Neue Fernsehreihe

Dänische EU-Expertin Wind: Merkel hat es gut gemacht, aber ...

Dänische EU-Expertin Wind: Merkel hat es gut gemacht, aber ...

Dänische EU-Expertin: Merkel hat es gut gemacht, aber ...

DN
Kopenhagen
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Marlene Wind beim Interview mit Siegfried Matlok im Kopenhagener Fernseh-Studio von Gyldendal Foto: DK4

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EU-Expertin Marlene Wind schaut in einem Interview mit Siegried Matlok auf die EU-Bilanz der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel auf „DK4" und meint, es gebe keinen Grund für ein Halleluja.

Marlene Wind, eine der führenden dänischen EU-Experten, hat die EU-Bilanz von Bundeskanzlerin Angela Merkel seit 2005 als insgesamt positiv bewertet. Merkel habe als „Anker“ in Jahren ihrer Kanzlerschaft Ruhe und Stabilität ohne Populismus ausgestrahlt – leider aber auch ohne große Visionen für die Zukunft Europas“, sagt die EU-Professorin von der Kopenhagener Universität in der Fernsehsendung „Dansk-tysk med Matlok“ auf „DK4".

Dass Merkel bei den meisten Dänen als populär gilt, sei doch darauf zurückzuführen, dass sie nicht gerade vor Europa-Begeisterung sprudelt, sondern eben Stabilität, aber auch kleinkarierten Haushaltssinn vermittelt, wie es die meisten Dänen so schätzen. Deshalb reiben sich noch heute viele dänische Politiker ungläubig die Augen über Merkels Kehrtwende beim Corona-Wiederaufbauplan in der EU, den sie praktisch über Nacht auch ohne jede visionäre Ankündigung vollzogen habe, obwohl er nach Ansicht von Professorin Wind Europa grundlegend verändern und ein neues Gemeinschaftsgefühl schaffen wird, dass alle künftig in einem Boot sitzen.

Marlene Wind, die im Interview mit Siegfried Matlok auch über ihre engen familiären Beziehungen zu Nordschleswig/Lügumkloster (Løgumkloster) spricht, verwies darauf, dass man die deutsche Europa-Politik zwar grundsätzlich positiv bewerten könne, zugleich dürfe man aber Deutschland „nicht unkritisch nur ein Halleluja zurufen“.

Marlene Wind ist enttäuscht

Heftige Kritik äußerte sie an den autokratisch regierten EU-Mitgliedern Ungarn und Polen. Sie zeigte sich wahnsinnig enttäuscht darüber, dass gegen die klaren Verstöße in diesen Ländern nicht eingegriffen worden sei. Die EU habe zwar einen Rechtsstaatsmechanismus geschaffen, doch sei der unter dem EU-Vorsitz von Angela Merkel sogar „verwässert“ worden. Die europäische Demokratie sei aber nicht von vornherein und auf alle Ewigkeit gesichert, warnte Wind, die in ihrem neuesten Buch „Tribalisering af Europa“ just auf die Gefahren um den Erhalt westlicher Werte hingewiesen habe.

Das Interview mit Marlene Wind fand  im Rahmen einer neuen „DK4"-Serie mit Siegfried Matlok statt, die sich unter dem Titel „Deutschland nach Merkel“ mit der kommenden Bundestagswahl befasst. Ohne sich auf eine Prognose festzulegen, meinte Marlene Wind jedoch, „grüne Fingerabdrücke“ in einer neuen Bundesregierung könnten gerade in Menschenrechtsfragen Europa großen Gewinn bringen.

Das gesamte Interview gibt es hier:  https://youtu.be/Orngj-xw6fI

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