Kunst

Mit diesem neuen Sicherheitskonzept geht das Nolde-Museum in die Saison 2023

Mit diesem neuen Sicherheitskonzept geht das Nolde-Museum in die Saison 2023

Neues Sicherheitskonzept für das Nolde-Museum

Marco Nehmer/shz.de
Seebüll/Søbøl
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Lebhafte Farben, schutzlose Farben: Direktor Christian Ring im Bildersaal mit Exponaten der neuen Ausstellung, die am Mittwoch für die Besucher geöffnet wird. Foto: Marco Nehmer

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Die Kunst-Attacken aus dem Herbst vergangenen Jahres haben bei der Nolde-Stiftung zum Nachdenken geführt – aber nicht zum Umdenken. Nolde soll authentisch erlebbar bleiben. Trotzdem ist das Konzept nachgeschärft worden.

Plötzlich kreischt Alarm durch den Bildersaal des Nolde-Museums. Und dann noch einmal. Und noch mal. Keine Frage: Das neue Sicherheitssystem funktioniert ausgezeichnet. Einschreiten muss dann trotzdem niemand, die kostbaren Gemälde sind nicht in Gefahr, kein Sekundenkleber ist in Sicht und auch keine Tomatensoße. Hier ist es ein überstehender Arm, da eine Tasche in den Fängen der neuen Lichtschranke. Die Bodensensoren schnappen im Minutentakt zu an diesem Montagvormittag bei der Präsentation der neuen, der 67. Jahresausstellung in Seebüll. Christian Ring, Direktor der Nolde-Stiftung, muss mehrmals daran erinnern, nicht zu nah an die Bilder zu treten. Vergebens. Piep, piep.

Ausstellung vom 1. März bis zum 31. Oktober geöffnet

Vom 1. März bis zum 31. Oktober steht die Ausstellung mit dem Titel „Zurück zuhause. Emil Nolde – Welt und Heimat“ den Besuchern offen, erstmals nach zweijähriger Sanierung wieder im Wohn- und Atelierhaus, mit Museumstechnik nach modernsten Standards ausgestattet. Zum Schutz der Gäste. Und natürlich auch zum Schutz der Kunst, die in den vergangenen Monaten wiederholt im Fadenkreuz stand, im Herbst 2022 wurden mehrere weltberühmte Werke attackiert im Namen des Klimaprotests. Vorgänge, die auch in Seebüll zum Nachdenken über das Sicherheitskonzept geführt hatten.

Es piept nun also in den frisch renovierten Räumlichkeiten, dabei ist das dann doch eher als pädagogischer Hinweis an die Besucher gedacht, weniger als Mittel der Abschreckung. „Mit diesem akustischen Warnmelder“, sagt Ring, „versuchen wir, Gäste zu sensibilisieren, die sich unbewusst dem Bild zu stark nähern. Das geschieht in den wenigsten Fällen absichtlich.“

„Wir wollen kein Hochsicherheitstrakt sein“

Angriffe wie auf van Goghs „Sonnenblumen” oder Monets „Getreideschober” lassen sich damit zwar nicht verhindern. Das ist aber auch gar nicht das Ansinnen. „Mir ist bei der Auseinandersetzung mit dem Thema klargeworden, dass es einfach keinen hundertprozentigen Schutz geben kann“, sagt Ring. „Wir wollen die Menschen erreichen, wollen kein Hochsicherheitstrakt sein, wo alles durchleuchtet wird.“

Trotzdem haben sie in Seebüll an der einen oder anderen Stelle die Zügel angezogen, haben nachjustiert. „Wir haben Vorsorgemaßnahmen getroffen, die Mitarbeiter sind informiert. Für den Fall, dass etwas passieren sollte, gibt es klare Handlungsabläufe“, sagt Ring. „Die Wachsamkeit ist deutlich geschärft.“ Auch personell, wie der Direktor betont, die Anzahl der Sicherheitskräfte, die sich im Haus bewegen, wurde erhöht. Und: „Wir werden verstärkt darauf achten, dass die Taschen nicht mit hochkommen.“ Es gibt Schließfächer im unteren Bereich, eine recht simple, im Zweifel aber durchaus wirkungsvolle Maßnahme.

Trotzdem bleibt die Kunst im Nolde-Museum fragil, verletzlich, denn auf eine Verglasung der bisher ungeschützten Gemälde wurde verzichtet – ein bewusst ausgelassener Schritt, denn Emil Noldes Kunst soll weiterhin unmittelbar sein, authentisch erlebbar. Nur die „konservatorisch etwas empfindlichen Arbeiten“ (Ring) sind weiterhin hinter Glas, dazu die im Rahmen der neuen Ausstellung gezeigten Aquarelle und Druckgrafiken.

Der Rest: potenziell gefährdet. Wobei das mit der Gefährdungslage so eine Sache ist, gerade offenbar eine abnehmende – gut für Nolde. Der Protest hat sein Erscheinungsbild verändert, hat die Kunstgalerien für den Moment verlassen, sich wieder auf die Straße verlagert. Ring hofft inständig, dass das so bleibt. Dass die Aktivisten „erkannt haben, dass es keinen Sinn ergibt, Kunst zu beschädigen – egal, für was man kämpft.“

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