Prozess am Amtsgericht Husum

Freispruch für Föhrer Tierärztin: Die Seehund-Rettung bleibt für sie folgenlos

Freispruch für Föhrer Tierärztin: Die Seehund-Rettung bleibt für sie folgenlos

Freispruch für Föhrer Tierärztin: Die Seehund-Rettung bleibt für sie folgenlos

SHZ
Husum
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Ein Mitglied der Tierschutzpartei demonstrierte am Mittwoch vor dem Amtsgericht Husum gegen die Regelungen des Kieler Umweltministeriums zur Seehundrettung. Foto: Jan Melchior Bonacker Foto: 90037

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Der Staatsanwalt sprach im Zusammenhang mit der ordnungswidrigen Rettung eines Seehunds im Wattenmeer von einer „Einzelfallentscheidung“. Der erhoffte Präzedenzfall wurde also nicht geschaffen.

Am Husumer Amtsgericht wurde am Mittwoch der Fall einer Tierärztin aus Wyk auf Föhr verhandelt. Ihr wurde vorgeworfen, bei der Rettung eines Seehundbabys im Juni 2020 gegen das Gesetz zum Schutz des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeers sowie gegen die Wildschutzverordnung verstoßen zu haben. Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) verhängte daraufhin im November 2020 ein Bußgeld gegen die 54-Jährige. Nachdem diese unmittelbar Einspruch dagegen eingelegt hatte, wurde nun mit anderthalbjähriger Verspätung eine Verhandlung vor dem Amtsgericht abgehalten. Das Ergebnis: Freispruch.

Tierärztin beruft sich auf Vereinbarung mit dem Ministerium

Eigentlich dürfen in Schleswig-Holstein nur Seehundjäger entscheiden, ob ein Seehund gerettet wird oder nicht – auch wenn für Tierärzte in der Praxis Ausnahmen gemacht werden. Der Anlass für das Bußgeld bestand jedoch darin, dass der Heuler sich noch im Watt, also in der Schutzzone befand. Aus dieser dürfen regulär keine Wildtiere entnommen werden. Der Nationalpark stehe unter dem Motto „Natur Natur sein lassen“, teilte im Vorfeld der Verhandlung ein Mitarbeiter des LKN mit.

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Die Rettung des Heulers bestritt die Tierärztin vor Gericht nicht, sie schloss nicht einmal aus, dass er sich tatsächlich im Gebiet des Nationalparks befunden habe. Es habe jedoch eine Vereinbarung mit dem Kieler Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung bestanden, wonach es ihr gestattet sei, Tiere in Notsituationen zu versorgen, erklärte sich die Tierärztin vor Gericht.

Tierärzte dürfen „in Ausnahmefällen“ helfen

Die verantwortliche Beamtin des Umweltministeriums bestritt im Zeugenstand zunächst, dass es eine solche Vereinbarung gebe, räumte dann aber ein: „Wir akzeptieren, dass ein Tierarzt sich im Notfall um ein verletztes Tier kümmert.“ Sie bemängelte jedoch, dass der Weitertransport zur Aufzuchtstation Friedrichskoog länger als die vorgeschriebenen 24 Stunden gedauert habe: „Das ist so vereinbart, passiert im Regelfall aber nicht. Im Regelfall wird von der Betroffenen auch nicht sofort ein Seehundjäger informiert.“

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Ein Seehundjäger habe sie bereits am Strand erwartet, sagte die Tierärztin. Dieser habe ihr den Weg versperrt und sie „blöd angemacht“. Am Ende habe er aber nichts dagegen gehabt, dass sie den Seehund in ihrer Robbenstation aufpäppelte. Die Übergabe an Friedrichskoog habe sich verzögert, weil das Tier noch nicht transportfähig gewesen sei. „Aus unserer Sicht wäre das Tier durchaus bereit für die Überfahrt gewesen“, merkte die Beamtin an, „Er war ja auch bereits aus dem Watt in die Robbenstation verbracht worden.“

Erhoffter Präzedenzfall bleibt aus

Beide Seiten – sowohl Tierschützer als auch das Ministerium – hatten darauf gehofft, dass das Amtsgericht Husum einen Präzedenzfall schaffen würde. Die Tierärztin war zuvor schon einmal in Kiel wegen eines ähnlichen Vergehens vor Gericht gestellt worden – auch dieses Verfahren endete mit einem Freispruch. Nun sprach der Staatsanwalt davon, „in diesem speziellen Fall“ sei der Betroffenen „nicht nachzuweisen, dass sie wusste, dass sie etwas Unrechtes tat“. Eine Begründung, die wohl niemandem so recht in die Karten spielt.

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Ebenfalls vor Gericht stehen der Ehemann der Tierärztin sowie ein weiterer Helfer. Sie sollen gemeinsam mit der 54-Jährigen den Korb mit dem Seehund aus dem Watt getragen werden. Weil sie allerdings selbst keine Tierärzte sind, entschieden Staatsanwaltschaft und Gericht sich gegen eine Einstellung. Das Verfahren gegen sie dauert daher an. Vor dem Amtsgericht protestierte ein Vertreter der Tierschutzpartei gegen die gesetzliche Regelung zur Seehundrettung.

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