Koalitionsverhandlungen

Die Regierungskrise in Deutschland ist auch Dänemarks Problem

Die Regierungskrise in Deutschland ist auch Dänemarks Problem

Die Regierungskrise in Deutschland ist auch Dänemarks Problem

Peter Lassen
Peter Lassen Hauptredaktion
Berlin/Kopenhagen
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Foto: Scanpix

Politikens Berlin-Korrespondent über die andauernden deutschen Koalitionsverhandlungen.

Die deutsche Regierungskrise ist unsere Krise, so titelt der Berlin-Korrespondent der sozialliberalen dänischen Tageszeitung Politiken, Ex-Berlingske-Chefredakteur Peter Wivel, in seinem gestrigen Standpunkt über die Bedeutung der Berliner Regierungskrise für Dänemark und die EU.

Er schreibt aus Berlin, dass sich die europäischen Partner Deutschlands nicht wünschen sollten, dass Angela Merkel eine Minderheitsregierung bilden muss. Es wäre ja einfach nur zu meinen, dass Merkel in Problemen stecke, oder dass Deutschland in einem politischen Chaos gelandet sei. Das wäre aber zu banal und trivial. Wenn dem so wäre, könnten „wir“ uns ruhig auf die andere Seite umdrehen und weiterschlafen, so Wivel.

Globale Probleme fordern globale Lösungen

Nein, es sei wie mit allen von Menschen geschaffenen Krisen: Globale Probleme fordern globale Lösungen, wenn sie nicht von schlimm auf noch schlimmer steigern sollen. Die Regierungsbildung in Deutschland sei nicht Merkels persönliches Problem, denn sie verlasse unter allen Umständen die deutsche Politik  in spätestens vier Jahren. Die Krise sei auch nicht allein Deutschlands, sondern beispielsweise auch Dänemarks – ähnlich wie die Probleme mit der Bildung einer Regierung 1932-33 es waren oder wurden. Wivel hebt hervor, dass gar die großen südeuropäischen Zeitungen, die ansonsten sehr kritisch gegenüber Merkel und Deutschlands Rolle sind, die aktuellen Probleme bedauern.

Die spanische El Pais habe gar geschrieben, dass der Eintritt Deutschlands  in den Klub der Länder mit zerbrechlichen Regierungen katastrophale  Neuigkeiten seien für Europa. Ähnlich der Tenor in anderen führenden Medien, so Wivel, der feststellt, dass insbesondere Merkels Politik vorhersehbar und   damit auf europäischem Niveau zuverlässig gewesen sei.

Man lasse sich in Deutschland Zeit für gründliche Koalitionsverhandlungen – beim letzten Mal 2013 dauerten diese fast drei Monate, bevor ein detaillierter Kompromiss vorgelegt wurde. Aber dann wussten auch alle, auch Deutschlands Partner in der EU, was vereinbart worden war – und worauf man sich ausrichten konnte. Man laufe aktuell also Gefahr, noch ein halbes Jahr auf eine taugliche deutsche Regierung warten zu müssen – insgesamt führe das nach dem Brexit zu einer zweijährigen europäischen Hängepartie.

Nicht mehr kostenlos

Adressiert auch an die eigenen Landsleute schreibt der in Berlin wohnhafte Peter Wivel: „Es ist nicht mehr ganz so kostenlos wie früher auf dem Trittbrett mitzufahren, während der EU-Zug auf dem Gleis rückwärts runterrasselt.“

Die Frage, wieso Deutschland  nicht zumindest jetzt mal schnell eine Minderheitsregierung  bilden könnte, beantwortet Wivel unter anderem so:
„Weil Europas Feinde  nicht geduldig warten, während der deutsche und damit der europäische Wankelmut sich über weitere viele kraftlose und verspielte Jahre hinzieht.“

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