Ein paar Schritte im Trab, dann zieht Lærke Korsgaard auch schon das Tempo an, wechselt in den Galopp, setzt an zum Sprung und fliegt über das 80 Zentimeter hohe Hindernis. „Sie ist eine unserer besten Reiterinnen im Team“, lobt Trainerin Gitte Vestergaard. Wobei Lærke Korsgaard in diesem Fall nicht nur Reiterin, sondern gleichzeitig auch ihr eigenes Pferd ist. Denn die Elfjährige betreibt die neue Trendsportart „Hobby Horsing“ – im Deutschen auch bekannt als Steckenpferdreiten.

Ursprünglich stammt die Sportart, bei der Bewegungsabläufe des Springreitens und der Dressur mit Steckenpferden nachgestellt werden, aus Finnland. Mittlerweile hat sich das Phänomen „Hobby Horsing“ aber auch auf andere europäische Länder ausgeweitet. Auch in Nordschleswig gibt es seit Oktober vergangenen Jahres Hobby-Horse-Training.

Inspiration im Internet

An der Gemeinschaftsschule Beftoft-Oberjersdal in Oberjersdal bieten Gitte Vestergaard und Rikke Marie Larsen Paulsen jeden Montagnachmittag Streckenpferdreiten an und erfreuen sich seit Tag 1 großen Zulaufs.

„Zum ersten Training kamen direkt zwölf Kinder. Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet. Wir hatten gehofft, dass vielleicht zwei, drei Leute kommen“, erzählt Vestergaard, die über ihre sechsjährige Tochter Stinne auf die finnische Funsportart aufmerksam geworden ist.

„Sie hatte auf Youtube einige Videos davon entdeckt und wollte das unbedingt auch einmal probieren. Daraufhin haben wir in unserer Werkstatt einige Sprünge aufgebaut“, sagt Gitte Vestergaard, die selbst mit Pferden groß geworden ist. Mittlerweile ist das Hobby-Horse-Training jedoch von der Werkstatt in die Sporthalle der örtlichen Schule umgezogen, und selbst einen Verein hat die Oberjersdalerin inzwischen gegründet.

Nur keine Angst haben

Bei „Hobby Horse Syd“ trainieren derzeit etwa 15 Mädchen und gelegentlich auch Jungen das Reiten auf dem Steckenpferd. Das sei eigentlich gar nicht so schwierig, meint Lærke Korsgaard. „Und es tut auch gar nicht weh, wenn man es mal nicht über das Hindernis schafft und eine Stange reißt“, so die Schülerin aus Wittstedt (Vedsted). Dafür mache es jedoch umso mehr Spaß, sind sich auch die anderen Mädchen beim Training am vergangenen Montag einig.

Wichtig sei vor allem, nicht zu lange über den eigenen Sprung nachzudenken und viel Anlauf zu nehmen, erklärt Nicoline Albæk Jørgensen. Sie hat erst vor Kurzem mit dem Steckenpferdreiten angefangen und war nach dem ersten Training so begeistert, dass sie sogleich ihre Cousine Audrey Skovsted Beck mit ins Boot geholt hat.

Nun springen die beiden gemeinsam über Stock und Stein oder besser gesagt über Mini-Oxer und Cavalettis. Ein eigenes Steckenpferd haben die zwei zwar noch nicht, doch das macht nichts. Denn beim Training von „Hobby Horse Syd“ steht immer ein Reserve-Plüsch-Pferd für die Kinder bereit.

Unterstützung von allen Seiten

„Wir haben auch von den Leuten hier im Ort viel Unterstützung für unser Projekt erfahren“, betont Gitte Vestergaard. Auf diese Weise ist der Verein nicht nur zu einem „Stall“ für seine Steckenpferde gekommen, sondern kann mit den Kindern gelegentlich auch Ausflüge zu den echten Ponys in Oberjersdal unternehmen. „Dort lernen sie dann zum Beispiel das Striegeln“, so die Trainerin.

Doch nicht nur für den richtigen Umgang mit Pferden ist das Steckenpferd-Training eine Bereicherung, weiß Vestergaard: „Die Kinder bewegen sich, können sich körperlich und geistig austoben und verbringen Zeit mit anderen.“

Auch dass beim Training Kinder verschiedenen Alters – die jüngste Teilnehmerin ist fünf Jahre alt, die älteste elf – und aus verschiedenen Orten zusammenkommen, erfreut das Trainerteam.

Vom Funsport zur Turnierdisziplin

Nur in einer Sache verstehen ihre Schützlinge keinen Spaß: „Die Kinder sind ehrlich betrübt, wenn sich Leute über das Steckenpferdreiten lustig machen.“ Zumal es dazu auch keinen Grund gebe, wie die erfahrene Reiterin erklärt: „Der dänische Reiterverband ‚Dansk Ride Forbund‘ hat mittlerweile ein ganzes Regelwerk zum Hobby Horsing verfasst und veranstaltet sogar Turniere in dieser Disziplin.“

Ganz so weit sind die kleinen Reiterinnen und Reiter in Oberjersdal zwar noch nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden, meint Gitte Vestergaard lachend: „Erst einmal werden wir uns jedoch an einer Art Trainingslager versuchen.“