Ausflugsziele
Ausreiten auf der Insel Röm: Im Jagdgalopp über den Strand
Röm: Ausreiten an Europas breitestem Strand
Röm: Ausreiten an Europas breitestem Strand
Auf der Insel Röm werden Reiterträume wahr: Mit eigenen oder gemieteten Pferden kann man am Strand entlanggaloppieren oder auf einem Islandpferd durch die Heide tölten. Der Nordschleswiger besuchte den Reiterhof Thomsen für eine Reit-Reportage.
Am Strand entlanggaloppieren. Durch windschiefe Inselwälder traben. Oder die gewundenen Sandwege zwischen den heidebewachsenen Hügeln hindurchtölten. Röm ist vom Pferderücken aus besonders schön zu entdecken.
Und man braucht kein eigenes Pferd, um die Insel im Wattenmeer im Sattel sitzend zu erkunden. Mehrere Reitställe und Ponyvermietungen bieten Ausritte über die Insel und zum Strand an, vom vierstündigen Ritt durchs Watt über zweieinhalbstündige Strandritte bis hin zu Touren für Anfänger im Schritt durch den Wald.
An einem Sonntagvormittag begrüßt mich der 76-jährige Sigurd Thomsen an seinem Stall am Vråbyvej. Seit vielen Jahren organisiert der Landwirt, der in 13. Generation auf der Insel lebt und arbeitet, Ausritte. Zweimal am Tag starten in der Hochsaison Gruppen in den Wald und hinunter zum Strand.
Vorbei an Reetdachhäusern und duftenden Heckenrosen
Mit sechs weiteren Urlaubern holen wir die Pferde von der Koppel. Ich reite auf Mayday, eine große dunkle Stute, die gutmütig mit mir durch den Wald zuckelt, durch den uns der erste Ausritt führt. Vorbei an Reetdachhäusern und duftenden Heckenrosen reiten wir in den Wald, hinein in die Vråby-Plantage. Der Duft der Kiefern mischt sich mit dem warmen Sandes.
Auf dem ersten sandigen Reitweg traben wir an. Drei Kurven später traben wir durch ein Wäldchen, das wie aus dem Märchenbuch entsprungen scheint. Fast wartet man darauf, dass in einem der moosbewachsenen Mulden Hänsel und Gretel picknicken oder ein Zwerg unter den krummen Tannen ein Nickerchen macht.
Knapp zwei Stunden lang reiten wir, durch die Vråby- Plantage hinauf zur Kirkeby-Plantage. Beide Waldgebiete sind durch eine verwilderte Heide- und Dünenlandschaft verbunden. Wir reiten so ziemlich genau in der Mitte der Insel gen Norden, bevor es wieder zurück Richtung Südosten und zurück zum Stall geht.
Unsere Gäste sind immer wieder überrascht, dass man alleine sein kann, selbst im Hochsommer. Der Strand ist so breit und weit, dass man alleine sein kann, wenn man möchte.
Helle Thomsen, Inselbewohnerin
Am nächsten Tag steht ein Ausritt an den Strand auf dem Programm. Diesmal erhalte ich Bonnie, eine Falbenstute, etwas kleiner und agiler als ihr Vorgänger.
Durch die Vråby-Plantage führt ein Weg direkt nach Westen Richtung Strand, wir kreuzen den Rimmevej und erreichen nach rund 20 Minuten die Dünenkante am Sønderstrand.
In der Ferne kurven die Strandsegler. Das Meer ist noch knapp zwei Kilometer entfernt – Europas breitester Sandstrand lässt grüßen. Der Ostwind ist an diesem Tag gewaltig, der Flugsand steigt in Nüstern und Nasen, und die Pferde scharren buchstäblich und ungeduldig mit den Hufen.
Und so wird aus dem ersten Trab auf hartem Sand umgehend ein rasanter Jagdgalopp in Richtung Wasser entlang eines Prils. Jetzt bloß nicht stolpern, liebe Bonnie, denke ich, und vertraue mich dem Galopp der Stute an.
Nach einem Kilometer werden die Pferde ruhiger. Die Hufe klappern auf dem harten Sand, dann überqueren wir einen Abschnitt mit tiefem Sand und Millionen von Muscheln, bevor wir die Wasserkante erreichen. Der Wind tobt und brüllt.
Im Galopp preschen wir über den Strand
Auch der zweite Galopp ist zu Beginn explosiv, wir preschen Richtung Süden, außer unserer Gruppe ist über einen Kilometer kein anderes Lebewesen zu sehen.
Als wir später den Dünenkamm erreichen und in die Heide hineinreiten, sind alle froh, geschütztes Land zu erreichen, die Insel und kurz darauf der Wald dienen uns jetzt als Windschutz. Nach zweieinhalb Stunden steigen wir erschöpft aber glücklich aus dem Sattel.
Am nächsten Tag erlebe ich eine Premiere: Zum ersten Mal in meinem langen Reiterleben besteige ich ein Islandpferd. Genauer gesagt Littla, eine Stute. Heute begleitet uns Helle Thomsen. Die 41-Jährige ist die Tochter von Sigurd und mit den Pferden auf der Insel aufgewachsen.
„Ich weiß nicht, wie oft ich schon an den Strand geritten bin, von klein auf. Es müssen viele Tausend Mal gewesen sein“, sagt Helle, die seit 2003 den Havneby Kro betreibt und den Reitbetrieb ihres Vaters einmal übernehmen wird. Dann ist sie die 14. Generation.
Verliebt in Isländerpferde
Auch wenn sie die Insel wie ihre Westentasche kennt: „Jedes Mal, wenn ich an der Wasserkante ankomme und das Meer sehe, ist es etwas Besonderes. Überhaupt, diese Insel: Sie ist ein einziges Energiefeld! Unsere Gäste sind immer wieder überrascht, dass man alleine sein kann, selbst im Hochsommer. Der Strand ist so breit und weit, dass man alleine sein kann, wenn man möchte.“
Vor rund vier Jahren hat sich Helle Thomsen bei einer Islandreise in die Isländerpferde verliebt. „Ich saß einmal drauf und war einfach nur begeistert von diesen wunderbaren Tieren. Seither will ich gar nichts anderes mehr reiten“, sagt Helle, während sie auf ihrem prächtigen Wallach Nøkkvi neben mir reitet und uns das Tölten beibringt.
Ihr Vater ließ sich von der Begeisterung anstecken – und kaufte auch für den Reitbetrieb Islandpferde, die bekanntlich zwei „Extra-Gänge“ haben, neben Schritt, Trab und Galopp können sie auch Tölt und Pass.
Nach einigem Üben erlebe ich das erste Mal, wie schaukelig sich der Tölt anfühlt. Wie eine Nähmaschine takten die Beine meines Pferdchens unter mir, der Schwung kommt aus der Hinterhand.
Die Vorderbeine tänzeln durch den Sand, ich lehne mich zurück und muss lachen: Das ist also Tölt. Lustig. Genauso wie mein Pferd, zufrieden und verlässlich zuckelt es durch den Wald zum Strand.
Hier ist es an diesem Tag sehr viel angenehmer. Der Wind hat nachgelassen, und die Sonne spiegelt sich funkelnd im Meer wider. Helle schießt Erinnerungsfotos von uns allen, mit dem Pferd am Strand, solche Fotos nimmt man als Urlaubssouvenir allzu gerne mit nach Hause.
Im Tölt über den Sand
Wir tölten am Strand entlang und überholen uns gegenseitig. Wie auf Schienen gleiten die Islandpferde dahin, und zum Abschluss lassen wir unsere Vierbeiner noch mal mit Volldampf galoppieren.
Die Trittfestigkeit der Isländer gibt mir Vertrauen, kein einziges Mal denke ich daran, dass das Pferd stolpern oder ausrutschen könnte.
Als wir am Stall ankommen, hat die Welt mit mir einen Isländer-Fan mehr – und die Vierbeiner erhalten nach getaner Arbeit eine Extraportion Futter in den Boxen, bevor wir sie wieder zurück auf die Koppel führen, wo sich die Tiere begeistert auf den Boden plumpsen lassen, um sich ausgiebig zu wälzen.
Das Wohl der Pferde liegt Helle Thomsen am Herzen. Buchstäblich. Derzeit macht sie eine pferdetherapeutische Ausbildung zum „True Leader“, eine Horsemanship-Form, die völlig ohne Dominanz auskommt. „Reittouren von Herzen“ will sie in naher Zukunft anbieten. „Finde den Weg zum Herzen deines Pferdes und zu deinem eigenen, das ist das Ziel dieser Herangehensweise“, erklärt Helle Thomsen.
Ich reite in dieser wunderbaren Woche fast jeden Tag und entdecke auf jedem Ritt neue Schönheiten am Weges- und Meeresrand.
An den 4.175 Hektar Strand der Insel, den 526 Hektar Wald und den 200 Hektar Heide kann man sich gar nicht satt sehen. Und von dem Reitwegenetz auf der Insel kann ein Reiter nur träumen. Bis man auf der Insel selbst in den Sattel steigt. Dann wird der Traum wahr.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist im Frühsommer 2017 entstanden und veröffentlich worden.