Ruhestand

Lange Ära im Klassenzimmer klingt aus

Lange Ära im Klassenzimmer klingt aus

Lange Ära im Klassenzimmer klingt aus

Lügumkloster/Løgumkloster
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Veronika Bjørn und Vorschülerin Ida Meyhoff Rahr (l.). Für Vertretungen steht sie weiterhin zur Verfügung. Foto: Elise Rahbek

Die stellvertretende Schulleiterin und Sonderschullehrerin Veronika Bjørn wechselt in den Ruhestand. Sie hat auch ihre fünf Kinder und ihren Bruder unterrichtet.

 „Jetzt allmählich ist es ein gutes Gefühl“, meint Lehrerin Veronika Bjørn an der Schwelle zum Ruhestand. Als sie im vergangenen Herbst den Antrag auf Pensionierung stellte, schien es ihr noch in weiter Ferne zu liegen.  Nun ist es plötzlich so weit. Der Wunsch, Lehrerin zu werden, reifte schon in ihr, als sie als junges Mädchen in Hoyer die Schulbank drückte.  Diese Berufswahl entpuppte sich auch rückblickend Jahrzehnte später als genau die richtige. Ihr war schon frühzeitig klar, dass sie nicht als „alte Lehrerin“ weitermachen wollte. Von eigenen Erfahrungen aus ihrer Schulzeit belehrt, sagt sie: „Ich  habe immer gedacht: Das muss man später den Kindern nicht antun.“

Nach Vertretungen in Buhrkall, Jeising, Sonderburg und Uk  wurde Veronika Bjørn im August 1979 an der Deutschen Schule Hoyer fest angestellt. Dabei hatte die gebürtige Hoyeranerin mit Wohnort Rinkenis  dem damaligen Schulrat Peter Sönnichsen gesagt, dass sie nicht nach Hoyer wollte, da es auch im Umfeld ihres Wohnorts viele schöne Schulen gab. „Das erste halbe Jahr bin ich jeden Tag von Rinkenis nach Hoyer gefahren“, erinnert sich Veronika Bjørn,  früher verheiratete Jessen , die sich in Flensburg ausbilden lies.

In Hoyer hatte sie bis 2011 ihren Wirkungsbereich. „Das war hart“, meint sie mit Blick auf die  Schulschließung. „Ich bin froh, dass ich hierher gekommen bin“, so  Veronika Bjørn. Die  Deutsche Schule Lügumkloster, wo sie stellvertretende Schulleiterin gewesen ist,  war nach der Ära in Hoyer ihre Wunschkandidatin. Während ihrer Zeit in Hoyer hatten alle fünf Kinder der Familie ihre Mutter als Lehrerin. „Sie durften aber auch in der Schule Mama sagen“. Gleiches galt für die Kinder ihres Bruders Dieters, die während der Woche morgens  bei der Familie Bjørn-Jessen waren und sie wie ihre Vettern und Cousinen auch „Mama“ titulierten. „Obgleich mein Bruder sie darauf vorbereitet hatte, dass sie in der Schule Frau Jessen sagen mussten. Ich habe immer versucht, gerecht zu sein.“

Besagter Bruder,  der zehneinhalb Jahre jünger ist, saß ihr auch als Schüler gegenüber, als sie an der Ludwig-Andresen-Schule Hauswirtschaft unterrichtete. „Der  Dödel hat bei der allerersten Prüfung, die nicht mit einem  Zensor  durchgeführt wurde,  aus Pellkartoffeln  Kartoffelmus gemacht. Das schmiere ich ihm noch oft aufs Brot“,  erklärt sie lachend in Erinnerung  an das nur wenig fluffige Ergebnis.  Er musste sie auch nicht mit „Frau Jessen“ anreden.  

Frühere Lehrer als Kollegen

„Es war  schon  komisch, dass meine ehemaligen Lehrer nun meine Kollegen waren“, sagt sie in Gedanken an ihre Zeit als  Hauswirtschaftslehrerin an der LAS von 1979 bis 1999.  Neuen  Herausforderungen stellte sie sich  auf eigenen Wunsch in den Jahren 1999 bis 2003 mit der dänischen Ausbildung zum „Speciallærer“ mit den zwei Fachbereichen „Schüler mit schweren Lese- und Schreibschwächen“ und „Schüler mit sozioemotionalen Schwierigkeiten“.  „Die Schwächeren lagen mir immer am meisten am Herzen. Man kann viel tun, wenn man unterstützt und aufmuntert. Mittlerweile ist es fast soweit, dass man aufpassen muss, die leistungsstarken Schüler nicht außer Acht zu lassen. Sie können auch Förderunterricht bekommen, damit man ihnen gerecht wird“, so Veronika Bjørn, die seit  2004 im Schulpsychologischen Dienst des DSSV tätig ist. In dieser Position, die ihr auch Spaß gemacht hat,  war sie an zwei Tagen der Woche in ganz Nordschleswig bei den deutschen Schulen auf Achse.

Bei Schülerarbeiten setzt sie lieber  auf persönliche Anmerkungen als auf  Zensuren. „Sonst gibt es einige, die kommen nie in den akzeptablen Bereich. Im Zeugnis muss natürlich eine Zensur stehen. Es ist aber wichtig, dass die Kinder den Mut und die Lust nicht verlieren. Sonst haben sie keine Motivation. Wichtig ist, ihnen zu zeigen, dass es in kleinen Schritten vorangehen kann“, erklärt die Lehrerin,  die vor zwei Jahren ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feierte. Im elektronischen Bereich erwähnt sie die Einführung der  IT-Rucksäcke. „Immer mehr Schüler nehmen diese in Gebrauch. Eltern und Lehrer sind dahingehend auch offener geworden“.

Die Zeit ohne Stundenplan

Sie ist nicht die einzige, die erwartungsvoll auf  eine Zeit ohne festen Stundenplan blickt. „Meine Kinder freuen sich schon“, so die siebenfache Oma. Sechs der Enkel im Alter von 1 bis 10 Jahren wohnen in Tondern. „Ich will erst mal ein paar Monate nichts tun. Ich möchte gerne mehr lesen und mehr handarbeiten. Und auch mehr Zeit mit den Kindern verbringen, die etwas weiter weg wohnen. Während  Jesper, Marit und Rasmus in Tondern und Umgebung wohnen, lebt Steffen in Oslo und Esther in Varde.

„Sonst lasse ich es auf mich zukommen“, kündigt sie mit Blick auf das  neue,  noch unbeschriebene Kapitel in ihrem Leben an. Veronika Bjørn hat sich stets mit Feuereifer ehrenamtlich eingesetzt. Das ehrenamtliche Engagement und  dass man zu seiner Haltung steht wurde ihr quasi von ihrer Mutter Else und  ihrem verstorbenen Vater Jes in die Wiege gelegt. „Ich habe versucht, es auch an meine Kinder weiterzugeben“, so die in Emmelsbüll wohnende, frisch gebackene Ruheständlerin. „Ich finde, man ist es seinen Kindern schuldig,  sich für ihre Belange einzusetzen“, erklärt Veronika Bjørn,  die nach Abgabe des langjährigen Vorsitzes im DSSV-Kindergartenausschuss nur noch das Amt als Kirchenvertreterin innehat.  Langeweile wird bei ihr sicher auch ohne Klingelzeichen nicht aufkommen.

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