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Unsere Buchtipps zum Thema Feminismus

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Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Dänische Bücher zum Thema Feminismus. Foto: Lene Neumann Jepsen

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Es gibt viele verschiedene literarische – und natürlich allgemein künstlerische – Wege, sich mit dem Thema Feminismus auseinanderzusetzen. Ein Roman kann das ebenso leisten, wie ein Sachbuch oder eine Graphic Novel. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ stellen in diesem Beitrag Bücher vor, die sie im Hinblick auf die Rolle der Frau und deren Gleichberechtigung besonderes geprägt haben.

Marle Liebelt: Macht und Gewalt von Hannah Arendt

Die Philosophin Hannah Arendt ist nicht als Feministin in die Geschichtsbücher eingegangen. Und trotzdem hat die Denkerin mich feministisch geprägt.

Klar zum einen natürlich, weil sie eine der wenigen weiblichen Namen war, deren Gesellschaftstheorien die Runde machten. Aber vor allem ihre Gedanken zu Macht und Gewalt haben mich nachhaltig beeinflusst. Beide Begriffe werden oft in einem Zug genannt. Wer Macht hat, hat Gewalt.

Aber Hannah Arendt macht ein anderes Angebot: „Macht und Gewalt sind Gegensätze: Wo die eine absolut herrscht, ist die andere nicht vorhanden.“ Oder mit anderen Worten: Auf Gewalt greift nur zurück, wer an Macht verloren hat.

Damit hat Hannah Arendt mir klargemacht, dass diejenigen, die Gewalt ausüben, das tun, weil ihre Macht wackelt. Nicht andersherum.
Das macht Gewalt nicht erträglicher. Aber es macht Mut, zu kämpfen – zum Beispiel für Demokratie und gegen gesellschaftliche Ungleichheit. Hannah Arendt gibt der Stimme von vielen Macht.

Hannah Arendt: Macht und Gewalt Foto: Marle Liebelt

Sara Eskildsen: Eine treue Frau von Jane Gardam

Die britische Schriftstellerin Jane Gardam hat in ihrem Buch „Eine treue Frau“ ein kluges und ehrliches Bild über die Suche einer Frau nach sich selbst und ihrem Platz im Leben geschrieben. Über Elisabeth, die nach 50 Ehejahren still und bescheiden im Blumenbeet beim Tulpen einpflanzen stirbt. Still und bescheiden, so wie sie es ihr ganzes Leben zu sein hatte.

Das Buch schildert klug und fantastisch geschrieben ein ganz gewöhnliches Leben einer gewöhnlichen Frau in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts und lässt tief blicken in eine Zeit, in der Frauen alleine waren in ihrer Suche nach sich selbst und ihrem Platz im Leben.„Eine treue Frau“ zeigt die eine Seite der Medaille aus der Sicht von Elisabeth, Betty. In den Büchern „Ein untadeliger Mann“ und „Letzte Freunde“ verwebt Jane Gardam famos die Lebensschicksale dreier Menschen. In einer Zeit, als sich Frauen zwischen Krieg und leidenschaftslosen Ehen selbst der beste Partner sein mussten, um unerwiderte Liebe, Emotionen, Trauer und Freude verarbeiten zu können.

Jane Gardam: Eine treue Frau Foto: dtv

Finja Fichte: Der Ursprung der Liebe von Liv Strömquist

Liv Strömquist ist eine meiner Lieblingsautorinnen. Sie vermag es, komplexe und manchmal trockene, philosophische und feministische Theorien leicht verständlich zu machen und auf den Punkt zu bringen. Dies gelingt ihr mit viel Humor in lustigen Comics. „Der Ursprung der Liebe“ ist für alle, die wissen wollen, wo die Vulva anfängt und die Vagina aufhört und sich dafür interessieren, warum viele Frauen ein angespanntes Verhältnis zu ihrem Geschlechtsorgan haben.

Liv Strömquist: Der Ursprung der Liebe Foto: Avant Verlag

Lene Neumann Jepsen: Kvinde kend din historie von Gry Jexen

In den Geschichtsbüchern der dänischen Schulen werden von 1.725 Personen nur 89 Frauen namentlich genannt. „Eine katastrophale Schieflage“ nennt Historikerin Gry Jexen es. Sie ist die Autorin des Buches „Frau, kenne deine Geschichte“ (Kvinde kend din historie) in der sie 50 Frauen porträtiert, die für die Geschichte Dänemarks wichtig sind. Auch auf ihrem Instagram-Profil @kvinde_ken_din_historie leistet die Autorin ihren Beitrag für mehr Gleichstellung in der Geschichtserzählung.

Gry Jexen: Kvinde kend din historie Foto: Lene Neumann Jepsen

Cornelius von Tiedemann: Die beiden Erdsee-Trilogien von Ursula K. Le Guin

Nicht nur in der wirklichen Welt ist der Gedanke, dass es falsch ist, Frauen in Geschichte und Geschichten nur dazu dienen zu lassen, das männliche Heldentum zu untermauern, noch nicht überall angekommen. Auch in der Fiktion, dem Geschichtenerzählen, kommen manche bis heute nicht auf die Idee, dass es auch anders geht. 

Und zwar nicht einfach andersherum, also männliche Heldenepen auf weibliche Charaktere ummünzen und ihnen so zugestehen, dass sie ja auch echte Helden sein können. Sondern so anders, dass es Heldinnen gibt, die all jenes Heldentum, nach dem viele Leserinnen und Leser von Fantasy-Literatur sich zu sehnen scheinen, auseinandernehmen und ganz neu zusammensetzen.

Ursula K. Le Guin hat das gemacht, schon vor Jahrzehnten. In der ersten Erdsee-Trilogie hat sie das vorbereitet, und in der zweiten Erdsee-Triologie dann vollendet. Wenn heute so etwas wie der Barbie-Film nötig ist (ist er das?), dann auch deshalb, weil nicht genügend Eltern ihren Kindern die Erdsee-Saga vorgelesen haben. Harry Potter und der Herr der Ringe können warten. Lest mit ihnen die Erdsee-Saga, und sie werden alle anderen Fantasy-Bücher, und vielleicht sogar die echte Welt, mit neuen Augen sehen. Aber Vorsicht: Sie werden Euch sicherlich auch manche Frage stellen!

Besonders zu empfehlen ist die aktuelle, von Karen Nölle übersetzte Ausgabe im Verlag Fischer Tor – die als Hörbuch (Hörbuch Hamburg) sogar mit sehr aufschlussreichen Vor- und Nachworten der Autorin selbst versehen ist.

Ursula K. Le Guin: Die erste und zweit Erdsee-Triologie Foto: Fischer Tor

Amanda Klara Stephany: Nie, nie, nie von Linn Strømsborg 

Eine 35-jährige Protagonistin, die nicht Mutter werden möchte. „Ich will keine Kinder, nicht mit ihm, mit niemandem, schon gar nicht mit mir selbst.“

Ihr klare Ablehnung löst Unverständnis und Kritik in ihrem sozialen Umfeld aus. Doch während sie sich durch den Widerstand von Familie und Freunden kämpft, bleibt sie fest in ihrer Entscheidung verankert und verurteilt keinesfalls andere Lebensweisen. Dieses Thema gewinnt in feministischer Hinsicht zunehmend an Bedeutung, da es die neu gewonnene Entscheidungsfreiheit in Bezug auf Kinderlosigkeit beleuchtet. Frauen und Menschen mit Gebärmutter haben die Freiheit, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten, sei es mit oder ohne Kinder. Im angelsächsischen Raum wird aus gewollter Kinderlosigkeit, der Begriff „childfree“, übersetzt „kinderfrei“. 

Und während sich in der Politik und in den Medien viele Menschen berechtigte Gedanken machen, wie der Rückgang der Geburten in gewissen Ländern abgemildert werden kann, wird eine Perspektive in diesem Diskurs manchmal missachtet: Frauen, die „kinderfrei“ leben. Deren Gründe nicht unzureichende Kinderbetreuung, eine unliebsame Partnerschaft oder die erhöhte Altersarmut von Müttern sind, sondern die einfache (oder nicht so einfache) Entscheidung getroffen haben, nicht Mutter werden zu wollen.


Und so ermutigt die Protagonistin dieses norwegischen Romans vor allem darum Frauen, ihren Weg zu gehen, weil sie nicht urteilt und Frauen gegeneinander ausspielt, sondern ganz klar an die eigene Entscheidungsfreiheit appelliert.

Linn Strømsborg: Nie Nie Nie Foto: Dumont

Lene Neumann Jepsen: Den utålmodige feminist von Rikke Kristine Østergaard und Naja Lind Rasmussen

Ganze 28 Länder haben mehr Gleichstellung als Dänemark. Warum? Diese und viele weitere Fragen zur fehlenden Gleichstellung stellen die Autorinnen Naja Lind Rasmussen und Rikke Kristine Østergaard in ihrem Buch „Die ungeduldige Feministin“. Sie geben auch Antworten, gewürzt mit vielen Fakten und Statistiken zu den gängigsten Argumenten gegen Gleichstellung. Auf Instagram habe die zwei Feministinnen, die sich anfangs sehr von dieser Bezeichnung distanzierten, ein Universum rund um das Thema Gleichstellung aufgebaut. Hineinschauen lohnt sich: @dittodittodk

Rikke Kristine Østergaard und Naja Lind Rasmussen: Den utålmodige feminist Foto: Lene Neumann Jepsen

Anna-Lena Holm: „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“, von Alexandra Zykunov

Zu Beginn rät die Autorin des Buches „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“, Alexandra Zykunov, dazu, bevor man sich der Lektüre widmet, Maßnahmen vorzubereiten, die den Lesenden schnell wieder zu ruhigerem Puls verhelfen. Die Erkenntnis, dass dieser Hinweis nicht nur ein lapidarer Selfcare-Tipp, sondern ernst gemeint und absolut berechtigt ist, erfolgt recht schnell. Zyrkunov bringt die Dinge auf den Punkt und erläutert die Hintergründe verschiedener Facetten der Gleichberichtigungsproblematik so einleuchtend, dass die Wut den Körper gar nicht mehr verlassen will – so habe ich es erlebt. Mein Tipp daher: In kleinen Happen lässt sich die Wut aufs Patriarchat am besten verdauen.

Alexandra Zykunov: „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“ Foto: Ullstein
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