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Engagiert sich im Folketing für die Minderheit: Christina Olumeko 

Engagiert sich im Folketing für die Minderheit: Christina Olumeko 

Engagiert sich für die Minderheit: Christina Olumeko

Kopenhagen
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Christina Olumeko meint, man könne wichtige Lehren aus der schleswigschen Geschichte ziehen. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Die Alternativen haben mit Christina Olumeko als erste Partei eine minderheitenpolitische Sprecherin ernannt. Sie ist damit im Folketing auch für die Belange der deutschen Volksgruppe zuständig und sieht eine wichtige Aufgabe darin, mehr Wissen über sie zu verbreiten.

Am Donnerstag hat Christina Olumeko von den Alternativen das erste Mal einer Sitzung des Kontaktausschusses für die deutsche Minderheit teilgenommen. Er ist das Bindeglied zwischen Minderheit und den Politikerinnen und Politikern in Kopenhagen.  Es war jedoch nicht ihre erste Begegnung mit der Minderheit. Bereits im März hatte sie die Jugendpartei der Volksgruppe, die Jungen Spitzen, besucht.

„In meiner Schulzeit habe ich nie etwas über die deutsche Minderheit gehört; ich wusste also wenig. Deshalb hat es mich überrascht, dass es ein Gymnasium, Schulen, Büchereien und ein Museum gibt“, sagt Olumeko dem „Nordschleswiger“. Die gut organisierten Strukturen der Minderheit haben sie überrascht. 

Stimme der Minoritäten

Die Politologin ist bei der Wahl am 2. November für ihre Partei ins Folketing eingezogen. Noch am Wahlabend entstand der Gedanke, als erste Partei die Funktion einer Sprecherin für Minoritätsfragen einzurichten. Die junge Politikerin war sofort Feuer und Flamme.

„Wenn wir Politik betreiben, übersehen wir zu häufig die Minderheiten. Die Minoritäten werden leicht vergessen. Ich möchte gerne die Stimme der Minderheiten bei den politischen Verhandlungen sein“, so Olumeko. Sie meint, die Minoritäten sollten in den unterschiedlichsten Politikbereichen bedacht werden. 

Freut sich auf die Arbeit

Als minderheitenpolitische Sprecherin fühlt sie sich zuständig für die in Dänemark ansässigen Grönländerinnen und Grönländer, zugewanderte ethnische Minoritäten und eben auch die deutsche Minderheit. Folgerichtig vertritt sie auch ihre Partei im Kontaktausschuss.

„Bei der ersten Sitzung wurde mir klar, wie viele wichtige Themen anstehen. Ich freue mich bereits darauf, sie zu bearbeiten. Vor allem interessiert mich die Frage der finanziellen Gleichstellung des Gymnasiums, denn ich bin auch ausbildungspolitische Sprecherin.“

Zur Person

Christina Olumeko ist am 26. November 1996 geboren und wohnt in Kopenhagen.

Sie hat soeben ihr Studium in Politologie (Statskundskab) an der Universität in Kopenhagen abgeschlossen.

Im November 2021 wurde sie für die Alternativen in das Kopenhagner Stadtparlament (Borgerrepræsentationen) gewählt. Im November zog sie ins Folketing ein. 

Ihr Vater stammt aus Nigeria, ihre Mutter aus Frankreich.

Bedeutung der Minderheit

Wie berichtet, solle der Kontaktausschuss zukünftig direkt beim Folketing angesiedelt werden. Die Alternativenpolitikerin erhofft sich davon einen engeren Kontakt zwischen Folketing und Minderheit. Als wichtigen – vielleicht sogar wichtigsten – Teil der Arbeit, sieht sie die Verbreitung von Wissen über die Minderheit und die Geschichte des Grenzlandes. 

„Ich glaube, wir sind viele, innerhalb und außerhalb des Folketings, die die Geschichte der Grenzziehung, und alles, was sich damals abgespielt hat, vergessen haben. Es ist wichtig, diese Geschichte zu erzählen, weil wir etwas daraus lernen können.“

Der neue Kontaktausschuss bekommt einen eigenen Haushalt und kann unter anderem Anhörungen veranstalten. Olumeko sieht das als eine Möglichkeit, Informationen über das Grenzland zu verbreiten. 

Lehren aus der Geschichte

Ihre eigene Wissenslücke schließt sie mithilfe von Literatur und Podcasts und kennt sich mittlerweile bestens mit dem Einsatz von H .P. Hanssen aus, weiß um die Osterkrise 1920, als der König die Regierung absetzte, weil diese sich nach der Volksabstimmung weigerte, sich Flensburg einzuverleiben.

„Das mag jetzt etwas kitschig klingen, aber ich bin überzeugt, dass Gegenwart und Zukunft sich häufig auf Vergangenheit reimen. Wenn wir unsere Vergangenheit kennen, verstehen wir auch besser die Fragen, die uns jetzt beschäftigen, und jene, die uns in Zukunft begegnen werden.“

Die Frage der Identität

Gerade aus der Grenzziehung und den Ereignissen danach, gilt es nach Ansicht von Olumeko, wichtige Lehren zu ziehen. Die Tatsache, dass die deutsche Minderheit ihre Kultur leben konnte und kann, in sie investieren durfte, empfindet sie als entscheidend.

„Dieses Verständnis, dass es nicht mehr ein Feind, sondern eine Mitbürgerin oder ein Mitbürger mit einer anderen Kultur ist, können wir auf andere Bereiche und für andere Minderheiten anwenden.“

Die Politikerin selbst hat einen nigerianischen Vater und eine französische Mutter, ist jedoch in Dänemark aufgewachsen. Doch die Eltern haben wenig getan, um die jeweils eigene Kultur der Tochter zu vermitteln. 

„Ich spreche weder Französisch noch Nigerianisch, und das ärgert mich heute sehr.“

Christina Olumeko bei ihrem Besuch bei den Jungen Spitzen Foto: Anna-Lena Rickerts

Sie beneidet daher ein wenig die Jugendlichen aus der Minderheit um ihre Zweisprachigkeit. Bei der Begegnung im März konnte sie jedoch auch Gemeinsamkeiten entdecken. Olumeko beschäftigt ebenfalls die Frage, ob man sich mehr der einen oder der anderen Kultur zugehörig fühlt. Ob es eine Mischung oder eine eigene Identität ist.

„Es ist nicht so, dass ich mich nicht zugehörig fühle. Dass ich vielleicht auf beiden Seiten und vielleicht an einem dritten Ort dazugehöre, das ist eine einzigartige Erfahrung, die man macht, wenn man gemischte Nationalitäten in sich trägt. Das ist ein Geschenk, kann aber auch etwas verwirrend sein, wenn man seine Identität sucht.“

 

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