Büchereien

Comeback des Buches: Deutsche Büchereien sind beliebt

Comeback des Buches: Deutsche Büchereien sind beliebt

Comeback des Buches: Deutsche Büchereien sind beliebt

Erik Becker
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Claudia Knauer in der deutschen Zentralbücherei Apenrade
Claudia Knauer, Direktorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig, hat Grund zur Freude: Die Büchereien erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Foto: Erik Becker

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Büchereien: In Zeiten von E-Books und Streaming-Diensten ein alter Hut? „Wohl kaum”, sagt Claudia Knauer vom Verband Deutscher Büchereien Nordschleswig. Als Stützpfeiler und Vermittler seien Büchereien für die Minderheit unverzichtbar.

Büchereien sind beliebt – darauf lassen die Zahlen des Verbands Deutscher Büchereien Nordschleswig schließen. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt etwa 5.000 Medien mehr entliehen als 2022. Auch die Anzahl der aktiven Leserinnen und Leser im Verband hat sich deutlich erhöht. „Für diese positive Entwicklung gibt es eine Vielzahl von Gründen“, sagt Claudia Knauer, Direktorin des Verbands. Auch über das Grenzgebiet hinaus lasse sich eine steigende Nachfrage beobachten. 

Rückkehr zum Buch

Nach dem digitalen Hype der vergangenen Jahre würden Menschen den Wert physischer Bücher wieder mehr zu schätzen wissen. Eine erfreuliche Entwicklung, so Knauer: „Das menschliche Gehirn ist noch nicht an das digitale Lesen angepasst. Kognition, Wahrnehmung und Erinnerungsvermögen sind an reales Papier geknüpft“. Umso wichtiger sei es daher, vor allem Kinder zunächst an physische Bücher heranzuführen. Dies betreibe der Verband aktiv durch seine Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten in der Minderheit.

Zudem seien Büchereien Orte, in denen sich Menschen auf fundiertes Wissen und verifizierte Quellen verlassen könnten. In Zeiten von künstlicher Intelligenz (KI) und Fake News sei dies ein wertvolles Gut. Gleicher Meinung seien auch Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung, wie Knauer beim bibliothekspolitischen Spitzentreffen in Sonderburg (Sønderborg) Anfang April feststellte.

Büchereien als politisches Forum

Dennoch wolle man sich neuen Entwicklungen nicht verschließen und mit der Zeit gehen. Dies spiegle sich auch im breiten Veranstaltungsspektrum der Büchereien wider. Mit „Digital Fit“ bietet der Verband eine Veranstaltungsreihe an, die Menschen im Umgang mit digitalen Neuerungen unterstützt. Bei der Namensgebung half eine KI. Der „digitale Schnack“, wie das Angebot zuvor hieß, führte immer wieder zu Missverständnissen.

Büchereien sollen in Zukunft vermehrt als Orte des demokratischen Diskurses gesehen werden, findet Knauer. Dies sei bereits in den Bibliotheksgesetzen in Norwegen und in den Niederlanden verankert. „Büchereien können den politischen Austausch befördern und so die Demokratie stärken“. Mit dem „Politischen Forum“ setze der Verband diese Idee bereits um.

Wir sind nicht das Sahnehäubchen der Minderheit. Wir sind das Schwarzbrot; die Basis.

Claudia Knauer

Deutsch-dänische Zusammenarbeit

In diesem Kontext hebt Knauer die gute Zusammenarbeit mit dänischen Einrichtungen hervor. Dies sei keineswegs eine Selbstverständlichkeit: „In Hadersleben und Sonderburg sitzen wir jeweils gemeinsam mit dänischen Bibliotheken im selben Haus. Das war vor einigen Jahrzehnten noch undenkbar”. Das harmonische Miteinander zeige im kleinen Rahmen, dass eine Annäherung zweier ehemals verfeindeter Völker durchaus möglich sei. Hierfür brauche es jedoch Zeit und die richtigen Brückenbauer.

„Ich kann mich erinnern, dass viele Däninnen und Dänen lange dachten, dass sie die deutschen Büchereien nicht nutzen dürfen. Das ist aber nicht der Fall”, erklärt Knauer. Die deutschen Büchereien sind auch an den dänischen Leihverkehr angeschlossen. 61 Prozent aller Büchereien, an die der Verband im Jahr 2023 Medien verlieh, stammten aus Dänemark – Tendenz steigend.

Selbstverständnis der deutschen Büchereien

Die deutsche Sprache habe, laut Knauer, in der Minderheit einen Hang zum Altmodischen. Der Verband greife mit aktueller Literatur die sprachliche Entwicklung auf und trage so aktiv zum Fortbestehen der Minderheit bei. Die beiden Bücherbusse des Verbands ermöglichten als „rollende Büchereien” auch eingeschränkten und älteren Menschen eine Teilhabe an diesem Prozess.

Für Knauer zeigt die positive Entwicklung der Nutzungs- und Ausleihzahlen, dass der entsprechende Bedarf vorhanden ist. Als Mittler zwischen den Kulturen komme den deutschen Büchereien in Nordschleswig eine zentrale Aufgabe zu: „Die Sprache ist das verbindende Element zwischen den Menschen – nicht nur die gesprochene, sondern auch die geschriebene. Und für letztere sind wir zuständig. Wir sind nicht das Sahnehäubchen der Minderheit. Wir sind das Schwarzbrot; die Basis”.

Verband Deutscher Büchereien Nordschleswig

  • 1949 Gründung des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig
  • Zentralbücherei in Apenrade
  • Vier Filialen in Tingleff (Tinglev), Tondern (Tønder), Hadersleben (Haderslev) und Sonderburg
  • Zwei Bücherbusse
  • Medienbestand insgesamt: 145.998 (Stand 2023)
  • Leserzahlen insgesamt: 5.039 (Stand 2023)
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