Deutsche Minderheit

Die digitale Zukunft des Nordschleswigers: Fragen und Antworten

Die digitale Zukunft des Nordschleswigers: Fragen und Antworten

Die digitale Zukunft des Nordschleswigers: Fragen und Antworten

gn, cvt
Apenrade/Aabenraa
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Foto: DN

Viele Menschen informieren sich heute im Netz. Für den Nordschleswiger bedeutet dies: Der Wechsel von der gedruckten Zeitung zur digitalen Ausgabe kommt. Wie dieser Wechsel aussehen soll, darüber können die Nordschleswiger selbst bestimmen. Die Chefredaktion beantwortet nachfolgend die wichtigsten Fragen.

1. Warum wird jetzt über die Zukunft des Nordschleswigers diskutiert?

Der Bund Deutscher Nordschleswiger bezuschusst den Nordschleswiger jährlich mit 18 Millionen Kronen. Die Ausgaben steigen in den kommenden Jahren weiter, während die Auflage der Papierzeitung um fast 100 Abonnenten im  Jahr fällt. Mit der Papierzeitung erreicht der BDN nicht mehr genügend Interessierte und Mitglieder.

2. Warum können wir die Papierzeitung nicht retten, wenn mehr Menschen ein Abo bestellen?

Jeder Leser kostet den Nordschleswiger derzeit viel Geld. Der Vertrieb der Papierzeitung und ihr Druck, die Herstellung der Druckvorlage – all dies ist äußerst kostenintensiv. Die Einnahmen durch ein Abonnement und Anzeigenkunden decken diese Kosten schon längst nicht mehr. Größere Verlage, die auch zu kämpfen haben, haben durch die schiere Masse an Auflage hier deutliche Kostenvorteile. Wir müssten den Verkauf verdoppeln und auch den Preis für das Abo. Das ist einfach  unrealistisch.

3. Welche Optionen gibt es denn für die Zukunft des Nordschleswigers?

  • Option 1:  Papierzeitung einstellen, nur noch ein Online-Auftritt mit kostenlosem Zugang für alle. Dies ist die kostengünstigste Variante.
  • Option 2: Papierzeitung einstellen, weiterhin eine E-Zeitung anbieten und den Online-Auftritt. Das digitale Angebot wäre kostenlos für alle. Diese Variante wäre  mit mehr Kostenaufwand verbunden als Option 1.
  • Option 3: Aus der Papierzeitung wird ein kostenloses Wochenend- oder Monatsmagazin, verteilt an 4.000 bis 5.000 Haushalte (Minderheit, Behörden, Institutionen usw.), zusätzlich zum kostenlosen Online-Angebot. Diese Variante wäre die kostenintensivste.  

4. Was ist mit den Lesern, die nicht die technischen Voraussetzungen für den Umstieg haben?

Sowohl was a) die Kenntnisse im Umgang mit digitalen Medien und b) die technischen Grundlagen, also die Geräte und die Internetanbindung angeht, wollen wir gemeinsam mit dem BDN, mit dem Sozialdienst und der Nordschleswigschen Gemeinde Lösungen finden und anbieten. Wir wollen unseren Lesern aktiv dabei helfen, auch in Zukunft ihre Nachrichten und Geschichten vom Nordschleswiger Tag für Tag zu bekommen. Wir glauben fest daran, dass wir gemeinsam für die meisten gute Lösungen finden, haben schon viele Ideen, freuen uns aber auch über Vorschläge, Fragen, Anregungen. Übrigens: Das Folketing hat jüngst einhellig das Ziel ausgerufen, bis 2020 sämtliche Haushalte und Unternehmen in Dänemark mit schnellem Breitband-Internet zu versorgen!

5. Was ist der Unterschied zwischen E-Zeitung und Online-Auftritt?

Die E-Zeitung (vielfach auch e-Paper genannt) ist eine 1:1 Wiedergabe der Papierzeitung in digitaler Form. In der E-Zeitung lässt es sich am Bildschirm, am Tablet (z. B. I-Pad) oder am Smartphone blättern. Im Gegensatz zur Papierzeitung lassen sich einzelne Elemente auswählen und vergrößert darstellen, zum Beispiel Fotos oder Texte. Man könnte sich die E-Zeitung also theoretisch ausdrucken und hätte eine genaue Kopie der Originalzeitung.

Der Online-Auftritt des Nordschleswigers ist ein wesentlich dynamischeres Medium. Anders als Zeitung und E-Zeitung wird der Online-Auftritt ständig aktualisiert. Hier werden auch nachrichtliche Videos aus Nordschleswig gezeigt, interaktive Informationsgrafiken oder Umfragen angeboten, hier sind unsere Radionachrichten zu hören.

Der Online-Auftritt ist anders aufgebaut als eine Zeitung, folgt den Lesegewohnheiten von Online-Nutzern. Doch die Struktur ist einfach und schnell zu verinnerlichen. Die E-Zeitung ist auf unserem Online-Auftritt und in der App zu finden, ist also ein Teil des umfangreichen Angebotes. Ob das nach Ende der Papierzeitung immer noch der Fall sein wird, ist eine der Entscheidungen, die der Bund Deutscher Nordschleswiger in den kommenden Monaten noch treffen muss.

 

6. Was kann der Online-Auftritt, was die Zeitung nicht kann?

Natürlich kann der Online-Auftritt eine Papierzeitung nie 1:1 ersetzen. Es ist einfach ein anderes Medium. Aber eines, das eben auch viele Vorzüge hat. Viele davon wurden hier schon angesprochen. Ein Punkt ist die Mobilität – online sind wir in weiten Teilen der Welt erreichbar. Online erscheinen wir auch an Feiertagen. Wir können alle möglichen Techniken nutzen, um Inhalte zu vermitteln – vom Video über interaktive Grafiken und Landkarten  bis hin zu umfangreichen Bildergalerien.

Wo die Papierzeitung ihre Grenzen hat, fangen die Möglichkeiten im Internet und in der Nordschleswiger-App erst an. Das gilt auch für die Interaktion mit den Lesern. Beiträge können umgehend mit Freunden und Familie geteilt werden, ob per E-Mail oder in sozialen Netzwerken. Sie können kommentiert – und zu Dokumentationszwecken natürlich auch ausgedruckt werden.

7. Wird es im Internet noch grossangelegte, seitenfüllende Hintergrundbeiträge geben?

Wir werden weiterhin und vermehrt auf hintergründige Berichterstattung setzen. Die technischen Möglichkeiten, längere Beiträge besonders informativ und anregend zu gestalten, sind digital fast unbegrenzt. Unsere Strategie ist es, mehr Journalismus zu machen und weniger Nachrichtenverwaltung zu betreiben. Das Erzählen und Vermitteln von Geschichten ist ein zentraler Schwerpunkt unserer redaktionellen Strategie. Es wird also nicht weniger ausführlichen Journalismus geben, sondern mehr.

8. Verfügt die Zeitung nicht über mehr Lesestoff, zum Beispiel die kleinen Meldungen aus den Lokalredaktionen?

Sobald die Redaktionsstrategie umgesetzt ist, werden alle Meldungen, die bisher in der Zeitung erscheinen, auch online erscheinen. Da es keine Einschränkungen durch das Papierformat mehr gibt, wird es wahrscheinlich nach der Umstellung sogar mehr Meldungen und Termine aus dem direkten Umfeld der Leserinnen und Leser geben als vorher. Und dies übersichtlich aufbereitet. Wir haben heute schon ein Dänemark-Kompakt-Angebot auf unserer Webseite. Dies wird es in ähnlicher Form auch für die Lokalredaktionen geben.

9. Werden mir Online/im Internet die vielen Inhalte aus Deutschland, vor allem auch aus Südschleswig, fehlen?

Wir arbeiten gerade daran, dass wir in Zukunft auch online viel Stoff aus Deutschland, Norddeutschland und speziell auch aus Südschleswig anbieten können.

10. Wie ist es  mit der Übersicht, finde ich denn meine Themen, meine Lokalnachrichten zum Beispiel so einfach wie in der Zeitung?

Der Online-Auftritt funktioniert im Prinzip ganz ähnlich wie eine Zeitung. Wenn ich zum Beispiel die Tingleff-Seite lesen möchte, blättere ich in der Zeitung bis zu der entsprechenden Seite vor. Wenn ich auf der Internetseite den Tingleff-Stoff lesen möchte, wähle ich im Menü den Punkt „Tingleff“ – und schon habe ich sämtliche Nachrichten und Berichte aus Tingleff übersichtlich vor mir.

In meinem Browser kann ich mir, wenn mich vor allem Tingleff interessiert, ein Lesezeichen setzen und somit jederzeit sofortigen Zugriff haben. Unterhalb jedes Artikels, den ich lese, werden mir online weitere Artikel direkt angeboten – aus dem Themenbereich des just gelesenen Artikels, aber auch zur Abwechslung Artikel aus anderen Themenfeldern.

Außerdem gibt es auf der Internetseite natürlich noch die Suchfunktion, mit der ich schnellen Zugriff genau auf den Artikel bekomme, den ich mit einigen Stichwörtern suche.

 

11. Was ist mit Familiennachrichten und Leserbriefen?

Auch dafür wird online Platz sein – und auch hier gilt: Die Begrenzungen der Zeitung fallen weg – für Übersichtlichkeit werden wir aber weiterhin sorgen.

 

 

12. In der Zeitung kann ich alles in beliebiger Reihenfolge lesen. Ist das online auch so?

Auch beim Online-Auftritt gibt es keine festgelegte Reihenfolge. Ich kann beliebig zwischen Artikeln und Ressorts hin- und herspringen und habe, im Gegensatz zur Papierzeitung, nicht nur die Artikel des heutigen Tages immer „griffbereit“ – sondern die Artikel von Tagen, Wochen, Monaten und Jahren in Windeseile vor mir, wenn ich dies wünsche.
 

 

13. Wann wird denn nun die letzte Papierzeitung erscheinen?

Das liegt nicht ganz in Händen der Zeitung, sondern beim Herausgeber, dem BDN und seinen Mitgliedern. Wir bereiten uns redaktionell und technisch auf mehrere mögliche Szenarien vor, und mit unserer neuen redaktionellen Strategie sind wir gut vorbereitet. Doch für unsere Leser und unsere Mitarbeiter wünschen wir uns natürlich schnellstmögliche Klarheit, welche Option umgesetzt wird – und tun alles dafür, eine solide  Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

 

 

14. Werden wir denn wirklich mehr und auch jüngere Leser erreichen, wenn wir auf die Online-Ausgabe setzen?

Es gibt keine Garantien. Doch die Zahlen zeigen uns, dass wir, seit wir unser Online-Engagement intensiviert haben, mit den Geschichten aus und über Nordschleswig und die deutsche Minderheit deutlich mehr und auch viele jüngere Menschen erreichen als früher. Auch viele „Exil-Nordschleswiger“ lesen uns gerne online.

In Zukunft wollen wir uns inhaltlich noch stärker mit der Identität der Minderheit und mit aktuellem und hintergründigem Stoff aus der Region befassen – um eben nicht im „Einheitsbrei“ der Online-Massenmedien unterzugehen. Wir wollen als qualitatives, lokales, regionales und vor allem glaubwürdiges Medium herausstechen – mit selbst recherchierten Reportagen, Berichten aus dem Alltag in Nordschleswig, kritischer politischer Berichterstattung und natürlich auch dem „Kleinkram“, wie Polizeimeldungen und relevanten Nachrichten aus Dänemark und Deutschland.

Mit unserem Online-Sprach-Portal „Grenzgenial“ erreichen wir zudem schon heute zahlreiche Deutsch-Schüler in ganz Dänemark.

 

 

15. Ist der Nordschleswiger künftig nur noch auf der Jagd nach Klicks?

 Wir freuen uns über jeden Klick – also darüber, dass jemand unser Online-Angebot aktiv nutzt. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns alleine danach richten. Denn dann wäre es profitabler, eine Internetseite alleine über Fußball, Mode oder andere Themen zu machen, die Klicks generieren. Wir haben den Auftrag, die Informationsquelle für die Minderheit zu sein – und den nehmen wir ernst. Wie  in der Antwort zu Frage 10 beschrieben, setzen wir mehr auf Qualität und Nähe zu Nordschleswig und zur Minderheit – und weniger auf flotte Überschriften  und Trends.

 

16. Wie werden Leser bei dem vielfältigen Angebot „bei der Stange“ gehalten, wenn nicht mehr jeden Tag eine Zeitung im Briefkasten liegt?

Wir wollen eine engere Bindung an die Leser als bisher herstellen – mit Veranstaltungen zum Beispiel, nicht nur in Apenrade, sondern im ganzen Landesteil.

Außerdem wird es, die Vorbereitungen laufen schon, sogenannte Newsletter geben. Wer es möchte, dem werden wir täglich oder wöchentlich – je nach Wunsch – per E-Mail Überblicke  über unsere spannendsten Geschichten  zuschicken, die sie dann einfach per Mausklick lesen können.

Auch spielen wir mit dem Gedanken, sogenannte Podcasts anzubieten – also  längere Hörpro-gramme ganz wie im Rundfunk, die jeder mit seinem Smartphone, Tablet oder dem Computer hören kann – natürlich mit einem entsprechenden Anschluss auch auf der Stereoanlage im Wohnzimmer, bei der Fahrt zur Arbeit im Auto oder per Kopfhörer im Bus.  

 

 

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