Kommentar

„Minority Safepack durch die Hintertür schieben?“

Minority Safepack durch die Hintertür schieben?

Minority Safepack durch die Hintertür schieben?

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
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Minderheiten sollten andere Minderheiten, mit denen sie sympathisieren, moralisch und politisch unterstützen, findet der freie „Nordschleswiger“-Mitarbeiter Paul Sehstedt.

Hinrich Jürgensen, Vorsitzender des Bundes deutscher Nordschleswiger, hat angekündigt, den von der EU-Kommission abgelehnten, aber vom EU-Parlament unterstützten Minderheitenschutzakt mithilfe politischer Beziehungen in Deutschland und Dänemark durch die Hintertür zu schieben. Dies kündigte er in einem Interview mit dem „Nordschleswiger“ am 28. Februar 2021 an.

Die Europäische Bürgerinitiative Minority Safepack (MSPI) ruft dazu auf, eine Reihe von Rechtsakten zur Verbesserung des Schutzes nationaler und sprachlicher Minderheiten sowie zur Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in der Union zu verabschieden.

Dieser Aufruf wurde von 1,1 Millionen EU-Bürgern durch eine Unterschriftensammlung unterstützt. Ihre ablehnende Haltung begründet Kommission damit, dass sie die Ziele der Bürgerinitiative zwar anerkennt, der Rechtsakt aber nicht auf den Weg geschickt wird, da bestehende Rechtsvorschriften und Maßnahmen bereits den Schutz der Minderheiten gewähren.

Eine Verbesserung des Minderheitenschutzes in der Union könnte leicht mit dem europäischen Demokratieverständnis in Einklang gebracht werden, falls der Wille dafür in der Kommission zur Stelle wäre. Aktiver Minderheitenschutz steht jedoch nicht auf der Tagesordnung der EU-Kommission, weil sie ansonsten schon längst Maßnahmen ergriffen hätte, um den zehn politischen Gefangenen in Spanien zur Seite zu stehen.

Die EU-Kommission schickte Joseph Borrell, ihren Außenbeauftragten, nach der Verurteilung des Putin-Kritikers Nawalny nach Moskau, um im Kreml gegen die Behandlung des russischen Bürgerrechtlers zu protestieren und auf die Einhaltung der Menschenrechte zu pochen.

Doch gegen die Verurteilung von neun führenden katalanischen Separatisten erhob sich keine Stimme in der Kommission. Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik seit 2019 ist nämlich Spanier und war von 2018 bis 2019 Außenminister des iberischen Königreiches.

Die neun Katalanen wurden unter anderem wegen Ungehorsam verurteilt, weil sie 2017 eine Volksabstimmung für die Unabhängigkeit von Spanien trotz eines Verbots durch die Zentralregierung in Madrid durchführten.

Ungehorsam ist ein Begriff, der nicht in einem zivilen Rechtsstaat Anwendung findet. Spanien ist eine defekte Demokratie, denn offenbar ziehen Seilschaften aus der Franco-Vergangenheit noch an politischen Schnüren, um den Gesamtstaat zu erhalten.

Pablo Hasél, ein kritischer Sänger und Debatteur, wurde am 17. Februar inhaftiert und der Majestätsbeleidigung bezichtigt. Teile der spanischen Gesellschaft sind noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.

Die EU-Kommission muss ihre Glaubwürdigkeit dadurch untermauern, dass sie nicht nur den Minderheitenschutz durch zusätzliche Rechtsverordnungen stärkt, sondern auch die Entlassung der katalanischen Separatisten aus der Haft erwirkt. Obwohl die Katalanen ein Nationalvolk von rund 7,2 Millionen Menschen darstellen, sind sie auch eine Minderheit, die berücksichtigt werden muss.

Der BDN-Vorsitzende muss dänische und deutsche Politiker auf die zehn politischen Gefangenen aufmerksam machen, wenn er für den Minority Safe Pack wirbt. Minderheiten sollten andere Minderheiten, mit denen sie sympathisieren, moralisch und politisch unterstützen.

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