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Däne Claus Ruhe Madsen: Schleswig-Holsteins Minister für gutes Klima

Däne Claus Ruhe Madsen: Schleswig-Holsteins Minister für gutes Klima

Claus Ruhe Madsen: Minister für gutes Klima

Frank Jung/shz.de
Kiel
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In zwei Ländern und Kulturen zu Hause: Schleswig-Holsteins parteiloser Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen Foto: IMAGO/Petra Nowack

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Durch seinen dänischen Pass und sein Amt als Minister in Deutschland empfindet Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister eine Verantwortung für beide Seiten. Der Politiker ist überzeugt: In der Mentalität können beide Nationalitäten voneinander lernen. Auch er selbst.

Dänisch kommt ihm an allen Ecken entgegen

Claus Ruhe Madsen ist noch immer überrascht: Sogar die Garderobenfrau im Landtag spricht ihn jedes Mal mit ein paar Sätzen in seiner Muttersprache an. Und auch auf Terminen außerhalb des Regierungsviertels testen Menschen fast täglich an dem Politiker ihre Dänischkenntnisse. Nicht nur im Landesnorden, selbst in Lübeck und im Hamburger Umland hat er das erlebt.

Eigentlich ist Madsen Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit und Tourismus in der neuen Landesregierung aus CDU und Grünen. Doch schon nach wenigen Wochen zeichnet sich ab: Inoffiziell füllt der aus Dänemark stammende 50-Jährige noch ein Extra-Amt aus: Minister für Annäherung über die Grenze. Dass er Schleswig-Holsteins erstes Regierungsmitglied mit dänischer Staatsbürgerschaft ist, bleibt nicht unbemerkt.

Auch die Nähe zu Dänemark lockte ihn ins neue Amt

Zwar haben den bisherigen Rostocker Oberbürgermeister zuerst die Themen des Ressorts nach Kiel gelockt. Aber dass er seinen biografischen Mehrwert in Schleswig-Holstein durch die Verbundenheit des Landes mit Dänemark ganz anders würde ausspielen können als in Mecklenburg – das, so betont es Madsen, sei eine zusätzliche Verlockung gewesen. In ein anderes Bundesland wäre er nicht gegangen. „Das hätte mich nicht in der gleichen Art inspiriert.“ Zumal Ministerpräsident Daniel Günther ihm gegenüber „den großen Wunsch deutlich gemacht hat, dass wir die Bande nach Dänemark stärker knüpfen.“

Knapp 30 Jahre, davon die längste Zeit als Möbelhändler, lebt der in Struer an der Westküste Jütlands aufgewachsene Madsen schon in Deutschland. „Mit meinem dänischen Pass habe ich das Gefühl, dass ich für beide Seiten eine Verantwortung habe“, lautet sein Credo. Letztlich bestehe kein Zweifel, dass er als Minister für schleswig-holsteinische Interessen arbeite. „Aber es ist ja im schleswig-holsteinischen Interesse, wenn wir möglichst viel Austausch über die Grenze hinweg haben“.

Der relative Polit-Neuling legt das weit aus. Auch über die Zuständigkeiten seines Ministeriums hinaus fühlt er nach eigenen Worten eine Verpflichtung, dass es mit Dänemark rund läuft. „Wenn mich jemand anspricht auf ein Thema, das nicht in meinem Ressort liegt, habe ich trotzdem das Gefühl, dass ich mich darum kümmern muss. Ich tue es, um Lösungen herbeizuführen und nicht, damit da steht: Claus macht das.“

Und was ist mit dem Dänemark-Beauftragten?

Wie weit das dem in der Staatskanzlei vom Minderheiten- zum Dänemark-Beauftragten hochgestuften Johannes Callsen und Europaminister Werner Schwarz Raum zum Agieren lässt, muss sich zeigen. Allein die Tatsache, dass es jetzt einen „Dänemark-Beauftragten“ gibt, findet Madsen „ein starkes Signal“. Mit dieser Position habe die Landesregierung ein offizielles Instrument. Sich selbst sieht er für das Kabinett mit Blick auf Dänemark eher als „Zufallstreffer, ich bin der Beifang im Netz.“

Generell schätzt der Immigrant an Deutschen, dass das, was sie machen, „Hand und Fuß hat und stabil ist.“ Auch Eigenhumor bescheinigt er ihnen – aber ebenfalls, dass sie „alle ein bisschen eine DNA-Prägung des Gebeugten haben. Nach dem Motto: Bloß nicht zu sehr über etwas sagen: Das können wir.“

Pragmatismus und Agilität nach SH holen

Von Dänemark lernen könne Deutschland „viel mehr Pragmatismus, Umsetzungsdrang und Agilität“. „Man hat in einem kleinen Land viel mehr Mut“, glaubt der Däne. „Meine vornehmste Aufgabe als Minister sehe ich darin, Menschen zu motivieren. Wir dürfen nicht ,German Angst’ das Handeln bestimmen lassen. Angst führt automatisch zu Entscheidungen, die uns nicht nach vorne bringen.“

Diese Falle erlebt Madsen in Gesprächssituationen

Umgekehrt sieht sich Madsen selbst als Lernenden im deutsch-dänischen Kontext. „Ich bin im Gespräch ziemlich direkt, so wie Dänen es gewohnt sind. Oft wird mir dann gesagt: Claus, das musst du etwas anders rüberbringen.“ Deshalb führt er viel lieber Gespräche mit Menschen, die sich mit im Raum befinden und nicht am Telefon. „Dann kann ich am Gesicht erkennen, ob etwas falsch verstanden worden ist.“

Als „nicht unbedingt kompatibel mit deutschen Behörden“ empfindet der Amtsneuling den dänischen Führungsstil. „Die deutsche Führungskultur ist stärker davon geprägt, dass man macht, was der Chef vorgibt. Dann muss man als Mitarbeiter sehen, wie man das fachlich unterlegt bekommt“, benennt Madsen einen Unterschied. Hingegen sei sein Führungsstil „sehr darauf bedacht, dass die Menschen um mich herum etwas besser können als ich – sonst wären sie nicht da.“

Als Minister müsse er „da ein bisschen aufpassen, dass man systemkonform ist“. Madsen hat sich vorgenommen, dass sich beide Ansätze in der Mitte treffen: „Man kann sich gegenseitig prägen.“ Damit man nicht noch eines Tages wechselseitig in einem Wörterbuch mit dem Titel „Claus-Verwaltung/Verwaltung-Claus“ nachschlagen müsse.

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