Theater

Die Röders schicken „Weihnachtshasen“ in den Ruhestand

Die Röders schicken „Weihnachtshasen“ in den Ruhestand

Die Röders schicken „Weihnachtshasen“ in den Ruhestand

Till Zimmermann/shz.de
Husum
Zuletzt aktualisiert um:
Das Ehepaar Röders mit den Puppen aus dem „Weihnachtshasen“. Foto: Till Zimmermann/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Fast 40 Jahre lang spielte das Fabula-Theater seinen „Weihnachtshasen“ in Husum – im November nun fand die letzte Vorstellung statt. Ein Besuch in der Werkstatt der Puppenbauer Peter und Claudia Röders in Idstedt.

Zehn Kilometer nördlich von Schleswig, unweit der A7, zwischen Kieswerken und dem Idstedter See leben und arbeiten Deutschlands prominenteste Puppenbauer. „Ja, Uli von Bödefeld wohnt hier. Aber nicht als Kuscheltier!“ Claudia Röders beendet das Telefongespräch. „Solche Anfragen kommen häufig.“ „Na, am häufigsten wird wohl Rabe Rudi nachgefragt“, ergänzt Peter Röders. Und die beiden Figuren sind nicht allein. An den schwarzen freiliegenden Balken der umgebauten Scheune baumelt „Bernd das Brot“, riesige, flauschige Monster mit Hörnern und lilafarbenem Fell stehen am hinteren Ende des Raumes.

Am 26. November war die letzte „Weihnachtshasen“-Aufführung

Einer ist nicht zu sehen: der Weihnachtshase. Am 26. November fand die letzte Aufführung statt. „1985-2022“ steht auf dem Passepartout eines gerahmten Veranstaltungsplakats. Der unerfahrene Osterhase begeisterte Generationen Husumer Kinder. Hase Hubert lässt sich vom Raben Alfi überreden, bereits in der Weihnachtszeit Ostereier zu verstecken. Ihre Freunde, Bär Molle, Wurm Gottfried und Maulwurf Eribert schrecken aus dem Winterschlaf hoch, sind gar nicht einverstanden mit dieser Unruhe im Wald.

Kommt einem die Idee dazu beim Blick in den verschneiten Garten? „Nee“, lacht Röders, „beim Blick aufs Konto, da war nix los! Und da es Sommer war, und ich für eine neue Produktion vier bis sechs Monate rechne, musste es eben um Weihnachten gehen.“

Eine besondere Beziehung zu Husum dank der Poppenspäler-Tage

Zu Husum hat Peter Röders damals schon eine besondere Beziehung, als Berater beim geplanten Figurentheater-Festival. 1984 finden die ersten Pole-Poppenspäler-Tage statt. „Und das Publikum hat sich darauf eingelassen, das war bemerkenswert.“

Bereits in den 1960ern arbeitet der ausgebildete Heilpädagoge bei der Therapie behinderter Kinder mit Marionetten. Der Einstieg als Puppenspieler gelingt auf der Puppenbühne der Kieler Nachrichten. „Dort wurde mir alles beigebacht.“ Peter Röders tourt durch die Region, tritt auf Stadtfesten und Jahrmärkten auf. „Spätestens mit der Geburt unseres Sohnes 1997 wurde dieses Tourneetheater immer schwieriger“, erinnert sich Claudia Röders. Also konzentrierten sich die Röders auf den Puppenbau, spielten ihre Stücke in der näheren Umgebung: „Der zweite Advent in Husum war immer gesetzt.“

Von der Idee über das Ton- und Schaumstoff-Modell zur fertigen Figur

„Wenn eine Idee da ist, werden erste Entwürfe aus Ton gefertigt“, erklärt Röders. „Manchmal auch mehrere, wenn man das, was mir vorschwebte, nicht verwirklichen kann“, lacht er. „Aus denen werden Modelle aus Schaumstoff. Und die werden, je nach Auftrag, dann immer größer und größer.“ Etwa vier Wochen braucht es, bis Röders Zebra „Hein Daddel“, das die Fans des THW Kiel animiert, oder die Playmobil-Puppen, die im Freizeitpark der Firma die Kinder willkommen heißen, fertig sind. Oder eben Rabe Rudi aus der Kinderserie „Siebenstein“, seit 1988 im Fernsehen.

Auch viele Stücke der Röders sind solche Dauerbrenner. Sind Themen und Figuren zeitlos? „Man muss den Kindern zuhören. Merken, was sie mögen, auch ohne sie zu sehen.“ Die Geschichte spielt auf knapp zwei Meter Höhe, während die Röders hinter einem Vorhang spielen und sprechen. „In fast 40 Jahren verändern sich natürlich auch die Kinder. Die sind heute einfach früher raus aus der magischen Welt. Anfangs haben wir den Weihnachtshasen vor Grundschülern gespielt, in den letzten Jahren waren es eher die Vier- bis Siebenjährigen“, so Claudia Röders.

Peter Röder spielte sechs Jahre lang den Samson aus der Sesamstraße

Und dann war da ja noch die Sesamstraße. Peter Röders schwitzt sechs Jahre lang in Samsons schwerem Pelz, gibt ihm Charakter, Gesten und Stimme, prägt den Markenzeichen-Ausruf „Uiuiuiuiuiiii“, erfindet mit dem langnasigen und hochnäsigen Uli von Bödefeld die einzige deutsche Figur, die neben den amerikanischen Importen spielen darf und „verdient enorm. Und so ist auch die Idee mit den Seminaren entstanden. Etwas zurückgeben und den Kontakt zur Szene nicht verlieren. Von Stimmfindung bis Techniken des Puppenbaus haben wir alles gemacht.“

Über das Puppentheater hat sich das Ehepaar Röders kennengelernt

Röders lädt internationale Gastdozenten ein, gibt viele Kurse selber. Und lernt seine heutige Frau kennen. „In vier Wochen bist Du wieder da“, sagten die Freunde der damaligen Mitarbeiterin des Frankfurter Puppentheaters, als sie nach Idstedt zieht. „Aber ich bin immer noch hier und finde es toll.“

Peter Röders verlässt kurz den Raum, und plötzlich ruft eine hohe Stimme: „Das ist aber nett, dass uns jemand besucht.“ Der kleine rote Wurm Gottfried kriecht, von Claudia Röders an zwei Stäben bewegt, heran. Mit schnellen fließenden Bewegungen lässt sie ihn sich drehen und winden, in die Höhe schrauben und wieder klein werden.

„Ich spiele gar nicht mehr. Das ist fertig“, sagt Röders knapp. 77 ist er dieses Jahr geworden. „Immer die Arme hoch, das geht nicht mehr. Da gibt‘s auch keine Wehmut. Jetzt habe ich mehr Zeit in der Werkstatt. Und es geht ja weiter.“ Claudia Röders spielt ihr „Winnie will woanders schlafen“ weiterhin. Wieder ein Hase, diesmal einer, der einen Schlafplatz sucht.

Der Weihnachtshase und seine Freunde haben ihren Altersruhesitz schon gefunden. Im Januar ziehen sie ins Pole-Poppenspäler-Museum ins Schloss vor Husum in der König-Friedrich-V.-Allee . Und freuen sich auf Besuch.

Mehr lesen