Gesundheit

Grün gleich gesund? Die Verführung der Smoothies

Grün gleich gesund? Die Verführung der Smoothies

Grün gleich gesund? Die Verführung der Smoothies

Miriam Scharlibbe/shz.de
Flensburg
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Woman drinking green smoothie standing by window at home model released, Symbolfoto property released, SVKF00937 Foto: www.imago-images.de

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Malen nach Zahlen war gestern, wer heute was auf sich hält, praktiziert Essen nach Farben. Ein Regenbogen auf dem Teller soll der Gesundheit, der schmalen Taille und dem Klima gleichermaßen zuträglich sein. Aber stimmt das wirklich oder profiti...

Manchmal schreit der Körper einfach nach Nährstoffen. Also die Art von Nährstoffen, die entweder das Alphabet oder das Periodensystem wiedergeben. Dann braucht es schnelle Energiezufuhr, nicht in Form von Zucker, Kohlenhydraten und Alibi-Zucchini auf der Pizza, sondern A, C und D-Vitamine. Irgendwas mit Eisen wäre auch nicht schlecht. Die Natur hat dafür eine schöne, aber leider wahnsinnig unpraktische Lösung parat: Sie nennt sich Gemüse.

Ernährungsexperten und Mediziner raten zu drei Portionen am Tag plus zwei Mal Obst. Alternativ funktioniert auch das Motto “eat the rainbow”. Etwas rotes, etwas gelbes, etwas grünes – ja, so einfach kann Ernährung sein. Wäre da nicht diese Sache mit der Schale, die vom Gemüse der Wahl zunächst entfernt, das Innere, das entkernt und das Ganze, das geschnitten werden muss.

Eine schnelle Alternative bieten da so genannte Smoothies, viel zu teure, meist industriell verarbeitete dickflüssige Säfte, die es inzwischen an jeder Ecke zu kaufen gibt – sogar an der Tankstelle. Mit leuchtenden Farben, moralisch wertvoll klingenden Namen (“Echte Früchte”) und dem Hinweis auf eine umweltfreundliche Glasverpackung können wir uns das gute Gewissen gleich miterwerben. Wir trinken uns die Welt schön – und gesund.

Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail. Und das bei den bunten Dicksäften gleich doppelt. Zum einen ist Glas nur bedingt so umweltfreundlich, wie es oft den Anschein macht. Um das Material herzustellen, sind neben Quarzsand, Kalk, Soda und Pottasche auch hohe Temperaturen und viel Energie notwendig. Eine gute Alternative zu Plastik-Einweg-Produkten ist Glas außerdem nur, wenn es Teil des Mehrwegsystems aus der Region ist. Weite Reisen von Lebensmitteln sind immer klimaschädlich, auch im netten Glas mit Schraubdeckel.

Weniger Smoothie trinken, mehr Smoothie sein

Ernährungstechnisch betrachtet ist die große Menge an Fruchtzucker, der selbst in den grünen Säften vorkommt, ebenfalls eine schlechte Wahl. Eigentlich geht das ja schon beim Orangensaft los. Wer würde schon vier Orangen essen, aber so ein großes Glas Saft ist schnell heruntergekippt? Und wenn wir uns dann einreden können, dass in der pürierten Variante auch noch die gute Schale drin ist, die wir als Kind noch von den Apfelspalten gezupft haben, fühlen wir uns gleich wie bessere Menschen.

Vielleicht liegt das aber auch einfach an dem so wohlklingenden Namen des vermeintlich gesunden Trendgetränks. Das Wort Smoothie soll nämlich erstmals 1904 in einem US-amerikanischen Wörterbuch erschienen sein, so behauptet es zumindest ein großes Lexikon, jedoch mit einer völlig anderen Bedeutung. Damals wurde so eine Person bezeichnet, die entweder sehr redegewandt war oder besonders gute Manieren hatte.

Vielleicht sollten wir uns darauf zurückbesinnen. Weniger Smoothie trinken, mehr Smoothie sein. Gutes Benehmen hat noch immer dem Miteinander genützt – und am Ende rettet das vielleicht sogar noch unsere Welt.

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