sind beträchtlich. Fußball zum Abgewöhnen.

Dabei geht es um ganz andere Beträge. Das erste Duell der Traditionsclubs im Ostseestadion seit elf Jahren elektrisiert Fans und Spieler. St. Pauli will aufsteigen, der FC Hansa nicht absteigen. Mit knapp 25.000 Zuschauern im 29.000 Plätze bietenden Ostseestadion ist die Arena wegen der Pufferzonen ausgelastet.

«Wir betrachten jedes Spiel gesondert, haben aber die Tabelle im Hinterkopf. Wir brauchen noch ein paar Zähler. Das ist unsere Motivation. Vielleicht springt der Funke von den Rängen auf den Platz über und hilft den Jungs, eine Schippe draufzulegen», sagt Hansa-Trainer Jens Härtel. Dem kann sich sein Kollege aus Hamburg anschließen. «Es kann ein Fußballfest werden. 20.30 Uhr am Samstagabend, das ist wie gemalt», meint St. Paulis Trainer Timo Schultz, der von «einem heißen Tanz» im Ostseestadion spricht. «Da sollte die sportliche Rivalität im Vordergrund stehen. Ich hoffe aber, dass alles drumherum friedlich bleibt.»

Einer, der den Anpfiff kaum erwarten kann, ist John Verhoek. «Es ist ein besonderes Spiel. Das ganze Umfeld redet seit Tagen davon. Ich wurde in Rostock von Fans auf der Straße angesprochen. Sie haben gesagt, dass wir gegen St. Pauli unbedingt gewinnen sollen», sagt der Hansa-Stürmer, der von 2013 bis 2016 bei St. Pauli auf Torejagd ging. So erfolgreich wie jetzt war er in Hamburg aber nie.

Schultz, damals Co- und Nachwuchstrainer bei St. Pauli, ist Verhoek bestens bekannt. «Ein wuchtiger Stürmer, der gerne mit einem Kontakt abschließt und seine Qualitäten in der Box hat. Mit seinen 15 Toren ist er ein bisschen die Lebensversicherung von Hansa Rostock», sagt der Coach.

Rostocks Torjäger ist seit Wochen in Top-Form. Bei Hansas jüngster Siegesserie gegen Schalke (4:3), Holstein Kiel (3:2) und Sandhausen (1:0) erzielte der 33-Jährige drei Treffer. In dieser Saison ist er bester Hansa-Schütze und stellte sogar den 27 Jahre alten Zweitliga-Torrekord von Clublegende Stefan «Paule» Beinlich ein. «Wir sind in guter Verfassung und können nach drei Siegen in Folge mit breiter Brust auftreten. Warum sollen wir nicht auch St. Pauli bezwingen», fragt Verhoek.

Den Rostockern ist vor allem die heftige 0:4-Niederlage im Hinspiel in schmerzhafter Erinnerung geblieben. Damals lief der Aufsteiger am Millerntor frühzeitig einem Rückstand hinterher und war beim Tabellenführer chancenlos. «Wir haben dort nicht unser wahres Gesicht gezeigt. Das wollen wir zu Hause ändern und beweisen, dass wir gegen Top-Teams wie St. Pauli punkten können», sagt Härtel.

Auch sein Gegenüber Schultz glaubt nicht an eine Wiederholung des Kantersieges, obwohl seine Mannschaft als Tabellenführer stramm Kurs Aufstieg hält. «Hin- und Rückspiel kann man nicht in einen Topf werfen, es geht wieder komplett von vorne los», meint der 44-Jährige, der Hansa Rostock bescheinigt, «viel stabiler, sehr gefestigt und homogen» geworden zu sein. Im Team der Mecklenburger knistert es. Hansa-Trainer Härtel verrät: «Wir haben noch eine Rechnung offen.»

Mehr lesen