Hans Heinrich Hansen

„Besser kann es nicht werden“

„Besser kann es nicht werden“

„Besser kann es nicht werden“

Cluj/Klausenburg
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Emotionaler Moment: Hans Heinrich Hansen spricht am Schloss Bánffy zu den FUEN-Delegierten. Foto: Cornelius von Tiedemann

Das Minority SafePack soll den Minderheiten in der EU eine Rechtsgrundlage geben. Hans Heinrich Hansen ist der Motor hinter dem Projekt gewesen, das die Lage der Minderheiten in Europa für immer verändern und der EU zu mehr Bürgernähe verhelfen könnte. Im Nordschleswiger blickt er nach vorne – und berichtet im Blick zurück, was ihn angetrieben hat.

Blauer Himmel, Sonnenschein, die Jazzband spielt die Ode an die Freude und vor der Kulisse der Ruine des Bánffy-Schlosses mitten in Siebenbürgen sind alle Blicke auf ihn gerichtet – Hans Heinrich Hansen. Der langjährige Präsident der Föderativen Union Europäischer Nationalitäten war überrascht – und gerührt, dass er die Feierlichkeiten zum Kickstart der Minority SafePack-Initiative einleiten sollte.

Hansen bezeichnete es als etwas Besonderes, dass er als deutscher Nordschleswiger für Minderheiten habe kämpfen können, denen es weniger gut ergeht als jenen im dänisch-deutschen Grenzland. „Für mich ist es wichtig gewesen, die Solidarität mit den anderen zu zeigen, weil ich in einer Zeit aufgewachsen bin, in der es nicht leicht war, Deutscher in Nordschleswig zu sein. Dieses Gefühl der Nichtachtung, um nicht zu sagen der Diskriminierung, das ist für mich entscheidend gewesen, zu sagen, wenn es andere gibt, die es ähnlich haben, dann müssen wir ihnen helfen“, so Hansen im Gespräch mit dem Nordschleswiger.

Symbolische Unterschrift: Hans Heinrich Hansen signiert eine Europa-Karte. Foto: Cornelius von Tiedemann
Hans Heinrich Hansen

Hans Heinrich Hansen

Hans Heinrich Hansen  wurde am 26. Juni 1938 in Hadersleben in Nordschleswig geboren. Er ist Tierarzt und war Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV). Er war außerdem langjähriger Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger.

Seine Rede zu 75 Jahren Zugehörigkeit zu Dänemark 1995 gilt als bahnbrechend. 1998 empfing er Bundespräsident Roman Herzog und Königin Margrethe II., 2001 Bundespräsident Johannes Rau, 2004 gründete er das Dialogforum Norden mit, mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Staatsminister Anders Fogh Rasmussen feierte er 2005 50 Jahre Bonn-Kopenhagener Erklärungen.

1993 bis 2006 war er Hauptvorsitzender der deutschen Minderheit. 2007 bis 2016 war er Präsident der FUEN. Hansen lebt in Ekensund. Er trägt das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, den Dannebrogorden, das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und ist 2016 zum Ehrenprofessor des Landes Schleswig-Holstein ernannt worden.

Als Deutscher war es für Hansen nicht leicht, internationale Anerkennung zu bekommen

„Minderheiten leiden entweder unter Minderwertigkeitskomplexen und sie werden sehr leicht nabelbeschauend. Oder sie haben eine Wagenburgmentalität und verbarrikadieren sich gegen den Assimilationsdruck. Und wir hatten den Durchbruch irgendwie geschafft, fand ich“, so Hansen zu seinem Entschluss, 1994 in den FUEN-Vorstand einzutreten und sich auf europäischer Ebene für die Minderheiten zu engagieren.

Hansen, der vier Schwestern hat, ist als einziger in Nordschleswig geblieben, die anderen sind nach Deutschland umgesiedelt, „haben dem Druck nicht standgehalten“, berichtet der ehemalige Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger. Daraus, und auch aus internationalen Erfahrungen, wo es schwer war, sich als engagierter Angehöriger einer deutschen Minderheit Anerkennung zu verschaffen, habe er geschlossen, dass das Wichtigste, was den Minderheiten zu vermitteln sei, Selbstbewusstsein ist. „Steht dazu, ihr seid etwas“, sagt Hansen, der 1995 mit seiner Rede beim Gedenken an 75 Jahre Zugehörigkeit zu Dänemark in Düppel selbst einen Wendepunkt in der Wahrnehmung der deutschen Minderheit in Dänemark herbeigeführt hat.

„Guck’ dich mal in Europa um, wer sonst noch solche Verhältnisse hat“

„Bei uns haben wir alles erreicht, ich wüsste nicht, was wir noch mehr haben könnten bei uns – von den zweisprachigen Ortsschildern mal abgesehen. Menschlich können wir alles bieten, vom Kindergarten bis zur Bibliothek. Aber guck’ dich mal in Europa um, wer sonst noch solche Verhältnisse hat“, sagt Hansen. „Da kannst du natürlich die Achseln zucken. Oder du kannst sagen, und das entspricht meiner Sozialisierung, ‘da muss man weiter machen‘.“

Mit der Minority SafePack-Initiative, die Hansen als Vorsitzender des Bürgerkomitees maßgeblich vorangebracht hat, hat er weiter gemacht. Und nun, auf einem Schlosshof in Siebenbürgen, schließt sich für den Tierarzt aus Nordschleswig ein Kreis, als symbolisch auf einer Europakarte alle FUEN-Delegierten ihre Unterschrift für die Petition zur Verankerung der Minderheitenrechte in der EU leisten.

Genugtuung über das Erreichte – entspannter Blick nach vorne

„Das war schon ein großer Tag, auch emotional“, sagt Hansen. Nur zu gut erinnert er sich noch an die Worte des Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, dass das mit der Minority Safepack-Initiative nichts werde. Und dann an den 4. April 2017, als er mit „Genugtuung“ den Brief Timmermans in den Händen hielt, in dem er mitteilte, dass die Kommission die Initiative genehmigen würde.

Wie geht es jetzt mit Hans Heinrich Hansen weiter? Alle Ziele sind erreicht, oder? „Es schwimmt noch alles. Ich finde, ich habe erreicht, was ich erreichen konnte und könnte damit zufrieden sein und bin es auch“, sagt er. Noch ist er Vorsitzender des Bürgerkomitees für das Minority SafePack. Doch das hat seine ursprüngliche Aufgabe erfüllt. Die Frage ist nun, ob das Kommitee die Umsetzung nun weiter begleiten wird – oder nicht. Auf dem FUEN-Kongress in Klausenburg gab es dazu noch keine Entscheidung. „Persönlich würde ich sagen, dass es politisch klug wäre, das Bürgerkomitee weiter auszunutzen, weil alle, die ihm angehören, riesige Netzwerke haben. Aber ich reiße mich nicht mehr drum, denn besser kann es nicht werden.“

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