Kulturerbe
Von der Krusau in die Weltmeere
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Oder: Wie aus einer verbeulten Blechplatte aus Kupfermühle ein begehrtes Stück südafrikanisches Kulturgut wurde.
Ein Stück verbeultes Blech hat die Verantwortlichen im Industriemuseum Kupfermühle in den vergangenen Wochen in ein Wechselbad der Gefühle getunkt. Es begann mit aufgeregter Begeisterung, dann folgte die große Ernüchterung, gepaart mit Enttäuschung und im Moment stellt sich beim Museumsteam angeführt von der wissenschaftlichen Leiterin Susanne Rudloff und dem Geschäftsführer Svend Lykke-Schmidt zumindest ein Stück weit Erleichterung und Zuversicht ein.
Bei dem verbeulten Blech handelt es sich um ein Fundstück eines südafrikanischen Ehepaars. Die Eheleute hatten das Schiffsblech an einem Strand am südafrikanischen Ost-Kap gefunden und mit nach Hause genommen. Sie vermuteten bei dem glänzenden Fundstück zunächst einen Goldfund und gruben ihn aus dem Sand.
Eine Punze weckte den detektivischen Spürsinn
Es war den Eheleuten schnell klar, dass es sich nicht um Gold, sondern um ein Stück Blech handelte. Nichtsdestotrotz nahmen sie den Fund mit nach Hause. Beim genaueren Hinsehen entdeckten sie einen Stempel (eine sogenannte Punze), von dem sie nicht alles entziffern konnten. Eine Internetsuche brachte das Ehepaar jedoch auf die Homepage des Industriemuseums Kupfermühle.
Dass es sich bei der Fundsache um ein Schiffsplatte aus sogenanntem Yellow Metal und damit um eine Sensation für das Industriemuseum handelte, war den Verantwortlichen dort schnell klar, als sie eine Mail der Eheleute mit einem Foto der verbeulten Blechplatte erhielten.
Ein Geschenk mit Hindernissen
Das südafrikanische Ehepaar hatte eigentlich vorgehabt, das Blech anderweitig, eventuell für eine Kunstinstallation oder Ähnliches, zu verwenden, war aber so mitgerissen über die Begeisterung, die ihr Fundstück in Kupfermühle auslöste, dass sie das Blech dem Industriemuseum schenken wollten.
Allerdings bedurfte es einer gehörigen Portion Diplomatie, Geduld und Beharrlichkeit, um die notwendigen Unterschriften und Stempel zu erhalten, damit das Blech letztendlich auch vom Zoll ausgehändigt wurde. Großes Lob zollt die Museumsleiterin Rudloff dem ehrenamtlichen Geschäftsführer Svend Lykke-Schmidt, der viel Zeit und Engagement in das Projekt gesteckt hat. Nur kurz währte in Kupfermühle jedoch die Freude über den „Schatz“. Das East London Museum in Südafrika meldete nämlich seinerseits Besitzansprüche an. Es gehöre zum südafrikanischen Kulturguterbe, weil es dort gefunden wurde, lautete das Argument, obwohl es eindeutig in der Krusauer Kupfermühle und ziemlich wahrscheinlich als Schiffsblech für die norwegische Bark „Volo“ in Arendal (Norwegen) gefertigt wurde.
Schiffsbruch am Ost-Kap
Die „Volo“ war ein Handelsschiff. Sie segelte zwischen dem schwedischen Göteborg nach Mozambique und erlitt 1896 zwischen Kwaaihoek und der Mündung des Bushman River Schiffsbruch am südafrikanischen Ost-Kap und sank. Die Besatzung konnte damals gerettet werden.
„Jahrzehntelang haben Einheimische an der Küste Bleche und andere Dinge der Ladung und Schiffsausrüstung unbehelligt aufgesammelt und zu Hause verbaut oder in Kunstwerke verarbeitet, ohne dass sich südafrikanische Behörden daran gestört haben“, ärgert sich Susanne Rudloff doch sehr, dass sie den „Schatz“ wieder hergeben muss.
„Wir sind verpflichtet, das Exponat nach Südafrika zu senden, da das Blech ca. 130 Jahre auf südafrikanischen Boden gelegen hat und somit auch nach den UNESCO-Abkommen dortiges Kulturgut ist“, erläutert die Museumsleiterin den Sachverhalt.
Diese Informationen hat das Industriemuseum Kupfermühle vom Auswärtigen Amt bekommen, zu dem die Museumsleitung Kontakt aufgenommen hatte, um die Situation zu klären.
Der Beweis ist gefunden
Dass die Werft in Arendal ein guter Kunde der „Crusauer Kupfer- und Messingfabrik“ gewesen war, dafür hatte die wissenschaftliche Leiterin schnell Belege finden können. Allerdings fehlte ihr lange noch der entscheidende Beweis, dass auch die Bark „Volo“ mit Kielblechen aus Kupfermühle vor dem Holzwurm und ähnlichem Getier geschützt wurde.
Dieser Beweis liegt inzwischen vor. Beim intensiven Studium der Auftragsbücher, die sich im Archiv der Dänischen Zentralbibliothek Flensburg (Flensborg) und der Privatsammlung Daetz befinden, ist es dem Museumsteam gelungen, den Eintrag zu finden, der eindeutig belegt, dass die „Crusauer Kupfer- und Messingfabrik“ im Dezember 1891 die Kielplatten, Bolzen und Nägel für die „Volo“ in Arendal lieferte.
Historischer Wert erkannt
Zur großen Erleichterung der Verantwortlichen im Industriemuseum Kupfermühle haben die südafrikanischen Behörden wohl auch deshalb inzwischen den historischen Wert des Fundstücks erkannt. Das Stück Blech soll nun direkt an das renommierte „Iziko Museum of South Africa“ in Kapstadt geschickt werden und dort in die Sammlung für maritime Archäologie aufgenommen werden.
„Auf die Anfrage einer möglichen Ausleihe auf internationaler Basis wurde positiv reagiert“, erzählt Susanne Rudloff. Noch in dieser Woche, wenn alle Aus- und Einfuhrunterlagen komplett sind, wird das Blech verpackt und nach Südafrika zurückgeschickt.
Wann dann eine Ausleihe möglich ist, kann die Museumsleiterin zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen.
Dem Artikel wurden am 20. Juli weitere Fotos hinzugefügt, die dem „Nordschleswiger“ vom Industriemuseum Kupfermühle zur Verfügung gestellt wurden.