Verkehrswende
Kaum Chancen für Radschnellwege im Grenzland
Kaum Chancen für Radschnellwege im Grenzland
Kaum Chancen für Radschnellwege im Grenzland
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Radschnellwege sind die Autobahn für Zweiradpendlerinnen und -pendler. Der SSW forderte im Juni 2023 im Kieler Landtag daher eine entschlossene Planung. Außerdem sollte der Anschluss ans dänische Radnetz geprüft werden. In der Kommune Apenrade spielen die Schnellverbindungen bislang keine Rolle. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gibt es beim Radverkehr nicht.
„Es gibt hier keine entsprechenden Pläne“, sagt Kurt Asmussen zur Idee grenzübergreifender Radschnellwege. Der Politiker der Schleswigschen Partei (SP) sitzt in der Kommune Apenrade im Ausschuss für Planung, Technologie und ländliche Räume.
Zum Hintergrund: Im Juni 2023 wurde im Landtag in Kiel über das Thema Radschnellwege debattiert. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) hatte in einem Antrag mehr Tempo bei der Erstellung und Umsetzung von Radschnellverbindungen in Schleswig-Holstein gefordert und wünschte sich außerdem eine Prüfung, wie diese auch grenzübergreifend an das dänische Radwegenetz angeschlossen werden könnten.
Die Begründung damals: „Schleswig-Holstein hat gerade im Norden einen enormen Nachholbedarf, was Radschnellwege angeht und sollte auch den Grenzpendlerinnen und -pendlern attraktive, grenzüberschreitende Radschnellwege anbieten“, so SSW-Politikerin Sybilla Nitsch. Hier gehe es insbesondere um die Stärkung des Alltagsverkehrs und nicht nur um touristische Fernwege.
Sowohl der SSW-Antrag als auch ein Alternativantrag von CDU und den Grünen wurden an den zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung überwiesen. Bericht und Beschlussvorlage des Ausschusses waren am 24. Januar erneut Thema im Landtag. Demnach sollte der Landtag den Alternativantrag priorisieren, was er einstimmig tat.
Wir werden mit Radschnellverbindungen im ländlichen Raum nur wenige dazu bewegen können, vom Auto aufs Rad zu steigen, da die Entfernungen vom Wohnsitz zur Arbeit zu lang sind.
Kurt Asmussen
Darin ist von der Prüfung grenzüberschreitender Radschnellwege allerdings nichts zu lesen. Dort heißt es lediglich, dass „touristische Schwerpunkträume“ möglichst an die Radfernwege angebunden werden sollen. Start- und Zielorte seien dabei touristische Stätten, Bahnhöfe, Haltepunkte, wichtige Fähranleger oder eben Grenzübergänge. Radschnellwege sollen dort berücksichtigt werden, wo sie als Verbindung sinnvoll erscheinen.
Weite Wege ein Hemmschuh
Auf dänischer Seite sieht man bei der Kommune Apenrade kaum eine Chance für solche Infrastruktur. „Dänische Untersuchungen haben ergeben, dass nicht mehr Leute aufs Fahrrad steigen, obwohl Fahrradwege zur Verfügung stehen. Wir werden deshalb mit Radschnellverbindungen im ländlichen Raum nur wenige dazu bewegen können, vom Auto aufs Rad zu steigen, da die Entfernungen vom Wohnsitz zur Arbeit zu lang sind“, so der stellvertretende Ausschussvorsitzende Kurt Asmussen. Die Kommune lege Wert darauf, dass Fahrradwege dort errichtet werden, wo Kinder ihren Schulweg haben.
Auch im Hinblick auf Pendlerinnen und Pendler spielt ein grenzübergreifendes Radwegenetz in der Kommune Apenrade keine Rolle. „Das ist bisher nicht Thema gewesen“, so Asmussen. Ihm seien auch keine derartigen Wünsche bekannt.
Viele Pendlerinnen und Pendler im Grenzland
Tatsächlich pendeln rund 7.300 Menschen aus Deutschland zur Arbeit nach Süddänemark, davon knapp 5.300 nach Nordschleswig, insbesondere nach Apenrade (Aabenraa) und Sonderburg (Sønderborg). Im Prinzip ein großes Potenzial für die Verkehrswende. Doch weil die Wege weit sind, der grenzüberschreitende ÖPNV in den Kinderschuhen steckt und das Radwegenetz lückenhaft ist, setzen die meisten Pendlerinnen und Pendler auf das Auto.
Ob man im ländlichen Nordschleswig Menschen aufs Rad bekommt, daran hat Asmussen seine Zweifel. „Ich denke, hier müsste eine größere Untersuchung gemacht werden.“ Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Thema Radverkehr gebe es laut dem SP-Politiker bislang nicht. „Wir werden uns das sicherlich anhören, wenn der Vorstoß aus Schleswig-Holstein kommt.“
Wir werden uns das sicherlich anhören, wenn der Vorstoß aus Schleswig-Holstein kommt.
Kurt Asmussen
Geld und politischer Wille fehlen
Wie so oft sei es aber eine Frage des Geldes. „Man bekommt leider nicht viel Fahrradweg fürs Geld“, so Asmussen. Das Thema bleibt trotz der Gedankenspiele des SSW also wohl Zukunftsmusik. Dieser Tenor wird auch bei Asmussen deutlich. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mir kaum vorstellen, dass für grenzüberschreitende Radschnellwege Mittel im Haushalt abgesetzt werden würden. Sollte sich jedoch der dänische Staat und das Land Schleswig-Holstein finanziell großzügig beteiligen, ist es wieder eine andere Sache.“
Lücken schließen im Fokus
In der Kommune sind derzeit alle Mittel für neue Fahrradwege verteilt – zuletzt wurden für die Stadterneuerung in Rothenkrug (Rødekro) Gelder vergeben, um den Heerweg (Hærvejen) fertigzustellen. „Das nächste Projekt wird entlang des Tøndervej von Schafhaus nach Pattburg sein, da die jetzige sichere Verbindung durch das neue Industriegebiet westlich der Autobahn gekappt wurde“, so Asmussen.
SSW will neuen Anlauf starten
Aufgeben will der SSW das Thema indes nicht. Wie die Landtagsabgeordnete Sybilla Nitsch dem „Nordschleswiger“ am Telefon sagte, bereite man einen neuen Vorstoß vor, für den man entsprechende Akteure auf beiden Seiten der Grenze ins Boot holen möchte. Darunter finden sich etwa der deutsche Fahrradverband ADFC, das dänische Pendant Cyklistforbundet, Tourismusagenturen und die Region Süddänemark.