Ausblick 2024

Bahn, Ballsport, Barrieren: Highlights und Schwerpunkte des Minderheitenbeauftragten Callsen

Bahn, Ballsport, Barrieren: Highlights und Schwerpunkte des Minderheitenbeauftra

Highlights und Schwerpunkte des Minderheitenbeauftragten

Kiel
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Barrieren im Grenzland sollen nach dem Wunsch von Johannes Callsen weiter reduziert werden. Foto: dpa

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Europeada, Barrieren im Grenzland und der Bahnverkehr: Der Minderheitenbeauftrage und Dänemark-Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein, Johannes Callsen, spricht im „Nordschleswiger“ über die minderheitenpolitischen Highlights und die Schwerpunkte seiner Arbeit in diesem Jahr.

„Minderheitenpolitisch freue ich mich sehr auf dieses Jahr, das gleich von mehreren Highlights geprägt sein wird“, sagt Johannes Callsen. Der Minderheitenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein spricht mit dem „Nordschleswiger“ über die Höhepunkte des Jahres 2024 und gibt einen Ausblick bezüglich der Themen, die das Grenzland 2024 bewegen wird.

Brücken bauen mit der Europeada

„Da ist zum einen die Europeada, für deren Organisation die Minderheiten sich beispielhaft zusammengetan haben, um unsere Region im Rahmen dieser Europameisterschaft der Minderheiten auch als Modellregion der Zusammenarbeit zu präsentieren und im sportlichen Wettbewerb völkerverbindende Brücken zu bauen“, hebt Callsen gleich ein sportliches Event in den Mittelpunkt seines Jahresausblicks. 

Die Europeada findet im Sommer zeitgleich zur Fußball-Europameisterschaft der Männer statt. Vom 28. Juni bis zum 7. Juli treten in Nord- und Südschleswig 27 Männer- und 9 Frauenteams an. 

Fakten zur Europeada 2024

Die Europeada 2024 wird von den vier Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland veranstaltet: der deutschen Minderheit in Nordschleswig, der dänischen Minderheit in Südschleswig, den Friesen sowie den Sinti und Roma im Norden Deutschlands. Träger der Europeada ist die FUEN, die Organisation für autochtone Minderheiten in Europa

Das Motto „Between the Seas“ ist Programm: Gespielt wird an 14 Orten in Deutschland und Dänemark, zwischen Nord- und Ostsee.

Die Gruppenphase der Männer findet vom 30. Juni bis 2. Juli in sieben Gruppen statt. Die Frauen spielen in drei Gruppen gegeneinander. Die K.-o.-Runde sowie die Platzierungsspiele finden vom 4. bis 6. Juli 2024 statt.

Neben der feierlichen Eröffnungszeremonie und den Finalspielen wird ein weiteres Highlight der traditionelle Kulturtag in der Mitte des Turniers sein, an dem die teilnehmenden Minderheiten einander ihre Kultur, Sprache und Traditionen präsentieren. Zudem wird es ein Rahmenprogramm mit Konzerten, Podiumsdiskussionen und vielem mehr geben.

Mehr Infos zu dem Turnier gibt es auf der offiziellen Webseite der Meisterschaften: www.europeada.eu

FUEN-Kongress im September

Im Herbst wartet dann ein für Callsen weiteres Highlight: Der FUEN Kongress. Er findet vom 19. bis zum 21. September in Husum auf Einladung des Friesenrates (Frasche Rädj) statt. Die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten ist der Hauptvertreter und größte Dachverband der autochthonen nationalen Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgemeinschaften in Europa. 

„Der FUEN-Kongress wird nicht nur minderheitenpolitisch mit den aktuellen Fragestellungen bedeutend, sondern auch als Schaufenster für die minderheitenpolitische Kompetenz unserer Grenzregion“, sagt Callsen.

Friesen aus Nord, West und Ost auf Sylt

Ein weiteres Highlight für den Dänemark-Bevollmächtigten von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist der im Frühsommer auf Sylt (Sild) stattfindende „Interfriesische Kongress“. „Auch dies ist ein Zeichen der Verbundenheit der friesischen Volksgruppe von Westfriesland bis an die Westküste.“ Vom 31. Mai bis zum 2. Juni kommen Friesen aus Nord, Ost und West zusammen, um über ökonomische Perspektiven, die Entwicklung friesischer Dörfer, Migration oder die Folgen des Klimawandels zu sprechen.

Sprachenpolitik auf der Agenda 

Was seine Arbeit betrifft, so gibt es für Callsen ebenfalls mehrere Schwerpunkte. „Wir arbeiten an der Fortschreibung des Handlungsplanes Sprachenpolitik weiter“, sagt der 57-Jährige. Er habe dazu Gespräche mit den Sprechergruppen geführt und hoffe, „dass wir in der Förderung unserer geschützten Regional- und Minderheitensprachen weitere Schritte vorankommen.“

Ziel des Handlungsplans ist es laut Landesregierung, die einzigartige sprachliche Vielfalt Schleswig-Holsteins zu schützen und zu stärken. Die Sprache der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig, der friesischen Volksgruppe in Nordfriesland und auf der Insel Helgoland sowie im gesamten Landesgebiet das Romanes und die Regionalsprache Niederdeutsch sind laut Handlungsplan ein wichtiger Teil des kulturellen Reichtums.

Der FUEN-Kongress wird nicht nur minderheitenpolitisch mit den aktuellen Fragestellungen bedeutend, sondern auch als Schaufenster für die minderheitenpolitische Kompetenz unserer Grenzregion.

Johannes Callsen

Minderheiten als Brückenbauer

„Ein Schwerpunkt wird weiterhin die deutsch-dänische Zusammenarbeit sein. Wir haben aus vielen Gesprächen zahlreiche Hinweise und Anregungen für die neue Dänemarkstrategie aufgenommen, an der wir intensiv arbeiten“, verrät Callsen. Sie soll im Sommer fertig sein.

In der Präambel des Entwurfs sind auch die Minderheiten als „Brückenbauer“ explizit erwähnt. Dort heißt es: „Sowohl die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein als auch die deutsche Minderheit in Nordschleswig prägen grenzüberschreitend unsere Region und tragen zu Freundschaft, Partnerschaft und Verständigung über die Grenze hinweg bei. Sie sind Brückenbauer auch in der Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark.“ Des Weiteren sind einige der Eckpunkte etwa der Abbau von Grenzbarrieren, ein grenzübergreifender Arbeitsmarkt oder die Stärkung des grenzüberschreitenden ÖPNV

„Ich kann schon jetzt sagen, dass es beeindruckend ist, welche Vielzahl an Projekten und Kontakten es auf allen Ebenen über die Grenze hinweg gibt – und die nicht täglich im Fokus stehen. Das zeigt mir, dass die Menschen in der Grenzregion wie selbstverständlich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit leben – das ist ein wichtiges Zeichen, denn Kooperation kann nicht verordnet, sondern muss von den Menschen getragen und gelebt werden.“

Bereitschaft zur Kooperation

Diese Bereitschaft zur Kooperation spüre er auch bei Gesprächen in den Ministerien in Kopenhagen, wo Schleswig-Holstein offene Türen habe. „Dabei habe ich stets auch die Interessen der Nordschleswiger mit im Blick und konnte zum Beispiel in Kopenhagen auch für die Finanzierungsfrage des deutschen Gymnasiums werben, die ja inzwischen gelöst ist.“

Mit der Berufung von Stephanie Lose zur Wirtschaftsministerin in Kopenhagen könne Schleswig-Holstein seine bereits in der Region praktizierte Zusammenarbeit auf Regierungsebene fortsetzen. „Das kann für unsere grenzüberschreitende Kooperation nur hilfreich sein“, sagt Callsen.

Johannes Callsen
Johannes Callsen Foto: Frank Peter/Land SH

Werben für mehr Bahnverkehr im Grenzland

Grenzüberschreitender Bahnverkehr ist dabei ein weiteres Thema, für das sich Callsen weiter starkmachen will. Schleswig-Holstein und die Region Süddänemark haben eine Erklärung verfasst, in der sie sich gemeinsam für eine Verbesserung der Bahn-Fernverbindungen auf der Jütland-Route Hamburg – Aarhus bis Kopenhagen einsetzen. „Dieses deutliche Interesse der Grenzregion habe ich erst kürzlich in einem Gespräch mit der Deutschen Bahn noch einmal betont und meine Erwartung unterstrichen, dass es seitens der Deutschen Bahn ein deutliches Signal für die Fernzüge auf der Jütland-Route gibt.“

Inwieweit Callsen Erfolg haben wird, ist offen. Die Deutsche Bahn hält etwa einen Fernbahnhof im Flensburger Stadtteil Weiche für überflüssig. Die Fraktionen der Flensburger Ratsversammlung wollen mit einer Sanierung des stillgelegten Bahnhofes wieder mehr IC-Verbindungen in die Fördestadt holen. Bei der Deutschen Bahn fokussiert man sich bereits auf die Zeit nach der Fertigstellung der Fehmarnbelt-Route. Dann sollen die IC-Verbindungen von Hamburg nach Kopenhagen über Fehmarn führen – mit Folgen für das Grenzland. 

Abbau von Grenzhindernissen durch „Flensburger Vertrag“

Die Arbeit in der von Schleswig-Holstein angeregten deutsch-dänischen Arbeitsgruppe, an der auch die Minderheiten mit ihren Erfahrungen beteiligt sind, läuft zu den einzelnen Themenfeldern sehr intensiv, so Callsen. Er sei gespannt auf die Ergebnisse, die anschließend in zielführender Weise verstetigt werden müssten. „Ich habe schon bei der Auftaktsitzung der Arbeitsgruppe in Flensburg für eine deutsch-dänische Vereinbarung zum Abbau von Grenzhindernissen ähnlich des deutsch-französischen Vertrages von Aachen geworben und habe dies bei der folgenden AG-Sitzung in Kopenhagen noch einmal wiederholt. Ein ähnlicher ‚Vertrag von Flensburg‘ wäre doch eine Vision“, sagt der Dänemark-Bevollmächtigte.

Der Vertrag von Aachen

Der Aachener Vertrag von 2019 ist ein bilaterales Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich und ist eine Neuauflage des Élysée-Vertrages von 1963. Er besteht aus 28 Artikeln und sieht unter anderem vor, die kulturelle Vielfalt zu stärken sowie die Sicherheitsinteressen beider Staaten anzugleichen. 

Außerdem sollen die Menschen in beiden Ländern von einem gemeinsamen Kultur- und Medienraum profitieren und etwa Mobilität und Austauschprogramme ausgebaut werden. Auch praktische Dinge sollen vereinfacht werden: Der Spracherwerb, die Anerkennung von Schulabschlüssen oder deutsch-französische Studiengänge und Ausbildungen. Ein gemeinsamer Bürgerfonds soll beide Völker noch näher zueinander bringen. 

In Artikel 13 ist auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit festgehalten und damit einhergehend der Abbau von Hindernissen, um den Alltag der Menschen in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Umwelt, Gesundheit, Energie und Transport zu erleichtern.

Ein Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (Art. 14), die Verpflichtung, das Ziel der Zweisprachigkeit in den Grenzregionen zu fördern (Art. 15) und die grenzüberschreitende Mobilität zu erleichtern (Art. 16) sind weitere Punkte des Aachener Vertrages. 

Zum gesamten Aachener Vertrag

Ich bin der Überzeugung, dass beide Seiten von einem solchen dauerhaften Prozess zum Abbau von Grenzbarrieren profitieren können.

Johannes Callsen

Er habe sich beim Nordischen Ministerrat in Kopenhagen erläutern lassen, wie ein solcher dauerhafter Prozess zum Abbau von Grenzhindernissen funktionieren könnte, sagt Callsen. „In diesem Sinne habe ich bei der Bundesaußenministerin in Berlin für eine Verstetigung dieser wichtigen Aufgabe zwischen Deutschland und Dänemark geworben. Die Resonanz ist positiv, und ich bin der Überzeugung, dass beide Seiten von einem solchen dauerhaften Prozess zum Abbau von Grenzbarrieren profitieren können.“

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