Diese Woche in Kopenhagen

„Freundschaften“

Freundschaften

Freundschaften

Kopenhagen
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Echte Freunde kann man nicht für Geld erstehen, wie der Sänger Jodle-Birge es bereits seinerzeit so treffend formulierte. Doch manchmal muss man auch mit weniger echten Vorlieb nehmen, wie Walter Turnowsky beobachtet hat.

Mit der Freundschaft in der Politik ist das so eine Sache, sie dauert nur so lange, bis sie nicht mehr andauert. Das musste die ehemalige Venstre-Ministerin Inger Strøjberg erfahren.

Als 2016 feststand, dass die Trennung von Asylpaaren illegal war, haben die Freunde des bürgerlichen Lagers noch dafür gesorgt, dass sie von allzu kritischen Nachfragen verschont blieb.

Doch dann ging die bürgerliche Mehrheit flöten, und die deutlich unfreundlicheren Mitte-Links-Parteien baten eine Kommission zu untersuchen, ob die Ministerin nicht vielleicht doch die Verantwortung für die illegalen Vorgänge trüge.

Wechselzeit im Freundeskreis

Als die Kommission fertig überlegt hatte, und dann noch Anwälte sich das Ganze angesehen hatten, entschied Jakob Ellemann-Jensen, seines Amtes Venstre-Vorsitzender, man solle sie vor Gericht stellen. Daraufhin kündigte Inger dann nicht nur die Freundschaft mit Jakob, sondern gleich mit der ganzen Partei auf.

Doch neue Freunde standen bereit. Da war unter anderem ein gewisser Kristian Thulesen-Dahl. Ihm liefen die Wählerinnen und Wähler und allmählich auch die Freunde davon. Nu hoffte er, er könne gemeinsam mit Inger den Dansk Folkeparti-Karren aus dem Dreck ziehen.

Freunde, die man sich nicht aussucht

Doch da war ja noch das Gerichtsverfahren. Das hat der Ex-Ministerin wiederum andere Freunde eingebracht. Ob sie sich diese so selbst ausgesucht hätte, ist fraglich. Einige von ihnen standen am Montag vor dem zwischenzeitlich zum Gerichtsgebäude umfunktionierten ehemaligen Speicher und skandierten ihren Namen sowie auch noch so einiges andere.

Gewiss, der Herr, von dem sie nach dem Urteil Blumen entgegennahm, dürfte zu den selbstgewählten Freunden zählen. Der deutlich lautstärkere Herr, der die rechte Splitterpartei, Danske Patrioter, vertritt (und wohl auch einen nicht unbedeutenden Anteil ihrer Mitgliederschar ausmacht) eher nicht.

Es ist derselbe Herr (seinen Namen müssen wir nicht unbedingt erwähnen), der die Eltern des Leiters der Freien Grünen, Sikandar Siddique, nach der Eröffnung des Folketings mit rassistischen Schimpfworten überfiel. Daraufhin bezeichnete die Altvorsitzende der Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, ihn als völlig bekloppt („fudstændig kuk-kuk i hovedet“).

Die Sache mit dem Lebenslauf

Am Montag war sie als echte Støjberg-Freundin beim Reichsgericht erschienen, um ihre Unterstützung kundzutun. Pias Freundschaft mit dem Nochvorsitzenden der Partei scheint deutlich abgekühlt zu sein. Doch auch Kristian Thulesen Dahl zählt weiterhin zu den überzeugten Inger-Fans. 

Nachdem auch die Kommunalwahlen den Bach runtergingen, schmiss er hin, und hoffte, wie auch Kjærsgaard, die jetzt verurteilte Ex-Ministerin könne es als Vorsitzende richten. Doch eine Haftstrafe ohne Bewährung sieht irgendwie bei der Bewerbung nicht so toll aus. Als Mitglied der Partei ist sie jedoch weiterhin willkommen.

Die andere Sache mit dem Lebenslauf

Einen guten Freund hatte ein anderer Ehemaliger, nämlich Michael Dyrby, bis Freitag Chefredakteur von „BT“. Sein oberster Chef, Anders Krab Johansen, meinte, ein wenig Sexismus in der nicht so fernen Vergangenheit des Chefredakteurs solle doch kein Hindernis sein. Andere waren weniger freundlich und forderten seinen Rücktritt – der dann auch kam.

Neue Freunde für Jeppe Kofod

Freunde hat auch der dänische Außenminister Jeppe Kofod gerne, zum Beispiel den Heiko Maas. Doch den gibt es allerdings nun nicht mehr, zumindest nicht als Außenminister. Dafür gibt es den Olaf, und den findet Jeppe gut. Denn nicht nur ist er wie Jeppe und Heiko Sozialdemokrat, er ist auch Bundeskanzler beim großen Nachbarn im Süden.

Außerdem mag er Digitalisierung und Öko-Umbau – das ist doch schon mal eine gute Grundlage für eine schöne Freundschaft.

Mit seiner neuen Amtskollegin Annalena hätte Jeppe sich gerne am Montag in Brüssel zu einem Plausch getroffen. Doch wie in so vielen Fällen in diesen Jahren hat da wieder mal das Corona-Virus dazwischengefunkt. Doch aus der Freundschaft wird schon noch etwas werden, versichert er mir beim Telefonat aus dem Hotelzimmer, in dem er festhängt und auf die negativen Testergebnisse wartet.

Impf-Freundlichkeit

Kein Freund, doch ausgesprochen freundlich, war der junge Mann, der mir am Montagvormittag den dritten Piks verpasst hat. Und Freundlichkeit kann selbst einen grauen Dezembertag heller erscheinen lassen.

Noch dazu ging das so zügig, dass ich es noch zum Reichsgericht schaffte und dort Ingers Freunde beobachten konnte.

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