Schleswig-Holstein

Von der Ernte zur Erfrischung: So wird aus den eigenen Äpfeln der eigene Saft

Von der Ernte zur Erfrischung: So wird aus den eigenen Äpfeln der eigene Saft

So wird aus den eigenen Äpfeln der eigene Saft

Susanne Link/shz.de
Schleswig-Holstein
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Petra Genz säubert vor dem Mostvorgang ihre auf einer Streuobstwiese gepflückten Äpfel. Foto: Susanne Link

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Die ersten Äpfel sind reif, Gärtner ernten nun ihre Früchte – und machen sich auf den Weg zur Mosterei. Hier wird aus Obst in nur wenigen Minuten der eigene Saft.

Entschlossen hebt Petra Genz einen Korb mit Äpfeln aus dem Kofferraum. „Die Bäume waren voll“, sagt sie, greift sogleich nach einem weiteren Korb, der prall gefüllt ist mit den süß-säuerlichen Früchten. Mit einer Freundin hat sie die Äpfel von Bäumen auf einer Streuobstwiese gepflückt. Auf dem Gut Wulksfelde in Tangstedt sollen die knackigen Früchte nun zu einem erfrischenden Saft gepresst werden.

Hier steht an diesem Tag die mobile Mosterei von Ulrich Kubina und Wiebke Blume. Seit rund zehn Jahren sind die beiden in Hamburg und Umgebung unterwegs. „Wir wollten etwas landwirtschaftliches machen, da mein Mann apfelaffin ist, kamen wir auf die Idee mit der mobilen Mosterei.“

Ulrich Kubina ist Geschäftsführer des Pomologen-Vereins in Hamburg, dieser setzt sich unter anderem für den Erhalt alter Obstsorten ein und organisiert mit dem BUND, der Universität Hamburg und dem Kirchenkreis Hamburg-Ost die „Norddeutschen Apfeltage“.

Petra Genz steht mittlerweile am Förderband der Maschine, spritzt mit einem Gartenschlauch ihre Äpfel ab. Danach fallen die Früchte in ein mit Wasser gefüllten Bassin. Dort werden sie kurz gewaschen und anschließend in der Rätzmühle zerkleinert. Danach beginnt mit dem Pressen des Obstes der eigentliche Mostvorgang.

Der Trester, die ausgepresste Maische, bleibt zurück, kann kompostiert oder auch an Schweine, Kühe oder Schafe verfüttert werden. Der frisch gepresste Saft wird auf 78 Grad erhitzt, dadurch wird er länger haltbar. Zum Schluss wird der trinkfertige Saft in Tüten abgefüllt. „Ungeöffnet ist der Apfelsaft mindestens ein Jahr haltbar“, sagt Blume.

Ein Seestermüher Zitronenapfel steht bei Tobias und Gesa Haas in ihrem Garten an der Elbchaussee. Jedes Jahr lassen sie die Früchte ihres Baumes zu Saft pressen. „Ist ‘n tolle Sache“, sagt Tobias Haas, der dabei zuschaut, wie ein gefüllter Beutel nach dem nächsten in Pappkartons verpackt wird. „30 bis 40 Liter werden es wahrscheinlich“, schätzt er.

Wiebke Blume reicht eine Kostprobe. Wie der Duft an einem sonnigen Tag auf einer Wiese mit Apfelbäumen schmeckt der Saft des Seestermüher Zitronenapfels. Leicht säuerlich, aber durchaus frisch. „Am besten wird der Saft, wenn er aus verschiedenen Apfel- oder Fruchtsorten gepresst wird. Sortenreiner Saft hat oft zu wenig Tiefe“, sagt Blume.

Apfelsorten, die sich für die Saftproduktion eignen

Der Finkenwerder Herbstprinz, ein Cox Orange oder Boskoop seien zu empfehlen, aber auch eine Mischung mit Birnen, Quitten oder Zitronen. „Geschmäcker sind natürlich verschieden“, sagt Kubina, der zudem die Sorten Rotfranch und Martini, auch bekannt als Großherzogs Liebling, empfiehlt. Letzteren hat der Apfel-Experte selbst im Garten stehen. „Alle Sorten mit einer rauen Schale haben ein besonderes Aroma.“

Ob Streuobst-Apfel oder Danziger Kant – das ist dem sechsjährigen Bennet Brandt einerlei. Für ihn ist das Saftpressen vor allem eines: ein Erlebnis. Ein ziemlich lautes. Es plätschert, rattert und rumpelt. Der Sechsjährige schaut mit seiner Schwester Emilia (4), Mutter Hjördis und Bruder Luca (1) zu, wie Vater Björn die Äpfel auf das Transportband schüttet und sie dann in der Maschine verschwinden. Er hält sich die Ohren zu. Am Tag zuvor sind Vater und Sohn nach der Schule gemeinsam zu Freunden gefahren, bei denen Apfelbäume im Garten stehen.

„Wir haben eine Plastikplane ausgelegt, danach bin ich mit dem Lütten ich den Baum gekrabbelt und wir haben kräftig geschüttelt“, sagt Björn Brandt. Genau so empfiehlt Ulrich Kubina die Apfelernte. „Die Äpfel müssen reif sein, sonst schmeckt’s nicht. Aber kein Fallobst. Die Sachen, die da drin sind, will man im Boden haben, aber nicht im Saft“, sagt der Experte, der ergänzt: „Je reifer ein Apfel ist, desto weniger Saft gibt es.“ Wer nicht am Baum schütteln möchte, kann die Früchte auch pflücken. „Der Apfel muss sich bereits mt einer leichten Drehung vom Ast lösen“, sagt Blume.

Hier wird aus dem eigenen Obst der eigene Saft

Die mobile Mosterei ist im September, Oktober und November in Hamburg, den Kreisen Pinneberg, Stormarn, Herzogtum Lauenburg, Plön, Harburg und Lüneburg unterwegs. Den eigenen Saft pressen kann man aber auch auf dem Hof Jørlon in Osterby (Rendsburg-Eckernförde), auf dem Wochenmarkt in Sörup (Schleswig-Flensburg) und an mehreren Standorten in Lübeck. Wer eine stationäre oder mobile Mosterei in seiner Nähe sucht, wird auf der Internetseite des Naturschutzbundes (Nabu) fündig. Der Verein listet diverse Anbieter auf, die Saft aus eigenem Obst herstellen.

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