Marco Winkler ist langsam verzweifelt. Seit mehr als zwei Jahren sucht er nach einer neuen Wohnung für sich und seine neunjährige Tochter. Die Zahl der Absagen hat er nicht mehr gezählt. Es sind Dutzende.

Die beiden leben auf 35 Quadratmetern in einem sanierungsbedürfigen Altbau auf dem Sandberg. Nachdem Winkler in die Eineinhalb-Zimmer-Wohnung eingezogen war, änderten sich die Lebensumstände seiner Ex-Partnerin, und die gemeinsame Tochter zog zu ihm. Sein neun Quadratmeter großes Schlafzimmer wurde zum Kinderzimmer. Er selbst schiebt jetzt abends im 14 Quadratmeter großen Wohnzimmer den Esstisch zur Seite und zieht sein Klappbett aus.

Fassungslos war er, als er vor wenigen Wochen auf shz.de las, was SBV-Vorstandschef Jürgen Möller sagte: „Flensburg braucht in den kommenden Jahren keinen oder nur wenig neuen Wohnraum.“ Mit seinen eigenen Erfahrungen decke sich das überhaupt nicht, sagt Winkler. Wenn er sich bei Privatvermietern melde, sei die Wohnung meist schon vergeben, kaum dass die entsprechende Annonce erschienen ist.

Bleiben die großen Wohnungsbaugesellschaften wie der SBV. Dort, hat er festgestellt, ist es üblich, vor Vertragsunterzeichung eine Schufa-Auskunft einzuholen. Und die fällt in Winklers Fall negativ aus. Schulden habe er zwar, sagt er. „Aber ich habe niemals Mietschulden gehabt.“

Um welche Art von Schulden es sich handelt, ist für die Vermieter anhand der Schufa-Auskunft jedoch nicht erkennbar. Winkler hat auch ein Schreiben des Jobcenters, das Mietkosten zu übernehmen bereits ist, eine Bescheinigung seines jetzigen Vermieters und eine Bürgschaft von einem Familienmitglied. Alles hat ihm bislang nicht geholfen.

Jan Boie, Schuldnerberater beim Diakonischen Werk, beobachtet, dass es gerade Alleinerziehende und kinderreiche Familien sowie Menschen mit Migrationshintergrund auf dem angespannten Wohnungsmarkt ausgesprochen schwer haben.

Was Marco Winkler und seine Tochter erleben, sei „ein extremes Beispiel, aber mit Sicherheit kein Einzelfall“.

Winkler selbst formuliert seine Erfahrungen drastisch:

„Die Genossenschaften werben mit ausreichend sozialen Wohnungen für jedermann – aber nur auf dem Papier, die Praxis sieht leider anders aus“, meint er.

Der SBV betont, dass grundsätzlich eine Vermietung auch bei negativer Schufa-Auskunft möglich ist. „In der Regel ist eine negative Bonitätsauskunft kein Ausschlusskriterium, wir führen dann individuelle Gespräche mit dem Bewerber, um in der Abwägung zu einer vertretbaren Entscheidung zu kommen“, sagt SBV-Sprecher Mathias Weiß.