Zankapfel

Schüler greifen nach den Sternchen

Schüler greifen nach den Sternchen

Schüler greifen nach den Sternchen

Frank Jung/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Schule Schleswig-Holstein
Foto: Philipp von Ditfurth

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Die Rufe, an Schulen „gender-gerechte“ Sprache zu erlauben, mehren sich – vor allem von Jugendlichen an den Gymnasien.

In ihren Mitteilungen und sonstigen Dokumenten verwendet die „Landesschüler*innenvertretung“ (LSV) der Gymnasien schon mit Selbstverständlichkeit die Sternchen-Schreibweise, weil sie meint, nur so eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Jetzt geht die Interessenvertretung einen Schritt weiter: Sie fordert, dass auf mehrere Geschlechter bezogene Schreibweisen mit Binnen-Sternchen, -Unterstrichen oder Schrägstrichen in der Schule nicht mehr als Fehler angestrichen werden.
Dass gesagt wird, das habe in Klausuren, Aufsätzen und anderen Aufgabenstellungen nichts zu suchen, lehnen wir ab. Veränderung hat auch dort etwas zu suchen.
Magdalena Thal, Vize-Sprecherin der Landesschülervertretung für Gymnasien

„Wir möchten, dass jedem freigestellt wird, ob er oder sie geschlechterneutrale Bezeichnungen verwendet“, sagt die Vize-Sprecherin der gymnasialen LSV, Magdalena Thal. „Dass gesagt wird, das habe in Klausuren, Aufsätzen und anderen Aufgabenstellungen nichts zu suchen, lehnen wir ab. Veränderung hat auch dort etwas zu suchen.“ In einer aktuellen Mitteilung schreibt die LSV: „Die alleinige Nutzung des traditionellen generischen Maskulinums sorgt für die Ausgrenzung von Frauen und Menschen eines anderen Geschlechtes.“ Zudem fördere es „das Denken in Stereotypen“.

 

Landesschülerparlament hat auch schon den Weg zum Gendern eingeschlagen

Bereits Ende Mai hat das Landesschülerparlament, in dem alle Schularten vertreten sind, eine Resolution beschlossen. Sie fordert dazu auf, dass Schulen in Schriftverkehr und Dokumenten zu den Sternchen übergehen – etwa in Elternbriefen, Einladungen oder Konzepten.

Arbeitsgruppe für andere Geschlechter-Identitäten macht Druck

Dass die gymnasiale Landesschülervertretung nun darüber hinausgeht, hängt auch mit einem neuen Arbeitskreis für nicht-heterosexuelle Geschlechteridentitäten zusammen. Gut 50 Jugendliche von 30 bis 40 Schulen sind darin nach den Worten Thals vertreten. „Auch da ist herausgekommen, dass man in der Schule mehr aufs Gendern achten sollte, schon um zu zeigen, dass es andere Identitäten gibt“, äußert die LSV-Vize.

Sprecherin der Gemeinschaftsschüler sieht auch eine „Trend-Frage“

An den Gemeinschaftsschulen diskutiert man sich ebenso über Binnen-Sternchen & Co die Köpfe heiß, berichtet die Sprecherin von deren LSV, Annika Grothusen. Es gebe viele Befürworter, aber auch Gegner. „Persönlich bin ich kein Freund davon“, sagt Grothusen. „Jahre lang hat das generische Maskulinum keinen gestört, und jetzt plötzlich soll es ein Problem sein?“ Sie vermutet dahinter auch „eine Trendfrage“. Grothusen ist das Gendern letzlich „zu kompliziert“. Den Appell des Schülerparlaments an die Schulen für die Schreibweise in deren Dokumenten trage die LSV der Gemeinschaftsschulen wegen des Mehrheits-Votums aber mit.

Das Bildungsministerium muss Regelungen schaffen, die eine geschlechtersensible Sprache in Aufsätzen und Texten ermöglichen und nicht verbieten
Astrid Henke, Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft

Rückenwind für die Gymnasiasten kommt von der Lehrer-Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW). „Das Bildungsministerium muss Regelungen schaffen, die eine geschlechtersensible Sprache in Aufsätzen und Texten ermöglichen und nicht verbieten“, wünscht sich Vorsitzende Astrid Henke. „Sprache entwickelt sich wie die Gesellschaft weiter.“ Generell empfehlen wir, das Thema mit Gelassenheit und nicht mit Hysterie zu diskutieren.“

Philologenverband pocht auf Unterrichtsanspruch in korrekter Schreibweise

Der Philologenverband lehnt Änderungen ab. „In der Schule haben die Schülerinnen und Schüler einen Anspruch darauf, in korrekter Orthographie unterrichtet und auch korrigiert zu werden“, sagt der Sprecher der Gymnasiallehrerorganisation, Walter Tetzloff. Eigenmächtige Änderungen empfindet er als „irritierend“. Tetzloff verweist darauf, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung Unterstriche, Sternchen und Ähnliches verneine.

Von Bildungsministerin Karin Prien war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Die CDU-Politikerin hatte sich aber unlängst bereits kritisch gegen Gendern in der Schule geäußert. Anlass war ein Beschluss des Hamburger Landesverbands ihrer Partei, Gendern in öffentlichen Institutionen zu verbieten.

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