Minderheiten in Europa

FUEN-Vorsitzender: „Wir müssen auf die Straße“

FUEN-Vorsitzender: „Wir müssen auf die Straße“

FUEN-Vorsitzender: „Wir müssen auf die Straße“

Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Loránt Vincze und Dieter Küssner von der FUEN im Gespräch mit den Chefredakteuren Jørgen Møllekær von Flensborg Avis und Gwyn Nissen vom Nordschleswiger. Foto: FUEN

Bis zum 3. April 2018 müssen Minderheiten in Europa eine Million Unterschriften für die Minority-SafePack-Initiative sammeln. Es geht um mehr Rechte für Minderheiten in Europa.

Die Petition

Link zur Stimmabgabe

Die Arbeit der Minderheiten in Europa, eine Million Unterschriften für die Initiative „Minority  SafePack“ zu sammeln, hat begonnen. Überall wird  in diesen Wochen für die Initiative, die Minderheitenfragen auf die EU-Agenda setzen soll,  geworben, und der Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, FUEN,   Loránt Vincze  von der ungarischen Minderheit in Rumänien, freut sich, dass auch privilegierte Minderheiten, denen es gut geht –, darunter die Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland –  die Initiative unterstützen.

„Warum sind Minderheitenrechte zum Beispiel für die Südtiroler wichtig? Darauf haben sie mir eine klare Antwort gegeben: Uns geht es heute gut, aber wie geht es uns morgen oder in zehn Jahren? Wir kennen die Entwicklung nicht, und daher brauchen wir diesen Schutz“, erklärt Loránt Vincze in einem Gespräch mit den Grenzlandmedien.

„Wir sind gut in der Zeit“

Die FUEN ist unter anderem im deutsch-dänischen Grenzland dafür kritisiert worden, dass die Kampagne nicht gleich  gestartet wurde, nachdem die EU-Kommission am 2. April 2017 die Initiative registriert hatte. Denn von dem Zeitpunkt an tickt die Uhr für die FUEN, die genau ein Jahr hat, um eine Million Unterschriften zu sammeln. Die Kampagne ist also erst nach fünf Monaten Anlaufzeit im September gestartet worden.

„Es war vorher nicht möglich, und wir haben dem FUEN-Kongress im Mai auch unseren Fahrplan vorgelegt. Wir sind gut in der Zeit“, beruhigt Loránt  Vincze. „Wir mussten die Kampagne zurechtlegen und uns fehlte zunächst auch die finanzielle Unterstützung für das Vorhaben. Das Geld ist seit einigen Woche  jetzt auf unserem Konto, und wir haben die Zeit seit dem Kongress genutzt, das Team zu bilden und die Kampagne auf die Beine zu stellen.“

Es seien daher keine fünf Monate verschwendet worden, meint Vincze. Man habe die Zeit genutzt. Außerdem könne eine Kampagne nicht über ein ganzes Jahr laufen.

Intensive Kampagne

„Politische Kampagnen können zwei Monate auf Hochtouren laufen – länger nicht. Keine Organisation kann eine Kampagne von September bis März durchführen. Dafür haben wir gar nicht die Mannschaft. Daher läuft die Hauptkampagne bis Dezember“, erklärt  Vincze. Bis dahin geht die FUEN davon aus, dass mindestens Dreiviertel der erforderlichen Stimmen gesammelt worden sind.

Danach sieht es aber auf der Online-Übersicht über die bisher gesammelten Unterschriften nicht aus?

„Das Problem  ist, dass dort nur Online-Unterschriften registriert werden und nicht zum Beispiel die 20.000 Stimmen, die wir am Wochenende in Transsilvanien gesammelt haben. Die Übersicht im Netz zeigt nicht den realen Zustand und – gebe ich zu – ist nicht besonders motivierend. Daher überlegen wir, die Gesamtzahlen zu zeigen aus sowohl online als auch physisch gesammelten Unterschriften“, erklärt der FUEN-Präsident.

Aber es ist dennoch eine große Aufgabe für die FUEN?

„Es ist ja nicht die FUEN, die die Unterschriften sammelt. Es sind die Minderheiten, und die regeln auch ihre eigenen Kampagnen. Bei uns in Transsilvanien werden wir bis 11. Dezember 250.000 Unterschriften sammeln. In Polen hat die VDG jeder ihrer Organisationen und Verbände eine Mindestzahl an Unterschriften auferlegt. In Ungarn sollen 400.000 Unterschriften gesammelt werden, in der Slowakei 50.000 bis 60.000. Überall laufen die Kampagnen jetzt an, wobei wir allerdings gezielt auf bestimmte Regionen setzen. Teils weil wir nicht den gleichen Fokus auf 24 Länder haben können, teils weil wir in den Fokusregionen die Mengen an Unterschriften bekommen können, und schließlich, weil wir dort starke Organisationen vor Ort haben, die die Aufgabe meistern können“, sagt  Vincze.

Maßgeschneidert

Jede Minderheit hat ihre eigene Kampagne, die auf die augenblickliche Lage und auf die Region, in der sie lebt, maßgeschneidert ist. „Dadurch sichern wir uns zunächst bis Dezember mindestens 750.000 Unterschriften, und die restlichen bekommen wir von den vielen anderen Minderheiten in Europa. Außerdem können wir im neuen Jahr noch reagieren, falls uns Unterschriften fehlen“, sagt Vincze. „Aber wir müssen auf die Straße – wir müssen auf die Leute zugehen. Anzeigenkampagnen, Facebook und Veranstaltungen reichen nicht aus, um die Million Unterschriften zu erreichen.“

 

Foto: MSPI

Die Minority-SafePack-Initiative

Die europaweite Initiative  fordert die EU-Kommission auf, den Schutz für Angehörige nationaler Minderheiten und Sprachminderheiten zu verbessern sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union zu stärken. Dafür soll die Union Maßnahmen in den Bereichen Regional- und Minderheitensprachen, Bildung und Kultur, Regionalpolitik, Partizipation, Gleichheit, audiovisuelle Mediendienste und andere mediale Inhalte sowie regionale (staatliche) Förderungen erfassen. Das Ziel der Bürgerinitiative ist also, dass die Europäische Union sich in Zukunft stärker mit Minderheitenthemen befassen soll.

Die Kampagne

Um mit der Initiative bei der EU-Kommission durchzukommen, benötigt die FUEN eine Million Unterschriften. Den Organisatoren bleibt noch bis April 2018  Zeit, um die erforderliche Zahl von einer Million Unterschriften zu sammeln.  Es gibt außerdem einen Länderschlüssel, der den einzelnen Ländern Vorgaben macht – neben der Million Unterschriften muss die Mindestzahl an Unterschriften in mindestens sieben Ländern erreicht werden. Zum Beispiel: Deutschland braucht mindestens 72.000 Unterschriften, Frankreich  55.500, Schweden 15.000, Polen braucht mindestens 38.250 Unterschriften, und aus Dänemark  benötigt  man ganz genau 9.750 Unterschriften, damit die Schwelle erreicht wird. Im Anschluss wird sich die EU-Kommission inhaltlich mit der Initiative befassen

Die FUEN
 •  ist mit über 90 Mitgliedsorganisationen in 33 europäischen Ländern der größte Dachverband der autochthonen, nationalen Minderheiten/Volksgruppen in Europa
•  wurde 1949 – im selben Jahr wie der Europarat – in Paris gegründet
• vertritt die Interessen der europäischen Minderheiten auf regionaler, nationaler und insbesondere auf europäischer Ebene
• setzt sich ein für die Erhaltung und Förderung der Identität, Sprache, Kultur, Rechte und Eigenart der europäischen Minderheiten

Mehr zum Thema: Minderheiten-Initiative vor Herausforderung: „Rund 10.000 Stimmen sind unsere Aufgabe“

Mehr lesen

Minderheiten in Europa

EU-Experte: „Das Minority Safepack ist kein Stück Butter mit kurzem Verfallsdatum“

Triest/Trieste/Trst Während Frankreichs korsische Bevölkerung Autonomie erhält, kämpfen LGTBIQ-Gemeinschaften in Ungarn gegen diskriminierende Gesetze. Der EU-Jurist Gabriel Toggenburg erklärt im Gespräch mit Bojan Brezigar von der slowenischen Tageszeitung „Primorski Dnevnik“ aus Triest (Italien), wie Initiativen wie „Minority Safepack“ und EU-Rechtsprechungen für ein gerechteres Europa sorgen könnten.

Gabriel N. Toggenburg

VOICES - MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„30 Jahre nach dem Genozid: Ruanda als europäisches ,Asylzentrum'?“

VOICES - MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„„Frau, Leben, Freiheit“: Terrorstaat Iran“