Schengener Abkommen

Kopenhagener Politik kritisiert Schweden für Grenzkontroll-Pläne

Kopenhagener Politik kritisiert Schweden für Grenzkontroll-Pläne

Kopenhagener Kritik an Schwedens Grenzkontroll-Plänen

Malmö/Kopenhagen/Apenrade
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Sophie Hæstorp Andersen
Kopenhagens Oberbürgermeisterin, die Sozialdemokratin Sophie Hæstorp Andersen, sieht den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt in Gefahr (Archivfoto). Foto: Nikolai Linares/Ritzau Scanpix

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Im Wahlkampf ein Hit – für die Betroffenen ein Ärgernis: Die intensiveren Kontrollen würden ein Zusammenwachsen der schwedisch-dänischen Region verhindern, heißt es unter anderem aus dem Rathaus der Hauptstadt. Auch aus Schweden selbst kommt heftige Kritik – sogar aus der bürgerlichen Regierungspartei. Wie in Nordschleswig geht es um Arbeitsplätze.

Dänemark kontrolliert nicht nur an der Festlandgrenze zu Deutschland – auch innerhalb der dänisch-schwedischen Öresundregion im Bereich Kopenhagen-Malmö werden Reisende an einer EU-Binnengrenze überprüft. Auch von dänischen Beamtinnen und Beamten.

Dass die neue rechtsliberale Minderheitsregierung in Schweden die bisher sporadisch umgesetzten Kontrollen von schwedischer Seite straffen will, sorgt derweil sogar in Parteien beiderseits des Sundes für Unverständnis, deren Landeschefs sich für Grenzkontrollen aussprechen.

Kopenhagens Oberbürgermeisterin gegen schärfere Grenzkontrollen

In „Altinget“ haben Kopenhagens Oberbürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen (Sozialdemokratie) und Beschäftigungs- und Integrationsbürgermeister Jens-Kristian Lütken von der rechtsliberalen Venstre kürzlich in einem Kommentar darauf verwiesen, dass es einen „hohen Preis“ haben wird, wenn Schweden künftig die Identitätsnachweise sämtlicher Grenzpassierenden kontrolliert.

Sie verweisen darauf, dass regelmäßig 16.500 Personen über den Öresund pendeln, davon 1.500 aus Dänemark nach Schweden – rund 15.000 Menschen pendeln also zum Arbeiten nach Dänemark – und geht es nach Kopenhagens Stadtregierung und der dortigen Wirtschaft, sollten es gerne mehr werden.

Zum Vergleich: Zwischen Deutschland und Dänemark pendelten 2021 laut Region Sønderjylland-Schleswig 12.209 Arbeitnehmende, umgekehrt waren es 573.

Carl-Johan Sonesson
Carl-Johan Sonesson von der rechtsliberalen Moderaten Sammlungspartei regiert in Schonen (Skåne) mit den Christdemokraten, den Liberalen und mit Unterstützung der Schwedendemokraten. Foto: Johan Nilsson/TT/Ritzau Scanpix

Bürgerliche Kritik aus Schonen: Arbeitsmarkt in Gefahr

In der liberalkonservativen Stockholmer Tageszeitung „Svenska Dagbladet“ kommentierte laut „News Øresund“ der Journalist Mattias Svensson in einem Leitartikel, dass der dänisch-schwedische Arbeitsmarkt „zerstört werde“, obwohl er „weniger Behinderungen und nicht mehr“ benötige.

Zuvor hatte die Tageszeitung „Sydsvenskan“ aus Malmö berichtet, dass die der Regionsratsvorsitzende der Region Schonen, deren Hauptstadt Malmö ist, sich vehement gegen die Regierungspläne ausspricht. Und dies ungeachtet der Tatsache, dass er, wie Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson, den rechtsliberalen Moderaten angehört. Die Grenzkontroll-Pläne „zerstören alles, wofür ich gekämpft habe“, zitiert das Blatt Carl Johan Sonesson.

Die Kontrollen seien für die Menschen in der Region Schonen auch deshalb von Nachteil, weil sie den grenzüberschreitenden Arbeitsalltag erschweren in einer Zeit, in der in Malmö eine der höchsten Arbeitslosenzahlen Schwedens einer großen Nachfrage nach Arbeitskraft in Kopenhagen gegenüberstehe.

Wirtschaft in der Region gegen die Kontrollverschärfung

In der großen schwedischen Tageszeitung „Dagens Nyheter“ hatten sich bereits Wirtschaftsunternehmen, darunter der Kopenhagener Flughafen, in einem Kommentar gegen die geplanten intensiven Kontrollen ausgesprochen.

Sie sehen vor, dass sämtliche Reisende über die Schengen-Binnengrenze zwischen Dänemark und Schweden ihre Identität nachweisen müssen und dass Transportunternehmen dafür verantwortlich sind, dass alle Mitreisenden einen entsprechenden Nachweis mit sich führen.   

Auch an den kürzlich erneut durch die dänische Regierung verlängerten Grenzkontrollen durch Dänemark gibt es seit Jahren Kritik, aus der EU-Kommission, aber auch aus Deutschland und dem Grenzland. Unter anderem haben sich die Bürgermeister der dänischen Grenzland-Kommunen Tondern (Tønder) und Apenrade (Aabenraa) für ein Ende der derzeitigen Praxis ausgesprochen.

 

 

 

Anmerkung: Da aus der ursprünglichen Version nicht eindeutig hervorging, dass auch Dänemark am Öresund kontrolliert, wurde die Einleitung nachträglich entsprechend deutlicher formuliert.

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