Antisemitismus in Flensburg

So blickt die Jüdische Gemeinde auf die Eskalation in Israel

So blickt die Jüdische Gemeinde auf die Eskalation in Israel

So blickt die Jüdische Gemeinde auf die Eskalation in Israel

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Flensburg, Elena Sokolowski, im vergangenen Oktober bei einem Besuch von Peter Harry Carstensen, dem Landesbeauftragten für jüdisches Leben. Foto: Marcus Dewanger

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Antisemitismus sei in Flensburg kein Alltags-Problem, meint ein Sprecher der Jüdischen Gemeinde.

Wie reagiert die Jüdische Gemeinde in Flensburg auf die antisemitischen Zwischenfälle auf der Palästina-Demonstration am Samstag auf dem Willy-Brandt-Platz? Wie nehmen die Juden in der Stadt die Gewaltspirale im Nahen Osten in den letzten Tagen wahr? 

Nach unserer Anfrage im jüdischen Gemeindezentrum in der Toosbüystraße ruft ein Vorstandsmitglied zurück. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Aus Angst? Nein, so möchte er das nicht verstanden wissen. Aber er wolle nicht im Vordergrund stehen. In anderen Berichten über die Gemeinde hat sein Name aber durchaus schon im Tageblatt gestanden.

Der Vorstand hat mich ausgewählt, mit Ihnen zu sprechen, weil ich mich auf Deutsch verständlich machen kann“, sagt er. Der Mann, ein promovierter Naturwissenschaftler im Rentenalter, stammt wie die meisten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde aus dem Raum der früheren Sowjetunion. Eine gewisse Unsicherheit ist ihm anzumerken, ob er wohl auf Deutsch alle Nuancen seiner differenzierten Meinung zum Nahost-Konflikt deutlich machen kann. Zur Kundgebung des Palästinensischen Vereins sagt er: „Das war eine angemeldete Demonstration. Das ist in einer Demokratie legitim.“ 

 

Rund 150 Teilnehmer kamen am Samstag zur Demonstration des Palästinensischen Vereins in Flensburg. Foto: Karsten Sörensen

 

Und dass am Rande der Veranstaltung der aus dem Irak stammende Aktivist Amed Sherwan attackiert, ihm seine Israel-Fahne entrissen wurde und er nach eigenen Angaben als „Scheiß Jude“ beschimpft wurde? So etwas sei nie schön. So ein Verhalten sei aber nicht repräsentativ für die Muslime in Flensburg, sagt der Mann. Es seien nur einzelne Personen, die ein politisches Interesse an einer Eskalation hätten. „In dem Stadtteil, in dem ich wohne, habe ich viele arabische Nachbarn, und wir verstehen uns hervorragend.“ Überhaupt fühle er sich in Deutschland gut aufgenommen. „Die Menschen und auch die Regierung stehen an unserer Seite.“ 

 

 

Die Jüdische Gemeinde Flensburg besteht seit gut 20 Jahren. Sie entstand, nachdem in den 1990er-Jahren viele ehemalige Sowjetbürger jüdischen Glaubens nach Deutschland gekommen waren. Andere übersiedelten in jener Zeit nach Israel. Und so haben heute viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Flensburg dort Freunde und Verwandte und verfolgen die Ereignisse in Israel auch deshalb aufmerksam. Zu den aktuellen Auseinandersetzungen sagt der Mann aus dem Gemeindevorstand: „Was ich höre, das macht Hoffnung, dass die Gewalt in ein paar Tagen wieder vorbei ist.“ Aber wie eine dauerhafte Lösung des Nahost-Konflikts aussehen könnte, da sei er ratlos. Der Schlüssel liege aber wohl nicht allein bei den Konfliktparteien. „Die internationalen Politiker müssen sich einigen, die USA, Europa, Saudi-Arabien und Jordanien.“

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