Berufsberatung
Konjunkturschwankungen und Roboter im Nacken
Konjunkturschwankungen und Roboter im Nacken
Konjunkturschwankungen und Roboter im Nacken
Politiker fordern größeren Fokus auf Fachausbildungen, aber die Beratung der Schüler ist aktuell schwer wie nie zuvor. Flexibilität und die Bereitschaft zur Umstellung sind laut Experten gefragt.
Politiker fordern größeren Fokus auf Fachausbildungen, aber die Beratung der Schüler ist aktuell schwer wie nie zuvor. Flexibilität und die Bereitschaft zur Umstellung sind laut Experten gefragt.
Aktuell schreit der Arbeitsmarkt nach Fachkräften, und das Ausbildungsministerium schärft den Berufsberatern immer wieder ein, dass sie in ihrer Beratung der Schüler mehr Gewicht auf die fachlichen Ausbildungen legen sollen, weil (zu) viele das Gymnasium wählen.
Aber es ist aktuell so schwer wie nie, Schülern den richtigen Weg zu weisen für ihr zukünftiges Berufsleben – zumal es noch nie so schwer war, die Zukunft vorherzusehen. Ein Roskilde-Professor sieht aber voraus, dass viele spezialisierte Fachkräfte in zehn Jahren nicht gefragt sein werden, weil die Roboter solche Arbeiten weitgehend übernommen haben.
Der Chef von „Ungdommens Uddannelsesvejledning“ (UU) in Apenrade, Bjarke Valeur Bruhn-Rasmussen, stellt fest, dass die Übernahme durch die Roboter schon seit mehr als 15 Jahren spukt. Aber trotz aller Unkenrufe gibt es auch immer noch ungelernte Jobs. Die UU-Beratung zielt primär auf Jugendliche von der 8. Klasse und bis zum 25. Lebensjahr ab – auf die Gruppe der rund 25 Prozent, die nicht unbedingt „ausbildungsparat“ sind, wie es im Jargon heißt. Gerade bei dieser Gruppe ist es wichtig, dass Beratung sitzt, damit sie nicht die Motivation verlieren im System.
Der Bedarf schwankt
„Ja, es ist sehr schwer zu beraten, weil wir ja nicht wissen, was die Zukunft bringt. Die Konjunkturen schwanken und damit auch der Bedarf für Arbeitskraft. Vor sieben bis acht Jahren waren Lehrer kaum gefragt – heute sind sie akute Mangelware. Was sicher ist, ist dass es völlig unsicher ist, wie der zukünftige Arbeitsmarkt aussehen wird. Keiner kann eine Jobgarantie geben, und das wird dann häufig zu einer Diskussion darüber, was kurzfristig gebraucht wird“.
Der Apenrader UU-Chef stellt fest, dass aktuell für Lastwagenmechaniker, Bau-Handwerker aber auch für Landwirte besonders gute Aussichten bestehen. Da gebe es schon sogenannte Flaschenhalsprobleme und nur relativ wenige Lehrplätze, weil die während der Krise kaum angeboten wurden. „Wir blicken natürlich darauf, was die Arbeitsmarktpartner vorschlagen. Aber wir beraten auch breit und legen vor allem großen Wert darauf, was der Einzelne will. Das ist wichtig, denn bekanntlich kommt es erstens anders und zweitens, als man denkt.
Flaschenhalsprobleme können sehr schnell auftauchen. Wichtig ist, dass man sich nicht zu sehr festlegt, sondern immer bereit ist für eine Umstellung.
Bereit für Umstellungen sein
Aber wer Zimmerer wird, kann immer darauf aufbauen und sich weiterbilden zum Konstrukteur, Lehrer etc. Wichtig ist, dass die Jugendlichen etwas einschlagen, auf das sie aufbauen können.“ Ebenso denkt die UU-Chefin in Sonderburg, Berit Clausen: „Immer wieder fordert uns das Ausbildungsministerium dazu auf, die Fachausbildungen in den Fokus zu stellen. Für viele ist die Wahl schwer, und da ist es unsere wichtigste Aufgabe, ihnen das Navigieren im System beizubringen. Wir müssen den jungen Leute die Werkzeuge geben, die sie in die Lage versetzen, selbst zu wählen. Wir sind da immer bereit zur Umstellung. Aber es ist schon richtig, dass konkrete Beratung sich häufig auf die aktuelle Lage bezieht, obwohl unsere Schüler ja noch Jahre im System sein werden. Und Beratung dreht sich auch darum, dass der Einzelne ein gutes Leben bekommt.
Gesellenbrief nichts wert
Professor Bent Greve von der Abteilung „Samfundsvidenskab og Erhverv“ der Uni Roskilde meint meint hingegen, dass eine handwerkliche Ausbildung nicht zu empfehlen sei, da seiner Ansicht nach ein Gesellenbrief anno 2017 in zehn Jahren wertlos sein könnte, weil dann nicht mehr so viele Maler, Maurer, Pfleger oder andere Fachkräfte gebraucht werden.
Der Vorsitzende der Metaller-Gewerkschaft Claus Jensen widerspricht dem Gelehrten und stellt gegenüber Ugebrevet A4 klar, dass die guten Prognosen für Fachkräfte auf der Wirklichkeit beruhen würden.
Roboter übernehmen die Arbeit
Greve hält aber daran fest, dass Roboter wahrscheinlich in zehn Jahren viele der Aufgaben einer Pflegerin oder eines Maurers übernommen haben werden. Er hat nach vielen Jahren der Forschung und dem Schreiben diverser Werke ein großes Wissen, wie sich der dänische Arbeitsmarkt entwickeln könnte. Er ist der klaren Auffassung, dass künstliche Intelligenz, Computer und Roboter in absehbarer Zeit viele Arbeiten billiger und besser ausführen können als Facharbeiter.
Der Maler soll demnach nicht mehr selbst den Pinsel führen, sondern wissen, wie man einen Roboter steuert. Oder er muss ein breites fachliches Wissen haben, um einen Job zu bekommen.
Gewerkschaftsboss Claus Jensen schüttelt angesichts dieser Prognose den Kopf und hält daran fest, dass die Wirklichkeit etwas ganz anderes sagt: „Wir kommen dort laufend und wissen, was die Unternehmen brauchen.“
Professor Greve meint, dass dies auf der Tatsache basiert, dass die Gewerkschaften den Arbeitsmarkt danach beurteilen, wie er heute ist. Solche Prognosen seien in jüngster Zeit mehrfach fehlgeschlagen. Mechanische Fortschreibungen würden nichts taugen: „Die Zukunft wird bringen, dass richtig viele von uns in nur zehn Jahren eine andere Beschäftigung finden müssen, als jene, der wir heute nachgehen.“
Die Denkfabrik der Arbeiterbewegung (AE) hält an ihrer Prognose fest, dass 2025 rund 70.000 Fachkräfte fehlen werden. Da habe man alle Faktoren berücksichtigt, und Disruption sei ja nun nichts Neues in Dänemark, so AE-Direktor Lars Andersen: „Fast alle Werften sind weg. Das gilt auch für die Textilindustrie. Wenn also nicht etwas ganz Wildes passiert, hat unsere Prognose Bestand.“
Breitere Ausbildung gefordert
Professor Greve pocht aber darauf, dass man Ausbildungen zukünftig breiter anlegen muss. Ein Zimmerer müsse auch etwas über IT, Heizungen oder Malerarbeiten wissen. Und es müsse ihm leichter gemacht werden, sich im Ausbildungssystem zu bewegen.
Generell würden Ausbildungen heute generell schnell veralten – für eine akademische sei die Haltbarkeit nur sieben bis acht Jahre. Auch Juristen, Ärzte oder andere mit einer hohen Ausbildung seien ebenfalls in der Gefahrenzone. Computer können auch lesen und Informationen finden, die einem Urteil zugrunde gelegt werden.
Gewerkschafter Claus Jensen mahnt zur Ruhe. Das sei alles Zukunftsmusik und weder morgen noch übermorgen aktuell. Und AE-Direktor Lars Andersen meint, dass Fachausbildungen so oder so immer ein gutes und robustes Fundament sind. Bereitschaft zur Umstellung sei ja aber immer gefragt gewesen.