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Das Schülerheim des alten deutschen Gymnasiums – ein fast vergessener Ort
Das Schülerheim des alten deutschen Gymnasiums
Das Schülerheim des alten deutschen Gymnasiums
Die Plätze in der Einrichtung wurden zunächst nur an Jungen vergeben / 1945 wurden dort deutsche Flüchtlinge untergebracht.
Nicht immer muss ein Gegenstand das Objekt der Betrachtung sein. Wie in diesem Falle kann es auch ein historischer Ort sein, der heute wohl nur noch wenigen Menschen ein Begriff sein wird.
Das heutige Internat des Deutschen Gymnasiums ist für uns ein so natürlicher und unverzichtbarer Teil des Ganzen, dass man sich ein Gymnasium ohne diese Einrichtung nicht mehr vorstellen kann. Schon mit dem Neubau des Gymnasiums in den 1960ern wurde auch das Internat mit angedacht und gebaut.
Denkt man über die Entfernungen und die Busfahrtzeiten in Nordschleswig nach, so ergibt es Sinn, dass man schon damals das Internat mit eindachte.
Was vielen nicht bekannt sein wird – auch das alte deutsche Gymnasium hatte, wenn auch nur kurze Zeit, schon ein Internat. Damals wurde es als Schülerheim bezeichnet.
Wie schon in einem anderen Artikel erwähnt, zeigte die deutsche Minderheit in den Zwischenkriegsjahren ein Interesse daran, ein eigenes Netz von Jugendherbergen aufzubauen. Dem Verein „Deutsches Jugendheim“ glückte es 1928, bei einer Zwangsversteigerung ein Haus zu ersteigern.
Nach einer Umbauphase konnte es im Juni 1929 seinen Betrieb aufnehmen. Zwei Jahre später sollte die Apenrader Jugendherberge, mit der neu gebauten Jugendherberge auf dem Knivsberg (Langbehnhaus), aus den eigenen Reihen Konkurrenz erhalten. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs konnte sich der Betrieb der Jugendherberge in Apenrade erst recht nicht mehr lohnen.
Der Verein „Deutsches Jugendheim“ und das „alte“ deutsche Gymnasium nahmen Verhandlungen auf und einigten sich darauf, dass es zukünftig als Schülerheim genutzt werden sollte. Im Winter 1942/43 wurden umfassende Um- und Anbauarbeiten durchgeführt, sodass die Eröffnungsfeier am 30. März 1943 stattfinden konnte. Bei dieser waren u. a. Johannes Schmidt-Wodder, Jef Blume als Landesjugendführer, der Schulrat Elholm und der deutsche Konsul Lanwer vor Ort. Dr. Gäde, Leiter des Gymnasiums, schrieb in seinem Jahresbericht ergänzend dazu, dass die Versammlung mit einer nordschleswigschen Kaffeetafel verpflegt wurde.
Eingerichtet war das Schülerheim mit 30 Schlafplätzen, die nur an Jungen vergeben wurden. Neben einem Gemeinschaftsraum und einem Essraum gab eine einen großen Schlafsaal (siehe Abb.), mehrere kleinere Schlafsäle, einen Waschraum, einen Duschraum, einen Schuhputzraum und einen der Zeit geschuldeten Luftschutzraum.
Geleitet wurde das Schülerheim anfangs von Studienassessor Horns. Als dieser 1943 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, übernahm Studienrat Dr. Hansen die Leitung.
Zumindest bis Januar 1945 müssen noch Schüler im Schülerheim gewohnt haben. Denn über die eingehende Miete der Schüler wurde noch Buch geführt. Bald aber, so wie in vielen Gebäuden der deutschen Minderheit, sollten deutsche Flüchtlinge dort untergebracht werden. Das Schülerheim sollte bis mindestens April 1947 als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden.
Noch während die deutschen Flüchtlinge im Haus untergebracht waren, entbrannte ein Rechtsstreit um das Gebäude. Im Mittelpunkt stand dabei das Konstrukt, dass der Verein „Deutsches Jugendheim“ und das „alte“ deutsche Gymnasium für dessen Nutzung gewählt hatten. Zwar war der Verein immer noch Eigentümer des Hauses, hatte aber keine Miete vom Gymnasium verlangt. Gelder für Um- und Anbau kamen vom Gymnasium bzw. von dritter Seite. Hier lag der Knackpunkt, warum das Gebäude schlussendlich gepfändet wurde. Damit mussten auch die Pläne aufgegeben werden, an dem Ort zwischenzeitlich eine neue deutsche Schule einzurichten.
Damit war das „Alte Internat“ Geschichte. Das Gelände des ehemaligen Schülerheims liegt an der Apenrader Bjerggade.