Türkei

„Parodie einer Abstimmung”

„Parodie einer Abstimmung”

„Parodie einer Abstimmung”

Kopenhagen
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Demonstration in Istanbul
Demonstration gegen Erdogan und die Wahl in Istanbul: Fast die Hälfte der Türken sagte trotz massiver Regierungskampagnen nein. Foto: Scanpix

Dänische Politiker fordern Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen – Staatsminister bezeichnet die gesamte Wahl in der Türkei als "merkwürdig".

Dänische Politiker fordern Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen – Staatsminister bezeichnet die gesamte Wahl in der Türkei als "merkwürdig".

Nach dem knappen Ja der Türken zur Änderung ihrer Verfassung verbunden mit der Schaffung eines Präsidialsystems, das dem Präsidenten Erdogan mehr Macht sichert, stehen dänische Politiker dem Ausgang der Wahl kritisch gegenüber, berichtet Danmarks Radio (DR). „Es ist merkwürdig, dass die Demokratie dafür genutzt wird, diese einzuschränken”, schreibt Dänemarks Staatsminister Lars Løkke Rasmussen (V) im Kurznachrichtendienst Twitter. Er wolle nicht das Votum der Mehrheit anfechten, ihn beunruhige aber die neue türkische Regierungsform.

Auch Außenminister Anders Samuelsen von der Liberalen Allianz teilt diese Beunruhigung, die Abstimmung liege im Widerspruch zu dem europäischen und demokratischen Prinzip der Gewaltenteilung, welches in Dänemark beschützt werde, so Samuelsen. Jeppe Kofod, Vorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament, wird auf Twitter deutlicher: „Skandal! Parodie einer Voksabstimmung, wenn Journalisten im Gefängnis sitzen und man die Demokratie mit einem Ja abschafft.”

Die Verfassungsänderung gibt Erdogan unter anderem das Recht, eigenhändig den Notstand zu erklären, Minister auszuwählen ohne Zustimmung des Parlaments und gewährt ihm einen größeren Einfluss auf  das Rechtssystem.

Mehrheit der Türken in Dänemark für Erdogan

Die Dänische Volkspartei und die Einheitsliste fordern einen Stopp der Beitrittsverhandlungen  zwischen Europäischer Union und der Türkei. DR verweist in diesem Zusammenhang auf einen Eintrag von Kristian Thulesen Dahl auf Facebook: „Die Türkei als zukünftiges Mitglied der EU? Nach diesem Tag muss selbst der größte Fürsprecher der Türkei  als ein Mitglied der EU einsehen, dass nun endgültig Schluss ist mit diesem Gedanken.  So ist es vielleicht doch richtig, wenn man sagt, dass nichts so schlecht sein kann, dass es nicht für etwas Gutes taugt,...”

In Dänemark stimmte der überwiegende Teil der stimmberechtigten türkischen Staatsbürger für eine Änderung der Verfassung, was Verwunderung bei Politikern auslöst.  DR zitiert  den Sprecher der Partei Venstre für Forschung und Bildung Jakob Engel-Schmidt. „Wir sind gezwungen, zu verstehen, warum 59 Prozent der in Dänemark lebenden wahlberechtigten türkischen Staatsbürger für weniger Freiheit und Demokratie gestimmt haben.”  Und das Referendum dort lässt hier die Meinungen aufeinanderprallen. Lars Aslan Rasmussen, Sozialdemokrat und Folketingmitglied, sagte auf TV 2 News, die Ja-Sager sollten zurück in die Türkei reisen, was die ehemaligen Politikerin Özlem Cekic mit den Eigenschaftswörtern peinlich, undemokratisch und absolut dumm belegt. Der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge gewann das „Ja”-Lager mit 51,41 Prozent.

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