Anstieg der Corona-Zahlen

Das Franziskus-Krankenhaus bereitet sich vor

Das Franziskus-Krankenhaus bereitet sich vor

Das Franziskus-Krankenhaus bereitet sich vor

Paul Niklaus Stahnke/shz.de
Flensburg
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Klaus Deitmaring
Klaus Deitmaring, Geschäftsführer der Malteser Deutschland, die das St.-Franziskus Hospital betreiben. Foto: Martin Jahr

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Klaus Deitmaring, Geschäftsführer der Malteser Norddeutschland, wagt im Interview den Blick zurück auf den Corona-Ausnahmezustand und gibt Ausblick auf die kommenden Wochen.

Seit Wochen meldet die Stadt Flensburg nur noch sehr wenige Corona-Fälle. Doch vor wenigen Monaten sah die Lage bedeutend anders aus, wie Klaus Deitmaring, Geschäftsführer der Malteser Norddeutschland, berichten kann.

Seit mehr als zwei Wochen wird auf der Isolier-Station des St.-Franziskus Hospitals kein Corona-Patient mehr behandelt. Wie haben Sie die Wochen bis hierhin empfunden?
Klaus Deitmaring: Seit März 2020 befand sich das St.-Franziskus-Hospital (SFH) bis Ende Mai 2021 in einem Ausnahmezustand. Ein Krisenstab übernahm die Führung des Krankenhauses. Stationen wurden zu Isolations-Stationen vorgerüstet. Alle medizinisch vertretbaren Behandlungen mussten verzögert werden, da hierfür nicht ausreichend Personal zur Verfügung gestellt werden konnte.

 

Dem SFH ist es in diesem besonderen Belastungszeitraum stets gelungen, allen Herausforderungen gerecht zu werden. Das war nur möglich, da sich unser Personal vorbildhaft verhalten hat und trotz erheblicher persönlicher Risiken durch eine nie ganz auszuschließende Übertragung der Infektion die physisch und psychisch sehr belastenden Tätigkeiten für die betroffenen Patienten in den Isolationsbereichen über die viele Monate rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche in Vollschutzkleidung durchführten. Die anderen Mitarbeiter haben unseren Kollegen gewissermaßen „den Rücken freigehalten“, da sie die Aufgaben des eingeteilten Coronapersonals übernommen haben.

 

Ich möchte mich an dieser Stelle daher ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowohl des Franziskus-Hospitals als auch der Diako bedanken 

Klaus Deitmaring

Alleine wäre diese Aufgabe also nicht zu bewältigen gewesen?
Die gegenseitige Unterstützung während der Dauer der bisherigen Pandemie – umsichtig gesteuert durch einen gemeinsam eingesetzten Krisenstab – funktionierte in beiden Krankenhäusern des arbeitsteiligen Klinik-Verbunds in Flensburg vorbildhaft.

 

Bis heute wurden 1073 Patienten mit Verdacht auf eine Coronainfektion und 325 Patienten mit einem nachgewiesenen Coronainfekt im SFH stationär behandelt. 70 Patienten mussten zumeist über einen langen Zeitraum intensivmedizinisch beatmet werden.

Wie schauen Sie mit etwas zeitlichem Abstand auf die Hochphase der Corona-Welle mit mehr als 40 Neuinfektionen pro Tag und Ausgangssperre zurück?
Das Infektionsgeschehen in der Stadt Flensburg war nach dem Auftreten der englischen Mutante im Januar 2021 als diffus zu bezeichnen. Viele Infektionswege konnten vom Gesundheitsamt daher nicht mehr exakt nachvollzogen werden. Als wir davon im Krisenstab der Stadt Flensburg erfuhren, hat das St. Franziskus-Hospital über alle verfügbaren Medien die Bürger über die Bedrohungslage und deren Folgen für unser Krankenhaus informiert. Jedem Bürger Flensburgs musste bewusst werden, das wir uns in Flensburg mitten in einer echten Krisensituation befinden.

 

Kam das Krankenhaus in dieser Zeit an seine Grenzen?
Die „Dritte Welle“ hatte uns im Norden zeitlich weit vor den anderen Regionen in Deutschland ereilt. Wir mussten an diesen Tagen befürchten, dass die Zahl der Infizierten und damit auch die Zahl der Corona-Patienten mit stationärem Versorgungsbedarf steil ansteigen würden. Die Behandlungskapazitäten am SFH waren zu diesem Zeitpunkt bereits fast vollständig in Anspruch genommen worden und weiteres qualifiziertes Klinikpersonal war nicht verfügbar. Unser Personal arbeitete bereits seit Wochen am Limit. Wir sind sehr dankbar, dass die Flensburger sofort vorbildhaft und umsichtig reagiert haben, denn die Zahlen sanken danach stetig ab. So konnten wir auch weiterhin verlässlich unseren Behandlungserfordernissen nachkommen.

Was bedeutet es für die Isolierstation, dass derzeit keine Patienten behandelt werden? Wo setzen Sie die Mitarbeiter ein?
Die beiden Isolations-Stationen werden seit einigen Wochen wieder für die Unterbringung geriatrischer und gastroenterologischer Patienten genutzt. Wir halten aber auch weiterhin isolationsgerechte Bereiche und Patientenzimmer vor. Täglich kommen weiterhin stationäre Patienten mit dem Verdacht einer Covid-Infektion in das SFH. Bis zum Ausschluss der Covid-Infektion durch die Vorlage negative PCR-Befunde verbleiben diese Patienten zunächst in den Isolationszimmern. Sie werden hier kompetent behandelt, aber nach dem Ausschluss der Covid-Infektion auf die fachlich zuständige Station verlegt.

 

Die zusätzlich auf den Isolationsstationen und Bereichen eingeteilten Mitarbeiter arbeiten nun wieder in ihren ursprünglichen Arbeitsbereichen. 

Klaus Deitmaring

Wie gut sind Sie aktuell auf weitere Fälle vorbereitet?
Je nach Erfordernis setzen wir bis zu 200 Mitarbeiter für die Covid-Stationen und Bereiche ein. Dieses Personal beschäftigen wir aber nicht zusätzlich, sondern müssen dann die medizinisch vertretbaren Einschränkungen der Behandlungskapazität in allen weiteren medizinischen Abteilungen in Kauf nehmen. Vergangenen Mittwoch waren fünf Isolationsbetten „on hold“. Diese Kapazität lässt sich sukzessiv je nach Erfordernis auf bis zu 60 Betten und die Anzahl der Beatmungsplätze von zwölf auf 24 erweitern.

Die Delta- und Lambda-Varianten sorgen für Beunruhigung. Was erwarten Sie für die kommenden Wochen, die sicherlich auch von steigenden Zahlen durch Urlaubsreisen geprägt sein werden?
Wir rechnen leider fest mit einer steigenden Inzidenz noch im Spätsommer 2021 und auch einer erneuten Inanspruchnahme des SFH durch stationäre Corona-Patienten. Das liegt aber nicht nur an den Urlaubern, sondern auch an den sorglosen Teilnehmern größerer Veranstaltungen ohne ausreichenden Schutzmaßnahmen.

 

Die Euro 2020 mit ihren Superspreading Events sollte uns alle eine deutliche Warnung sein.

Klaus Deitmaring

Die schnell übertragbare Delta-Variante ist inzwischen in Europa und auch in Deutschland weit verbreitet und ursächlich für einen Wiederanstieg der Neuinfektionen.

Welche Rolle spielen die Impfungen?
Wir hoffen, dass die Zahl der stationär behandlungspflichtigen Covid-Patienten in einem geringeren Umfange auftreten wie bisher, da viele Bürger inzwischen geimpft sind und eine Infektion daher nicht mehr so schwerwiegende Erkrankungen erzeugt. Wir hoffen zudem, dass der Impfschutz lange anhält, dass ausreichend Impfdosen zur Verfügung gestellt werden können und die Impfquote der Schleswig-Holsteiner sehr hoch sein wird.

Wird sich die Isolierstation als Einrichtung des St.-Franziskus Hospitals langfristig erhalten, wenn das Virus endemisch geworden ist, wie einige Mediziner erwarten?
Wenn die Behandlung der Covid-Infektion vieler Patienten auch zukünftig im Vordergrund stehen sollte, dann richten wir eine Station als dauerhafte Isolierstation ein. Wenn aber die Covid-Infektion – so wie andere Infektionen wie zum Beispiel MRSA (eine Antibiotika-resistente Infektion, Anm. shz.de) – nicht die Haupterfordernis für die stationäre Behandlung ist, dann werden wir situativ ausreichend Isolationszimmer auf den betreffenden Stationen bereitstellen. Das war bisher die übliche Vorgehensweise des St. Franziskus-Hospitals, da wir leider über keine gesonderte Isolationsstation verfügen.

 

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