Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Washington/Dallas
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Selenskyj (l) und Habeck hätten vor allem die Lage an der Front und die Bedürfnisse der ukrainischen Armee besprochen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Am Wochenende soll es im US-Kongress nach langem Stillstand eine wichtige Abstimmung zu neuen US-Hilfen für die Ukraine geben. Diese seien bitter nötig, mahnt der Chef des US-Geheimdienstes. Die News im Überblick.

Ohne neue US-Hilfen könnte die Ukraine den Krieg gegen Russland nach Ansicht von CIA-Direktor William Burns bis Ende des Jahres verlieren.

Sollte der US-Kongress keine neuen Hilfen bewilligen, bestehe «ein sehr reales Risiko, dass die Ukrainer bis Ende 2024 auf dem Schlachtfeld verlieren oder (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin zumindest in eine Position bringen könnten, in der er im Wesentlichen die politischen Bedingungen diktieren könnte», sagte der Chef des US-Geheimdienstes bei einer Veranstaltung in Dallas im US-Bundesstaat Texas. «Hier steht enorm viel auf dem Spiel.»

Nach monatelanger Blockade hat der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, die bevorstehende Abstimmung über neue US-Unterstützung für dieses Wochenende angekündigt. Im Falle einer Zustimmung käme noch die zweite Kammer, der Senat, zum Zug. US-Präsident Joe Biden will das Gesetz nach dem Beschluss durch den Kongress eigenen Angaben nach «sofort» unterschreiben.

Burns erläuterte, neue militärische Hilfe würde einen Aufschwung mit sich bringen - «sowohl praktisch als auch psychologisch» - und die Ukrainer in die Lage versetzen, ihre Verteidigung im Laufe des Jahres aufrecht zu erhalten, «was Putins arroganter Ansicht widerspricht, dass die Zeit auf seiner Seite ist».

Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Die vom Kongress bereits genehmigten Mittel sind nach Angaben der US-Regierung aufgebraucht - deshalb ist die geplante Abstimmung von großer Bedeutung.

G7 stellen Ukraine mehr Hilfe bei Luftabwehr in Aussicht

Die sieben großen westlichen Industrienationen (G7) stellten der Ukraine mehr Hilfe gegen russische Luftangriffe in Aussicht. «Wir sind insbesondere entschlossen, die Luftverteidigungsfähigkeiten der Ukraine zu stärken, um Leben zu retten und kritische Infrastrukturen zu schützen», heißt es in einer Erklärung zum Abschluss eines Treffens der G7-Außenminister auf Capri. Konkrete neue Zusagen gab es auf der italienischen Mittelmeerinsel aber noch nicht.

Zugleich forderte die Siebenergruppe Kremlchef Putin auf, seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland nach inzwischen mehr als zwei Jahren sofort zu beenden. Russland müsse alle seine Streitkräfte «unverzüglich, vollständig und bedingungslos» abziehen. Wörtlich heißt es in der Erklärung: «Russland kann diesen Krieg heute beenden.» Die G7 bestehen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich, Italien und Deutschland. Italien führt in diesem Jahr den Vorsitz.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten bei dem Treffen mit Nachdruck darauf gedrängt, der Ukraine weitere Luftabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen. Die Appelle richteten sich an die USA, aber auch an Frankreich und Italien. Deutschland bereitet derzeit die Lieferung eines dritten Patriot-Systems vor. Mitte Juni findet in der süditalienischen Region Apulien der alljährliche G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs statt.

Selenskyj besucht ostukrainische Front

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte bei einer Reise in das ostukrainische Frontgebiet Donezk einen Kommandopunkt in der Nähe der umkämpften Stadt Tschassiw Jar. Er habe sich vor Ort über die Lage unterrichten lassen, teilte der Staatschef bei Telegram mit. Anschließend verlieh er Orden an Soldaten. Die Kleinstadt Tschassiw Jar gilt als nächstes Ziel der russischen Armee. Die Front verläuft wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Tschassiw Jar liegt unweit der vor knapp einem Jahr von den Russen nach schweren Kämpfen eingenommenen Stadt Bachmut.

Zuvor hatte der Präsident Verwundete in einem Krankenhaus in der Großstadt Slowjansk besucht und den Ausbau von neuen Verteidigungspositionen inspiziert. Selenskyj hatte bereits in den vergangenen Wochen mehrfach den Ausbau neuer Verteidigungslinien besichtigt, unter anderem im benachbarten Gebiet Charkiw.

Tote nach russischen Angriffen auf Gebiet Dnipropetrowsk

In der Nacht gab es erneut in vielen Regionen der Ukraine Luftalarm. Unter anderem wurde das industriell wichtige Gebiet Dnipropetrowsk in der Südukraine nach Behördenangaben von Russland massiv aus der Luft beschossen. In der Gebietshauptstadt Dnipro seien mindestens zwei Menschen getötet und 15 verletzt worden, teilte Gouverneur Serhij Lyssak auf Telegram mit. Ein fünfgeschossiges Wohnhaus und zwei Infrastrukturobjekte seien getroffen worden. Es seien gezielt Anlagen der ukrainischen Eisenbahn beschossen worden, teilte das Staatsunternehmen mit. Der Hauptbahnhof von Dnipro sei gesperrt, Fernverkehrszüge würden umgeleitet.

In der Stadt Synelnykowe wurden nach Angaben von Innenminister Ihor Klymenko sechs Menschen getötet, darunter zwei Kinder. Getroffen wurden mehrere Einfamilienhäuser. In Pawlohrad wurde den Behördenangaben nach eine Fabrik beschädigt, in Kriwyj Rih ein Objekt der Infrastruktur. Präsident Selenskyj schrieb auf Telegram, der Himmel über der Ukraine könnte genauso gut verteidigt werden wie der Himmel über Israel, wenn die ausländischen Partner die Waffen dafür lieferten.

Nach Angaben von Gouverneur Lyssak konnte die Flugabwehr über dem Gebiet Dnipropetrowsk neun russische Raketen abschießen, aber nicht alle. In Dnipro und anderen Städten des Gebiets sind seit sowjetischen Zeiten Flugzeug- und Raketenbau sowie andere Rüstungsbetriebe angesiedelt. Im Süden bildet der Fluss Dnipro die Frontlinie zu den angreifenden russischen Truppen. Diese beschossen über den Fluss hinweg den Landkreis Nikopol mit Artillerie, wie Lyssak mitteilte.

Von Explosionen wegen des Einsatzes von Flugabwehr wurde nachts auch aus dem Gebiet Odessa am Schwarzen Meer berichtet. Die Stadt sei vom Schwarzen Meer aus mit Raketen angriffen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit.

EU plant neues Paket mit Russland-Sanktionen

In der EU wird indessen ein 14. Sanktionspaket vorbereitet. Bestandteil sollen nach Angaben eines ranghohen EU-Beamten Strafmaßnahmen gegen Akteure sein, die bereits bestehende Russland-Sanktionen umgehen. Zudem dürfte es nach Angaben von Diplomaten eine erneute Erweiterung der Liste mit Personen und Einrichtungen geben, deren in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren werden müssen. Konkrete Vorschläge wollen der Auswärtige Dienst der EU und die EU-Kommission den Mitgliedstaaten in der kommenden Woche vorstellen.

Gearbeitet wird derzeit zudem an dem Plan, einen Großteil der Gewinne aus der Verwahrung eingefrorener russischer Zentralbank-Gelder in der EU für den Kauf militärischer Ausrüstung für die Ukraine zu nutzen. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten begrüßten bei ihrem Gipfeltreffen in dieser Woche Fortschritte dabei. Allein dieses Jahr könnten nach früheren Angaben bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen, mit denen dann zum Beispiel Waffen für die Ukraine angeschafft werden könnten.

Das 13. große Paket mit Russland-Sanktionen war im Februar zum zweiten Jahrestag des Kriegs gegen die Ukraine beschlossen worden. Es richtete sich gegen 106 Personen und 88 Einrichtungen, die für Handlungen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen. Darunter waren auch Personen, die an Waffenlieferungen Nordkoreas an Russland beteiligt sind, sowie der nordkoreanische Verteidigungsminister.

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