Furcht

Deutschlands Wirtschaft im zweiten Quartal geschrumpft – Dänemark besorgt

Deutschlands Wirtschaft im zweiten Quartal geschrumpft – Dänemark besorgt

Deutschlands Wirtschaft besorgt Dänemark

dpa/hm
Deutschland/Dänemark
Zuletzt aktualisiert um:
Kräne stehen auf dem Werksgelände des Herstellers Liebherr in Ehingen/ Baden-Württemberg. Die deutsche Wirtschaft hat im zweiten Quartal nach Einschätzung von Ökonomen einen deutlichen Dämpfer erhalten. Foto: Thomas Warnack/dpa

Internationale Handelskonflikte haben die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal ausgebremst. Das beschäftigt auch die Medien in Dänemark, denn der Nachbar im Süden ist der größte Handelspartner.

Die exportorientierte deutsche Wirtschaft hat im Frühling eine Vollbremsung hingelegt. Belastet von internationalen Handelskonflikten und der Abkühlung der Weltwirtschaft schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Das teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in einer ersten Schätzung mit. Zum Jahresanfang war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent gewachsen. Zuletzt hatten sich auch die Aussichten für die kommenden Monate eingetrübt. Ein Konjunkturabsturz im Gesamtjahr wird jedoch nicht erwartet.

Sinkt die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer „technischen Rezession“. Es handelt sich in diesem Fall aber nur um eine sehr milde Rezession. Bislang verlief ein Quartal im Minus.

Bremse Außenhandel und Strukturwandel

Gebremst wurde die Entwicklung nach Angaben der Wiesbadener Behörde vom Außenhandel. Die Exporte von Waren und Dienstleistungen sanken im Vergleich zum Vorquartal stärker als die Importe. Die Abkühlung der Weltwirtschaft, die Unsicherheiten wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China sowie die Unwägbarkeiten des Brexits belasten die exportorientierte deutsche Industrie. Hinzu kommt der Strukturwandel in der Autoindustrie durch die Elektromobilität. Gestützt wurde die Konjunktur dagegen von der Kauflaune der Verbraucher, die jedoch zuletzt zurückhaltender in ihrem Konsum wurden.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten interessieren auch in Dänemark

Die Nachricht sorgte in Dänemark für Aufsehen, verschiedene Medien berichten ausführlich über die Situation in Deutschland, unter anderem Danmarks Radio (DR). Dort erläutert Wirtschaftskorrespondent Casper Schrøder die Folgen für Dänemark: „Deutschland ist das Land, in das wir am meisten verkaufen. Sollte die deutsche Wirtschaft den Rückwärtsgang einlegen, werden das viele Unternehmen in Dänemark merken“, so Schrøder, der bereits von einer Rezession in Deutschland spricht. Ob diese Dänemark erreiche, sei aber nicht gewiss, da die dänische Wirtschaft auch von anderen Motoren angetrieben werde, so Schrøder.

In Danmarks Radio vertritt Carsten Brzeski, Chefökonom der niederländischen Bank ING, die Meinung, dass das goldene Jahrzehnt der deutschen Wirtschaft nun vorbei ist. Neben den erwähnten Ursachen des Abschwungs mahnt die Zeitung „Politiken“ auch eine fehlende Innovationskraft an. Was Patente und Forschungsergebnisse anbelange, könne Deutschland  beispielsweise nicht mehr mit den USA oder Südkorea mithalten.

 

Ein negatives drittes Quartal in Deutschland ist wahrscheinlich und damit eine zumindest leichte Rezession.

Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater

Wirtschaftsminister sieht keinen Abschwung

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete die Zahlen als „Weckruf“ und „Warnsignal“, in der „Bild“ verneint er aber einen deutlichen Abschwung.

Die für das dritte Vierteljahr erhoffte Konjunkturerholung steht nach zuletzt eher schwachen Daten zunehmend infrage. „Ein negatives drittes Quartal in Deutschland ist wahrscheinlich und damit eine zumindest leichte Rezession“, sagte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bleibt die deutsche Wirtschaft „in einem Graubereich zwischen Magerwachstum und Rezession“.

Claus Michelsen, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Zeit reif für einen Kurswechsel: „Der Staat sollte mehr Geld ausgeben, um beispielsweise Projekte der Energie- und Mobilitätswende, im Bereich der Digitalisierung, aber auch auf dem Wohnungsmarkt voranzubringen.“ Die Gelegenheit sei dank historisch niedriger Zinsen günstig wie nie zuvor, um die deutsche Wirtschaft zukunftsfest zu machen.

Deutschland – kranker Mann Europas?

Im europäischen Vergleich zählte Deutschland zu den Schlusslichtern bei der Wirtschaftsentwicklung. „Politiken“ spricht gar vom „kranken Mann Europas“. In Deutschland mehren sich die Stimmen, Abstand vom Festhalten an der „schwarzen Null" zu nehmen. Der Staat soll investieren und Schulden in Kauf nehmen.

Im Euroraum insgesamt wuchs das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Statistikamtes Eurostat um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die 28 EU-Länder legten ebenfalls um 0,2 Prozent zu. Rückläufig war die Wirtschaftsleistung neben Deutschland im Brexit-Land Großbritannien und in Schweden. Das sind allerdings die drei wichtigsten Märkte überhaupt für dänische Unternehmen, und bei Danfoss musste CEO Kim Fausing diese Woche feststellen, dass der Handelskrieg zwischen China und den USA ebenfalls negative Folgen für das Unternehmen habe.

Finanzexperte: Keine Rezession, nur geringeres Wachstum

Unterdessen warnt die Dänische Nationalbank vor einer Rezession in den USA, die auch für Dänemark Folgen hätte. Denn seit 1971 hat es in den USA keine Rezession gegeben, ohne dass es gleichzeitig auch in Dänemark bergab ging.

Was die wirtschaftliche Lage Europas und der Welt angeht, widerspricht Helge Pedersen, Chefökonom der Nordea-Bank  in der Zeitung „Finans" dem Schreckensszenario „Rezession":  „Wir sehen vor uns kein  Rezessionsszenario. Wir sehen geringeres Wachstum", so Pedersen.

Mehr lesen